Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist das Technologie-Schlagwort der Stunde. Seit der von einem regelrechten Hype begleiteten Lancierung von ChatGPT, bei welcher Microsoft federführend war, ist Konkurrent Google unter Zugzwang geraten. An der Entwicklerkonferenz I/O in Mountainview (USA) hat Sundar Pichai (50), CEO der Google-Mutter Alphabet, nun die Marschrichtung vorgegeben.
«Wir sind dabei, alle unsere Kernprodukte neu zu gestalten, einschliesslich der Suche», so Pichai.
Besonderes Interesse löste die Lancierung des Chatbots «Bard» in 180 Ländern aus – vorerst aber noch ohne die Schweiz. Neu ist Bard selber nicht; neu ist hingegen dessen Integration in Dienste wie Google Search und Google Workspace.
Was bedeutet das?
Laut Pichai zeigt sich der Einfluss der generativen AI beispielsweise im Mail-Dienst Gmail. Dieser kann neu Nachrichtenentwürfe erstellen. Die Schreibhilfe ist im Grunde eine Erweiterung der automatischen Antworten, die bereits in Google Mail vorhanden sind.
Bei der Ankündigung der Funktion führte Pichai ein Beispiel an, in dem er eine Fluggesellschaft um eine Rückerstattung für einen Flug bat. Die KI-Funktion greift auf Informationen aus früheren Kontakten mit der Fluggesellschaft zurück und erstellt eine vollständige Nachricht mit der Bitte um eine Rückerstattung. Diese Nachricht lässt sich vor dem Absenden noch bearbeiten.
Google Fotos
Ein weiteres Beispiel gibt es bei Google Fotos. Dort lassen sich mit der KI Änderungen an Bildern wie das Zentrieren von Figuren und das Einfärben von Leerstellen vornehmen.
Diese Apps sind Teil der Bürosoftware Google Workspace. Diese erlaubt nun nicht mehr nur die Arbeit in Echtzeit mit anderen Menschen, sondern auch mit KI. Die neuen Funktionen helfen Nutzer beim Schreiben, Organisieren, Visualisieren und Beschleunigen von Arbeitsabläufen. Der Oberbegriff für die wachsende Liste von generativen KI-Funktionen in den Google Workspace-Apps heisst «Duet AI».
Schlauere Suche
Bei der herkömmlichen Google-Suche entsteht ein Mix aus Bewährtem und Neuem. Eine simple Abfrage wie «Wetter Bern» wird weiterhin zunächst die tabellarische Prognose der nächsten 8 Tage anzeigen. Aber wenn man fragt, wie man sich für den Besuch von Bern an einem bestimmten Datum kleiden soll, wird es lange, KI-generierte Antworten mit nützlichen Tipps geben.
Grundsätzlich sollen komplexe Abfragen, die man bisher in mehreren Suchschritten zusammentragen muss – etwa «Welcher Nationalpark eignet sich besser für einen Besuch mit Kindern, Bryce Canyon oder Arches?» – deutlich vereinfacht. Dazu sind Folgefragen möglich, die in einem neuen Konversationsmodus gestellt werden können. Der Kontext wird von Frage zu Frage übernommen. Das eröffnet in zahlreichen Segmenten, von Reiseplanung über Shopping bis hin zu administrativen Recherchen, neue Möglichkeiten.
Eingabeaufforderungen an Bard sind nicht mehr nur mit Text, sondern auch mit Bildern möglich. So kann Bard künftig beispielsweise eine Bildunterschrift zu einem Bild schreiben, das eingegeben wird.
Das Smartphone wird noch smarter
Das sind längst nicht alle News. Google hat mit dem «Pixel Fold» auch sein erstes faltbares Handy präsentiert, das über zwei Screens verfügt, die sich – ähnlich wie bei PCs – unabhängig voneinander bedient lassen. Dazu soll das Handy über eine adaptive Batterie verfügen, die den Leistungsverbrauch der Batterie anhand der App-Nutzung optimiert.
Ferner gibt es Neuerungen beim Betriebssystem Android, wo ebenfalls viel generative KI integriert wird. Oder MusicLM, eine Software, die dank KI Texteingaben in einen Musik-Output umwandelt.
Leider blieb Google bei vielen Neuerungen ein genaues Datum für die Lancierung schuldig. Klar ist aber, dass unsere Arbeitsweise und die technologischen Interaktionen miteinander schon bald ganz anders aussehen werden.