Für Beschäftigte und Jobsuchende sind das gute Neuigkeiten: Erfahrene Fachkräfte sind nach wie vor heiss begehrt. Aus Unternehmenssicht sieht die Lage etwas weniger erfreulich aus. Viele Unternehmen tun sich sehr schwer damit, ausgeschriebene Stellen mit Fachkräften zu besetzen. Das Problem bereitet den Firmen gar mehr Bauchschmerzen als jede andere Herausforderung, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sotomo zeigt: Darin stellt sich der Zugang zu qualifizierten Fachkräften als grösste Herausforderung heraus. Noch vor den Preissteigerungen, Regulierungen oder dem starken Franken.
Von den 509 befragten Unternehmen geben fast vier von zehn an, «oft» oder «immer» Mühe bei er Besetzung von Stellen durch geeignete Kandidaten zu haben. Bei vielen Firmen werden die Personalengpässe durch Langzeitabwesenheiten verschärft. So geben vier von zehn Firmen an, stark oder eher stark von langfristigen Ausfällen von Angestellten betroffen zu sein. Der häufigste Grund für die Abwesenheiten sind psychische Erkrankungen. Und diese führen ausgerechnet im Gesundheits- und Sozialwesen für besonders viele Ausfälle.
Absenzen nehmen zu
Die Arbeitsabsenzen wegen psychischer Erkrankungen nehmen zu. So zahlt die Swica heute fast 60 Prozent mehr für psychisch bedingte Krankentaggelder als noch vor zehn Jahren. «Dieser Trend hält an, wie Rückmeldungen vieler Krankentaggeldversicherungen zeigen», sagt Niklas Baer (61), fachlicher Leiter bei der Swica-Tochter Workmed, einem Zentrum für Arbeit und psychische Gesundheit. So würden immer mehr Leute am Arbeitsplatz für längere Zeit fehlen, führt er aus.
Leiden in der Schweiz also immer mehr Menschen an psychischen Erkrankungen? «Epidemiologische Studien zeigen, dass der Anteil der Bevölkerung mit einer diagnostizierbaren psychischen Störung über die letzten Jahrzehnte hinweg relativ konstant bleibt», sagt Baer. Das lasse darauf schliessen, dass sich der gesellschaftliche Umgang mit solchen Krankheiten verändert habe.
Hälfte verliert den Job
Gemäss einer gemeinsamen Studie von Swica und Workmed wird die psychisch bedingte Krankheitsabsenz in jedem zweiten Fall durch einen Konflikt am Arbeitsplatz ausgelöst. «Wenn Unternehmen rechtzeitig handeln, das Gespräch zu den Personen suchen und den Konflikt abmildern, könnten wahrscheinlich viele Ausfälle verhindert werden», so Baer. Ein grosser Teil der Betroffenen hat zudem bereits in einer früheren Beschäftigung an einer psychischen Erkrankung gelitten.
Besonders fatal: Die Hälfte der Betroffenen verliert in Zusammenhang mit der Krankschreibung ihre Stelle. «In manchen Fällen wäre es deshalb sicher sinnvoll, wenn die Leute zumindest teilweise im Arbeitsalltag bleiben und weniger lang krankgeschrieben werden», sagt Baer. Je länger die Personen zu Hause seien, desto schwieriger werde oft der Wiedereinstieg. «Denn eine Arbeitslosigkeit bedeutet psychisch noch mal bedeutend mehr Stress.»
Die Ausfallzeiten liegen im Durchschnitt bei rund sieben Monaten. Das ist auch für die Firmen eine Herausforderung. Viele Arbeitgeber setzen gemäss Sotomo-Umfrage bei kurzfristigen Vakanzen auf Temporärangestellte. Doch diese müssen wiederum eingearbeitet werden.