In Flims GR strahlt die Sonne, die Skiferien sind in vollem Gange, das Tourismusgeschäft brummt – doch hinter der Fassade rumort es. Die jüngsten Turbulenzen rund um das geschichtsträchtige Luxushotel Waldhaus Flims sorgen für Stirnrunzeln.
Das Hotel hat seine Zusammenarbeit mit der internationalen Hotelgruppe Marriott Knall auf Fall beendet, wie Blick am Donnerstag bekannt machte. Die Folge könnte eine 15-Millionen-Franken-Strafe für das Waldhaus sein.
Die Hintergründe des Zerwürfnisses bleiben unklar: Sowohl das Waldhaus als auch das Marriott sind gegenüber Blick auf Tauchstation gegangen. E-Mails werden nicht beantwortet. Anrufe von der Rezeption nicht weitergeleitet. Ein Augenschein vor Ort bringt keine Klärung: Ein Blick-Reporter wird abgespeist.
Es gab nicht mal ein Arbeitszeugnis
Im Dorf und unter den Angestellten wird dafür umso mehr geredet: Blick spricht mit dem jungen Koch Michael H.* (21). Er hat nach der Lehre einige Monate im Waldhaus gearbeitet – und lässt kein gutes Haar am Fünfsternehaus. «Die Hotelführung hat keinerlei Respekt und Wertschätzung für unsere Arbeit gezeigt», beschwert er sich. Und das bei zwölfstündigen Arbeitstagen – mindestens. In der Hotellerie, gerade während der Wintersaison, keine Seltenheit. «Im Waldhaus hat die Arbeit einfach keinen Spass gemacht», so H.
Nach einer einzigen Saison schmiss er den Bettel hin, heuerte auf einem Kreuzfahrtschiff an. «Ein Arbeitszeugnis habe ich monatelang nicht gekriegt», erzählt er. Erst als er mit dem Anwalt drohte, rückte das Waldhaus sein Zeugnis raus. «Aber es stand ein falscher Name drauf!», empört sich H. Sein Verdacht: «Es war eins zu eins das Zeugnis eines ehemaligen Mitarbeiters.»
Turbulente Chefwechsel
Persönliche Beziehung zwischen Hotelmanagement und Angestellten? Fehlanzeige. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Hotelführung innert weniger Jahre gleich mehrfach ausgewechselt wurde. Seit letztem Herbst ist Hotelmanager Bosko Grozdanic (41) am Drücker. Er ist der dritte Hoteldirektor innert drei Jahren.
«Es ist ja nicht das erste Mal, dass sich im Waldhaus was ändert, es gab so viele Umstellungen in den letzten Jahren», meint eine Gastronomin im Dorf schulterzuckend. Es ist eine gewisse Resignation – beinahe Gleichgültigkeit – zu spüren. Wie viele andere, mit denen Blick vor Ort spricht, will sie im Zusammenhang mit den jüngsten Turbulenzen nicht namentlich genannt werden.
Kinderbetreuerin hat Kündigung erhalten
Priska Schwab (61) ist da die Ausnahme. Sie arbeitet als Kinderbetreuerin im Kids' Club des Waldhauses. Allerdings nur noch bis Ende Monat. Ihr wurde die Stelle gekündigt – aus Spargründen, wie sie erzählt. Den aktuellen Hoteldirektor lobt sie in den höchsten Tönen. Sagt aber auch: «Die hohe Fluktuation hängt wohl damit zusammen, dass es viele Chefwechsel gab. Das Personal hat das Vertrauen verloren.»
Drei Jahre lang hat die ausgebildete Kindergärtnerin im Waldhaus gearbeitet, mit den Kindern gemalt, Spiele gespielt oder das hauseigene Kino besucht. Nach ihrem Austritt verbleibt nur noch eine Kinderbetreuerin im Waldhaus. «Ich habe Bedenken, ob das gut kommt», gibt Schwab zu. Groll gegen den ehemaligen Arbeitgeber, der ihr mit 61 Jahren gekündigt hat, hegt sie nicht – als eine von wenigen Angestellten, mit denen Blick gesprochen hat. Schwab hält dagegen: «Ich wurde immer gut behandelt, wir waren wie eine grosse Familie.»
Dass Schwab im Vergleich zu anderen ein positiveres Bild zeichnet, mag auch daran liegen, dass sie dem Haus verbunden bleibt: Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Künstler Claudio Caprez (59), organisiert sie regelmässig Ausstellungen im Waldhaus. Oder daran, dass sie bereits eine neue Stelle gefunden hat.
Gäste sind an diesem Nachmittag rund um das Waldhaus Flims keine anzutreffen. Sie geniessen wohl das tolle Wetter auf der Skipiste oder in der Bergbeiz. Der strahlende Sonnenschein wird nicht einmal von den Turbulenzen rund ums Hotelmanagement getrübt.
* Name bekannt