Ärgerlich, aber kann passieren, dachten sich Therese und René Hunkeler. Sie waren bereits am Flughafen in Kloten, auf dem Weg zum Check-in, da wurde ihr Flug auf die Malediven annulliert. So kamen sie einen Tag später als geplant im Inselparadies an. Was das Paar bis heute ärgert, ist das Verhalten der Fluggesellschaft Edelweiss danach.
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Die Hunkelers forderten für den annullierten Flug eine Entschädigung von 600 Euro pro Person. So viel steht Passagieren gemäss EU-Fluggastrechteverordnung zu, wenn ein Flug über mehr als 3500 Kilometer weniger als 14 Tage vor Abflug gecancelt wird. Edelweiss schrieb jedoch: «Urteile des Europäischen Gerichtshofs sind für Schweizer Zivilgerichte nicht verbindlich. Ihre Forderung nach einer Ausgleichszahlung müssen wir daher ablehnen.»
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Zweite Forderung, andere Antwort
Die Hunkelers wussten, dass das nicht stimmt. «Die EU-Fluggastrechteverordnung gilt für alle Reisenden, die einen Flug von einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union (EU), der Schweiz, Norwegen und Island antreten», heisst es unmissverständlich beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). So schrieb es René Hunkeler auch an Edelweiss.
Nun antwortete die Fluggesellschaft: «Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass der Flug aufgrund eines Schadens am Flugzeug durch den vorangegangenen Flug annulliert werden musste. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einem ausserordentlichen Umstand, welcher für uns als Fluggesellschaft weder vorhersehbar noch planbar noch beeinflussbar oder vermeidbar war. Aus diesem Grund können wir Ihnen keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung zusprechen.»
Keine Entschädigung bei Naturkatastrophen und Terrorgefahr
Tatsächlich gibt es solche ausserordentlichen Umstände, bei denen eine Fluggesellschaft keine Entschädigung schuldet. Etwa:
- wenn der Flug wegen schlechten Wetters abgesagt werden muss,
- wegen Terrorgefahr,
- wegen eines sogenannten Vogelschlags,
- wegen einer Naturkatastrophe,
- wenn wegen eines Notfalls eine Notlandung nötig ist.
Technische Störungen gehören jedoch nur ausnahmsweise dazu, etwa ein Fabrikationsfehler. Auf jeden Fall ist es an der Fluggesellschaft, zu beweisen, dass sie nichts für den Ausfall kann. Das Ehepaar Hunkeler verlangte darum einen solchen Nachweis.
Edelweiss ging jedoch nicht darauf ein, sondern brachte lediglich erneut das Argument hervor, dass EU-Recht für die Schweiz nicht bindend sei. «Wir müssen Ihnen mitteilen, dass Ihre Reise in Ländern begann und endete, in denen die Verordnung EG 261/2004 nicht gilt.» Auf ein erneutes Schreiben der Hunkelers hiess es nur noch, der letzten Antwort gebe es nichts hinzuzufügen, und der Fall sei für die Airline abgeschlossen.
Edelweiss antwortet ausweichend
Fluggastrechtsexpertin Nicole Müller vom Beobachter-Beratungszentrum sagt, ein solcher Fall sei ihr noch nie untergekommen. «Wenn eine Airline in der Schweiz startet und behauptet, die Verordnung gelte nicht für sie, ist das Unfug.» Dass Fluggesellschaften ausserordentliche Umstände geltend machen, komme hingegen häufig vor.
Genau das tut Edelweiss. Auf die Anfrage des Beobachters, warum den Hunkelers zweimal mitgeteilt wurde, die EU-Fluggastrechteverordnung sei in der Schweiz nicht bindend, geht die Medienabteilung in ihrer Antwort nicht ein. Ebenso wenig, warum man dem Paar den angeblichen ausserordentlichen Umstand nicht näher genannt hat. Dem Beobachter schreibt die Airline: «Das Flugzeug wurde durch einen sogenannten Highloader am Gate beschädigt. Diese Beschädigungen hätten sich auch dann nicht vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Massnahmen ergriffen worden wären.»
Meldung ans Bazl oder eine spezialisierte Inkassofirma
Ist das ein ausserordentlicher Umstand, der die Fluggesellschaft von einer Entschädigung entbindet? Für Fluggastrechtlerin Nicole Müller eher nicht. Der Beobachter rät in solchen Fällen, den Fall entweder beim Bazl zu melden oder ein spezialisiertes Inkassobüro zu engagieren, zum Beispiel Cancelled.ch oder Flightright.de.
Die Hunkelers haben bereits Ende Juni beim Bazl Anzeige erstattet. Eine Antwort steht noch aus. Ihm gehe es nicht in erster Linie ums Geld, sagt René Hunkeler. «Den doch grossen Aufwand für die Meldung beim Bazl nehmen wir auf uns, weil das Verhalten von Edelweiss unseren Sinn für Gerechtigkeit verletzt.» Edelweiss kenne die Rechtslage. «Bevor sie zahlen, versuchen sie aber einfach mal, die Kunden mit irgendwelchen Behauptungen abzuspeisen.» Wenn das bei der Hälfte gelinge, spare die Fluggesellschaft viel Geld. «Ich kann nur hoffen, dass möglichst viele sich das ebenfalls nicht gefallen lassen.»