Meta-Chef Rasmus Dahl
«Zürich ist ein Schlüssel-Standort»

Im Metaverse verschmelzen physische und digitale Welt miteinander. Wie diese virtuelle Zukunft genau aussehen soll, erzählt uns Rasmus Dahl. Im Gespräch verrät der Chef von Meta in Zürich auch, welche Herausforderungen dafür noch zu überwinden sind.
Publiziert: 28.03.2022 um 06:31 Uhr
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Das unscheinbare Zürcher Meta-Hauptquartier liegt gegenüber von Sihlcity. Bis Ende dieses Jahres werden zusätzliche 150 Mitarbeiter eingestellt.
Foto: Philippe Rossier
Interview: Dominik Mate

Technologiekonzerne aus aller Welt tüfteln an der nächsten Stufe des Internets: dem Metaverse. Dank Virtual-Reality-Brille werden die Nutzer ein Teil der digitalen Welt und interagieren untereinander mit ihren persönlichen Avataren. Egal, ob Geschäftsmeeting, Wohnungsbesichtigung oder Konzert – das Metaverse hat das Potenzial, alles grundlegend zu verändern. Der Zürcher Meta-Standortleiter Rasmus Dahl erklärt im SonntagsBlick-Interview, wieso Zürich dabei eine Schlüsselrolle spielt.

Herr Dahl, «Metaverse» klingt für die meisten ziemlich abstrakt. Können Sie kurz erklären, was es genau ist?
Rasmus Dahl: Das Metaverse ist das, was wir das verkörperte Internet nennen. Die Art und Weise, wie Menschen heute im Internet unterwegs sind, ist sehr auf Geräte zentriert. Man benutzt auf dem Handy eine 2D-Oberfläche und interagiert in einer Art und Weise, die nicht dem natürlichen Verhalten des Menschen entspricht. Das Metaverse ermöglicht einen viel natürlicheren Austausch zwischen Ihnen und mir im Internet.

Welche Vorteile bringt das Metaversum?
Fangen wir mit dem Berufsleben an: Man kann sehr viel kreativer zusammenarbeiten – auch wenn sich die Menschen nicht am selben Ort aufhalten. Bisher haben wir die Leute auf Geschäftsreisen geschickt, um kreatives Zusammenarbeiten und persönliche Beziehungen zu ermöglichen. Im Metaverse müssen Sie nicht physisch an einem Ort sein, sondern präsentieren sich mit Ihrem Avatar im digitalen Raum. Wir können zum Beispiel an ein Whiteboard gehen und gemeinsam virtuell zeichnen und brainstormen.

Wie funktioniert der Einstieg in dieses Universum?
Das Metaverse gibt es noch nicht – und auch die Hardware, die ihr gesamtes zukünftiges Potenzial freisetzt, ist noch nicht vollständig entwickelt. Mit der Quest 2, unserem Headset für die virtuelle Realität, ermöglichen wir Menschen die ersten Schritte in Richtung Metaverse. Das Metaverse wird, wie das Internet, nicht im Besitz eines einzigen Unternehmens sein. Es wird viele verschiedene Zugangspunkte geben und zahlreiche Unternehmen, die Hardware liefern.

Welches sind die grössten Herausforderungen für diese Technologie?
Die physische und die digitale Welt nahtloser miteinander zu verbinden. Das nennen wir Mixed-Reality. Es ist eines der Gebiete, zu denen wir hier in Zürich forschen. Wir investieren viele Ressourcen und Brainpower, um die physische Umgebung in das digitale Erlebnis einzubinden.

Rasmus Dahl – Persönlich

Rasmus Dahl (55) arbeitet seit über fünf Jahren bei Meta. Seit August 2019 leitet er den Standort in Zürich, wo vor allem im Bereich Mixed-Reality geforscht wird. Vor seiner Zeit in der Schweiz hat der Däne mit Doktortitel in experimenteller Kern- und Teilchenphysik das Oculus-Programm in San Francisco (USA) geleitet. Sein Ziel ist es, die VR-Brille zu perfektionieren und somit die physische und digitale Welt miteinander zu verbinden.

Rasmus Dahl (55) arbeitet seit über fünf Jahren bei Meta. Seit August 2019 leitet er den Standort in Zürich, wo vor allem im Bereich Mixed-Reality geforscht wird. Vor seiner Zeit in der Schweiz hat der Däne mit Doktortitel in experimenteller Kern- und Teilchenphysik das Oculus-Programm in San Francisco (USA) geleitet. Sein Ziel ist es, die VR-Brille zu perfektionieren und somit die physische und digitale Welt miteinander zu verbinden.

Als ich die Quest 2 ausprobierte, vergass ich komplett, dass ich mich in einem echten Raum befand.
Und jetzt stellen Sie sich einmal vor, man kann den Raum, in dem wir uns gerade befinden, mit dem Metaverse verbinden. Sagen wir, Sie wollen in den Alpen angeln gehen. Wir könnten diesen Stuhl in einen Felsen verwandeln. Sie setzen sich auf den Felsen, und wir können einen Fluss vor Ihren Füssen erzeugen, der auf Ihrem echten Boden fliesst – und Ihr Controller wird zur Angelrute. Ich denke mir das alles hier nur aus. Aber so kann man jetzt reale Ressourcen in der digitalen Umgebung nutzen, um ein noch intensiveres Erlebnis zu schaffen.

Wann wird das Metaverse aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sein?
Keine einfache Frage. Man sollte das Ganze in jedem Fall nicht als einen einzigen Schritt betrachten. Stellen Sie sich vor, Sie hätten sie mir Ende der 90er-Jahre zum Mobiltelefon gestellt (lacht).

Es ist also ein langsamer Prozess?
Es ist ein Prozess, bei dem es immer mehr Funktionen und Geräte gibt, die neue Erfahrungen ermöglichen, damit immer mehr Menschen immer realer miteinander interagieren können. Das passiert nicht in einem Schritt.

Vor zwei Jahrzehnten wurde das Projekt Second Life gehypt. Heute spricht niemand mehr darüber. Warum sollte das Metaverse also anders sein?
Ja, das ist eine gute Frage. Um nochmals die Mobiltelefon-Analogie zu gebrauchen: Eigentlich existierte die Technologie schon in den 80er-Jahren. Aber erst die Miniaturisierung der Telefone brachte den technologischen Durchbruch, der zum Erfolg führte. Zurück zu Metaverse: Heute steht zum ersten Mal die Technologie zur Verfügung, die sogenannte immersive 3D-Erfahrungen möglich macht. Die Schnittmenge von Nutzwert und technologischem Fortschritt wird die Versprechen des Metaverse einlösen können, was Second Life damals nicht konnte.

Auch andere Technologieunternehmen arbeiten an ähnlichen Plattformen. Wird Meta das Rennen machen?
Gibt es im Internet einen Gewinner? Ich glaube nicht, dass es einen einzigen Gewinner braucht, um Dinge zu verändern. Stellen Sie sich noch einmal die Art und Weise vor, wie wir Bankgeschäfte über das Internet abwickeln. Vor 20 Jahren hätte sich das niemand vorstellen können. Ich glaube also nicht, dass es hier um ein Unternehmen geht, das gewinnt oder verliert. Es gibt Platz für viele Gewinner.

Im Metaversum geben die Nutzer sehr viele Daten über sich selbst preis. Wie garantiert Meta den Datenschutz und dass es keinen Missbrauch gibt?
Das Metaverse wird aus vielen verschiedenen virtuellen Welten bestehen – und nicht nur Meta gehören. Sie haben beispielsweise ein iPhone, benutzen aber TikTok und andere Apps darauf. Und so wie Apple eine Menge Datenschutz in ihre Plattform implementiert, macht Meta das Gleiche. Wie dann die soziale Interaktion in den Räumen, die nicht Meta gehören, gehandhabt wird, ist eine andere Sache. Für unsere Dienste aber, beispielsweise Horizon Worlds, gelten bereits strenge Datenschutzrichtlinien.

Was erforscht Meta eigentlich in Zürich?
Der Standort in Zürich entstand im Wesentlichen dadurch, dass Meta ein kleines Start-up-Unternehmen mit Sitz an der ETH übernommen hat. Sie haben die Technologie entwickelt, die dafür sorgt, dass das virtuelle Bild der Bewegung des Benutzers folgt. Das ist ein Beispiel dafür, was wir maschinelle Wahrnehmung nennen. Die Maschine nimmt etwas wahr, in diesem Fall die Umgebung, erstellt daraus eine Aktion und sagt voraus, wie die digitale Szene zu bewegen ist, damit einem nicht übel oder schwindelig wird. Diese Art von Technologie bauen wir hier in Zürich. Das heisst, wir konzentrieren uns auf die gemischte Realität, bei der wir die physische Welt mit der digitalen Welt verschmelzen. Wir sind ein sehr fokussierter Standort, der stark mit den Fähigkeiten der Labore der ETH und der EPFL verbunden ist.

Sie arbeiten also eng mit der ETH zusammen?
Es gibt eine Zusammenarbeit und einen gegenseitigen Nutzen. Wir sind mehr auf der Produktseite tätig, die ETH auf der Forschungsseite.

Unter anderen hat auch Microsoft ein Mixed-Reality-Labor in Zürich. Gibt es einen Wettbewerb um die besten Forscher und Ingenieure?
Es gibt auf der ganzen Welt einen Wettbewerb um Talente – einen positiven, würde ich sagen. Denn wir alle profitieren von den Universitäten und auch von den Unternehmen, die in diesen Bereich investieren. Wir tun natürlich unser Bestes, um die besten Talente anzuziehen.

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat Meta derzeit in Zürich?
Im Moment sind es etwa 250, bis Ende Jahr stellen wir wahrscheinlich zwischen 100 und 150 weitere ein, und das Wachstum wird relativ aggressiv fortgesetzt. Damit Sie sich vorstellen können, wie schnell der Standort wächst: Vor ein paar Jahren waren wir noch etwas mehr als 50.

Zürich ist also wichtig für Meta?
Zürich ist sehr wichtig für unsere Investitionen ins Metaverse – einer der Schlüssel-Standorte für unsere neuen Plattformen.

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