Krypto-Volksinitiative will die SNB zum digitalen Gold zwingen
«Bitcoin würde die Unabhängigkeit stärken»

Soll die Nationalbank Bitcoin in die Reserven aufnehmen? Während SVP-Politiker Lukas Reimann das Vorhaben befürwortet, ist der Grüne Gerhard Andrey dagegen. Für Initiant Yves Bennaïm ist es aber keine Frage der politischen Orientierung.
Publiziert: 07.05.2024 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2024 um 10:39 Uhr
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Die Nationalbank (SNB) mit Präsident Thomas Jordan (l.) und seinem Vize Martin Schlegel (m.) ist für die Preisstabilität in der Schweiz verantwortlich.
Foto: keystone-sda.ch
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Für Nationalbank-Präsident Thomas Jordan (61) ist der Bitcoin nicht unbedingt als Währungsreserve geeignet. «Wir haben aus gutem Grund noch nicht entschieden, dass wir in Bitcoin investieren wollen», sagte Jordan an der Generalversammlung Ende April. Und erteilte damit den Initianten einer Volksinitiative eine Absage.

Die Gruppe um Bitcoin-Fan Yves Bennaïm (51) will die Kryptowährung Bitcoin in der Verfassung als Währungsreserve verankern. Künftig soll es darin heissen: Ein Teil der Reserven «wird in Gold und Bitcoin gehalten». Bisher ist nur verankert, dass die Nationalbank (SNB) Gold halten muss.

«Die SNB dürfte auch Bitcoin im Wert von nur 1 Franken halten»

Die Verfassung zwingt die SNB, Gold zu halten, legt aber weder eine bestimmte Menge noch einen bestimmten Prozentsatz fest. Gleich will es Bennaïm mit dem Bitcoin machen: «Die SNB dürfte auch Bitcoin im Wert von nur 1 Franken halten, wenn sie will», sagt der Bitcoin-Evangelist.

Trotz dem wenig bindenden Text bleibt eine Verfassungsänderung eine riesige Hürde. Zumal Bennaïm bewusst Wert darauf legt, dass das Vorhaben nicht einer bestimmten Partei zugeordnet wird. In der Frage geht es weder um «links gegen rechts» noch um «Ost gegen West» oder «Stadt gegen Land».

Doch von wo könnte die politische Unterstützung kommen, ohne die eine Initiative am Ende chancenlos ist?

Lukas Reimann sieht Bitcoin als Chance für die SNB

Für SVP-Nationalrat Lukas Reimann (41) ist klar: «Ja, ich unterstütze das Anliegen voll und ganz, weil es der SNB ein weiteres Instrument in die Hand gibt, um ihre wichtigen Aufgaben wie Preisstabilität zu erfüllen.» Das bedeute aber nicht, dass die SNB mit Kryptowährungen spekulieren solle.

«Persönlich hätte und würde ich noch immer eine Erhöhung der Edelmetallreserven zielführender finden», so Reimann weiter. «Aber als Alternative zu Fiat Money befürworte ich die Aufnahme von Bitcoin auf jeden Fall.»

Wie Bennaïm betont auch Reimann die grössere Unabhängigkeit der SNB mit Bitcoins gegenüber Fiat Money – also Euros oder Dollars: «Die SNB-Fremdwährungsbestände sind immer noch enorm hoch und eine Verschiebung von Euro zu Bitcoin würde zu einer breiteren, besseren Diversifikation der SNB beitragen und so Risiken mindern und die Unabhängigkeit stärken.»

Definitiv festlegen will sich Reimann erst, wenn der endgültige Initiativtext bekannt ist. Und auch für die SVP kann er nicht sprechen. Doch so viel kann er sagen: «In unseren Reihen gibt es ganz bestimmt viele Sympathisanten des Anliegens.»

Bitcoin als Stromfresser und CO2-Schleuder

Der grüne Nationalrat und Unternehmer Gerhard Andrey (48) hingegen erteilt der Initiative eine klare Absage. Der realwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Nutzen von Bitcoin stehe in keinem Verhältnis zum Energieverbrauch dieser Kryptowährung. «Im Gegensatz zu viel effizienteren Kryptowährungen verbraucht eine einzige Transaktion mit Bitcoin mehr Energie als 100'000 traditionelle Finanztransaktionen.»

Auf das Problem der CO2-Emissionen von Bitcoin verwies auch SNB-Präsident Jordan an der Generalversammlung.

Die Grünen forderten schon lange eine nachhaltige Anlagepolitik der SNB, so Andrey. «Das ist heute nicht der Fall, die SNB verantwortet mit ihren Anlagen einen enormen CO2-Ausstoss mit. Das Investieren in Bitcoin würde dieses Problem zusätzlich massiv verschärfen.»

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Mit dem geänderten Verfassungsartikel verliere die SNB an Unabhängigkeit, weil sie gezwungen wäre, Bitcoin zu halten.

«Verfassungsartikel sollte technologieoffen formuliert sein»

Zudem legt Andrey den Finger auch auf einen weiteren wunden Punkt der geplanten Initiative: «Ein Verfassungsartikel sollte technologieoffen formuliert sein und nicht spezifisch den Bitcoin fordern.»

Ein Punkt, den Bennaïm allerdings nicht gelten lassen will. Bitcoin sei die einzige Kryptowährung, die keinen Anführer hat, keine Organisation, die die Mehrheit der Token hält, keinen CEO, keinen Briefkasten und vor allem kein Beteiligungskapital.

«Empirisch gesehen war Bitcoin eine der am besten performenden Anlagen des Jahrzehnts», so Bennaïm. Deshalb habe Blackrock jahrelang versucht, die Genehmigung für den Bitcoin-ETF zu erhalten. «Sollen wir glauben, dass das, was für Blackrock eine gute Anlage ist, für die SNB nicht gut genug ist?»

«Für Superreiche und Gambler»

Ein weiteres Problem von Bitcoin ist die enorme Volatilität. Gerade weil der Bitcoin durch nichts gedeckt ist als den Glauben der Investoren, ist er eine riskante Anlage, was auch Bennaïm einräumt. Doch die Chancen seien grösser.

«Bitcoin ist unbestreitbar ein riskanter Vermögenswert, und das war er von Anfang an. Aber zu glauben, dass er auf Null fallen kann, ist genauso unrealistisch wie Wetten gegen das Internet in den frühen 2000er-Jahren», so Bennaïm.

Blick-Wirtschaftsexperte Werner Vontobel (78) verwies in seiner harschen Kritik an der geplanten Initiative ebenfalls auf die Volatilität von Kryptos: «Zur Wertaufbewahrung sind sie angesichts der riesigen Kursschwankungen nur für Superreiche und Gambler empfehlenswert», schrieb er.

Gambler wie El Salvadors Präsident Nayib Bukele (42). Dieser machte Bitcoin 2021 zum gesetzlich anerkannten Zahlungsmittel in seinem Land und kaufte Bitcoin mit öffentlichem Geld. Bisher hat sich die Investition ausbezahlt, die Kryptowährung erklomm dieses Jahr ein neues Rekordhoch.

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