Auf einen Blick
- FMS wirft Grossmühlen und Detailhändlern unlauteren Wettbewerb vor
- FMS fordert deshalb Untersuchung der Brotpreiserhöhungen
- Coop und Dachverband Schweizerischer Müller weisen Vorwürfe zurück
Beim Brotpreis gehen die Wogen hoch. Letzte Woche machte Blick publik, dass mit Coop ein erster Grossverteiler die Preise von Brot- und Backwaren erhöht. Gut 20 Rappen mehr kostet per sofort beispielsweise Halbweissbrot (1 kg) der Billiglinie Prix Garantie in den Supermärkten.
Die Preisrunde im Detailhandel will Stefan Flückiger nicht einfach so schlucken. «Die Brotpreise im Laden müssten angesichts der derzeitigen Situation günstiger werden, nicht teurer», wettert der Präsident von Faire Märkte Schweiz (FMS). Die Organisation, die sich gemäss eigenen Angaben Transparenz und Fairness auf die Fahnen schreibt, ortet in der Brotpreisrunde im Handel einen «klaren Fall von unlauterem Wettbewerb». Während Bäcker und Bauern mit steigenden Kosten und Ernteausfällen zu kämpfen hätten und höhere Preise kaum realisieren könnten, «machen marktmächtige Grossmühlen und der Detailhandel ein lukratives Geschäft», lautet der FMS-Vorwurf.
Brotpreis wird zum Fall für Wettbewerbshüter
Präsident Flückiger bestätigt gegenüber Blick, dass seine Organisation Anzeige bei der Wettbewerbskommission Weko erstattet hat. «Wir fordern eine kartellrechtliche Untersuchung der Wettbewerbsverzerrungen im Brotgetreide- und Mehlmarkt. Jeder Sektor in der Wertschöpfungskette muss aktiv geprüft werden», sagt der FMS-Präsident mit Nachdruck. Sein Ziel: Mehr Transparenz in der Preisbildung und zu «missbräuchlichen Handelspraktiken» bei Mehl und Brot zu erhalten.
Laut Flückiger heizt die Brotpreisdebatte an, dass wegen der diesjährigen Ernteverluste von bis zu einem Drittel verstärkt günstigeres Importgetreide verwendet wird. Dieses liege deutlich unter den Richtpreisen für Schweizer Weizen. Letztere sein zwar leicht gestiegen, machen laut Flückiger im Schnitt aber lediglich 1,5 Rappen pro Kilogramm Brot aus. Deshalb spricht seine Organisation auch von «Margenoptimierung dank höherer Preise» durch die Grossverteiler.
Coop und andere Grossverteiler rechtfertigen die höheren Brotpreise mit den massiven Ernteausfällen von Schweizer Brotgetreide, insbesondere beim Weizen, Mehrkosten in der landwirtschaftlichen Produktion und höheren Personalkosten. Coop widerspricht der Darstellung von FMS. «Wir halten uns an die Richtpreise, die in den Branchenorganisationen festgelegt werden. Die aktuellen Preise sind unter Berücksichtigung der geringeren Ernte bestimmt worden», sagt eine Sprecherin.
Grossmüller kritisieren Verein scharf
Als «komplett falsch» bezeichnet der Dachverband Schweizerischer Müller DSM den Vorwurf Flückigers, Grossmühlen würden «Billigimportgetreide» verarbeiten und sich so zulasten der Bauern bereichern. Laut DSM-Direktor Lorenz Hirt ist das Gegenteil der Fall. «Der Brotgetreidepreis ist in der Schweiz so hoch wie schon lange nicht mehr. Dasselbe gilt für ausländischen Qualitätsweizen», so Hirt. Gerade die Grossmühlen müssten hochqualitative Weizen importieren, um die geforderte Qualität der Mehle sicherzustellen.
Er kritisiert den Verein Faire Märkte Schweiz scharf: «Einmal mehr wird in einer für die gesamte Wertschöpfungskette schon schwierigen Situation versucht, die einzelnen Wertschöpfungsstufen gegeneinander auszuspielen.» Ins gleiche Horn stösst Coop. «Die Richtpreise wurden von den Marktakteuren gemeinsam verhandelt und akzeptiert.»
Konkurrentin Migros hat bislang noch keine Preiserhöhungen beim Brot durchgegeben. Ein Entscheid falle Ende Oktober, hiess es vergangene Woche. Ob der orange Riese sich von der Weko-Anzeige beeindrucken lässt? Weko-Direktor Patrik Ducrey bestätigt derweil den Eingang der FMS-Anzeige, ohne in die Details zu gehen. Dass die Wettbewerbshüter deswegen nun sofort eine Untersuchung eröffnen, ist zumindest gemäss dem Dachverband DSM unwahrscheinlich.