Massentourismus wird messbar
In diesen Mittelmeer-Regionen ist der Dichtestress am schlimmsten

Zum Start der Badesaison am Mittelmeer wird die Kritik am Massentourismus wieder lauter. Eine aktuelle Auswertung zeigt, wo der Touristenandrang in der EU am intensivsten ist. Blick liefert den Vergleich zur Schweiz.
Publiziert: 29.05.2024 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2024 um 16:31 Uhr
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Touristenströme auf Mallorca. (Archivbild)
Foto: imago/Chris Emil Janßen
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Am Strand liegen und in der Sonne brutzeln gehört für viele Schweizerinnen und Schweizer nach wie vor zum sommerlichen Pflichtprogramm. Sonnenanbeter aus ganz Europa werden von den bekanntesten Badestränden angezogen wie die Motten vom Licht. Die Kehrseite: Die Einheimischen in den Feriendestinationen können sich wieder darauf einstellen, von Touristenmassen überrannt zu werden.

Beim Reisebüro Kuoni sind Reiseziele am Mittelmeer hoch im Kurs: Kunden aus der Schweiz buchen derzeit am häufigsten Ferien auf Mallorca, Kreta, Zypern, Kos und in der Südtürkei, heisst es auf Anfrage von Blick. Bei Hotelplan sind ebenfalls Mittelmeerklassiker wie Griechenland, Spanien oder Zypern am beliebtesten.

Wo der Andrang am intensivsten ist

In Italien rechnet man nach dem letztjährigen Rekordjahr auch 2024 mit hohen Gästezahlen. Die Proteste gegen Massentourismus in Europa werden wieder lauter. Einheimische leiden unter den negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen. Bei Touristikern und Gewerbetreibende lassen die Gästescharen die Kassen klingeln. Sie winken bei der Kritik deshalb gerne ab. Doch wie viele Gäste sind genug? Und ist Massentourismus ein völlig subjektives Empfinden? Wohl kaum.

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Einen Anhaltspunkt über die touristische Belastung in einer Region liefert das Verhältnis der Übernachtungszahl zur Einwohnerzahl. Genau diese Daten liefert eine aktuelle Auswertung von Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union.

Die höchste Touristendichte müssen die Menschen auf den griechischen Inseln in der Südlichen Ägais aushalten. 2022 kamen hier auf jeden Bewohner 110 Übernachtungen. Griechenland belegt mit den Ionischen Inseln auch den zweiten Platz. Die Inselgruppe zählte pro Einwohner 81 Übernachtungen. Die kroatische Adriaküste und Südtirol in Italien kamen ebenfalls auf Werte von über 60 Touristen pro Einwohner. Mit Südtirol und dem österreichischen Tirol sind auch zwei Bergregionen in den Top 8 vertreten.

Auf Mallorca haben letzten Samstag Tausende Bewohner gegen den Massentourismus demonstriert. Die Menge rief dabei immer wieder «Touristen, geht nach Hause». Hauptkritikpunkt ist der extreme Anstieg der Wohnkosten auf der Insel, die zu den acht meistbesuchten Regionen der EU gehört.

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So stehen Schweizer Regionen da

Doch wie sieht es in der Schweiz aus? Im Tourismuskanton Graubünden kamen 2022 gut 8 Millionen Übernachtungen auf rund 202'500 Einwohnerinnen und Einwohner. Das ergibt einen Wert von knapp 40. Die Gemeinde St. Moritz erreicht gemäss eigenen Angaben in guten Jahren 1,1 Millionen Logiernächte. Das macht mehr als 200 Übernachtungen für jeden der rund 5200 Bewohner. In Zermatt VS sind es gar über 350 Übernachtungen pro Einwohner. In der Stadt Zürich standen 2022 jedem Einwohner 77 Übernachtungen gegenüber.

Dichtestress kommt deshalb in Zürich jedoch keiner auf. Die Logiernächte verteilen sich in der Stadt mit ihren fast 450'000 Einwohnern gut übers Jahr. In den Mittelmeerdestinationen konzentriert sich der Grossteil der Gäste auf den Sommer. Die Touristenmassen überfüllen die Restaurants und sorgen für Gedränge am Strand.

Positive Anzeichen am Mittelmeer

Doch es gibt Anzeichen, dass sich die Situation im Mittelmeerraum etwas entspannen könnte. Bei Kuoni und Hotelplan liegen die Buchungen für den Sommer derzeit unter dem Vorjahresniveau. Das liegt zum einen am letztjährigen Aufholeffekt nach der Corona-Pandemie. Die beiden Reisebüros verzeichnen aber auch eine hohe Nachfrage im Herbst. «Die Nachfrage nach Badeferien entwickelt sich grundsätzlich gut. Insbesondere für die Herbstferien ist das Interesse gross», heisst es bei Kuoni.

Bei Hotelplan weist man noch auf einen zweiten, positiven Trend für die Reiseziele hin. «Unsere Kunden wollen nicht ‹nur› am Strand liegen und die Füsse hochlegen», sagt Mediensprecherin Bianca Gähweiler. Die Zahl nach Individualreisen, gerade auch mit dem Mietwagen, nehme zu.

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Auch in der Schweiz leidet der soziale Frieden

Für die Mittelmeerregionen sind das gute Nachrichten: Der Klimawandel könnte mehr und mehr dazu führen, dass sich die Gästeströme besser übers Jahr verteilen. Sofern es nicht zu heiss wird: Ansonsten könnte der Sommertrend zu Ferien in Nordeuropa weiteren Schub erhalten. Und die Hoteliers am Mittelmeer schwitzen plötzlich mit leeren Betten vor sich hin.

Zurück in die Schweiz: In St. Moritz und Zermatt ist die Tourismussaison bereits heute deutlich länger als am Mittelmeer. In Hauptsaisonzeiten wie über Weihnachten und Neujahr wird es trotzdem ziemlich eng in den Wintersportorten. Spontane Restaurantbesuche sind in dieser Zeit kaum möglich. Für die Einheimischen deutlich ärgerlicher: Die Beliebtheit als Feriendestination treibt die Immobilienpreise für Normalverdiener in unerreichbare Höhen.


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