Keiner will die Fracht kaufen
20 russische Öltanker schippern planlos über die Weltmeere

Putin füllt seine Kriegskasse vor allem mit dem Export von Rohstoffen. Russisches Öl zu verkaufen wird aber zunehmend schwieriger. Mindestens 20 Frachter voll russischem Öl schippern derzeit planlos über die Weltmeere und finden keine Käufer für ihre Ladung.
Publiziert: 04.04.2022 um 00:30 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2022 um 06:33 Uhr
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Russisches Öl ist in Ungnade gefallen. Greenpeace-Aktivist vor einem russischen Öltanker vor der Küste Dänemarks.
Foto: AFP

Die Fracht der Beijing Spirit ist wertvoll. Eine Million Barrel russisches Rohöl befinden sich im Bauch des Frachters. Beim aktuellen Marktpreis hat die Ladung einen Wert von 80 Millionen Dollar. Und doch: Keiner will das Öl.

Die Beijing Spirit hat daher kürzlich mitten auf dem Atlantik eine Kehrtwende eingelegt, wie die «New York Times» berichtet. Das Schiff hatte Anfang März im russischen Murmansk abgelegt. Sein Ziel: Die US-Stadt Philadelphia. Zwei Wochen spätere änderte das Schiff seinen Kurs, brach die Fahrt in Richtung Westen ab und tuckerte stattdessen zurück Richtung Europa.

Der Grund: Der Käufer für das russische Rohöl war abgesprungen. Kurz zuvor hatte US-Präsident Joe Biden (79) ein Handelsembargo für russisches Öl angekündigt. Die Beijing Spirit hat in der Zwischenzeit in einem sizilianischen Hafen angelegt. Ob sie inzwischen einen alternativen Käufer für ihre Ladung gefunden hat, ist nicht bekannt.

Putin braucht den Ölexport

Laut «New York Times» handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Mehr als 20 Tanker voll mit russischem Öl schippern demnach aktuell planlos über die Weltmeere. Neben den USA haben unter anderem Kanada, Grossbritannien und Australien russisches Öl sanktioniert oder entsprechende Sanktionen zumindest angekündigt.

Die ziellosen Tanker haben zusammen 8,5 Millionen Barrel russisches Öl an Bord. Wert: über 800 Millionen Dollar. Wenn sie ihre Ladung nicht mehr loswerden, wird das für Wladimir Putin (69) schnell einmal zum Problem. Schliesslich stammt rund die Hälfte der russischen Staatseinnahmen aus dem Rohstoffexport.

Die betroffenen Unternehmen könnten versuchen, das unbeliebte russische Öl an Land mit anderem Öl zu mischen, um so die Herkunft zu verschleiern. Oder aber sie schippern weiter. Schliesslich gibt es genug Länder, die weiterhin russisches Öl kaufen. Darunter auch die Schweiz und die EU.

Indien kauft 700 Prozent mehr

Wieder andere haben ihre Importe russischen Öls sogar gesteigert, etwa Indien. Auf dem Weltmarkt ist russisches Öl nämlich deutlich günstiger zu haben als Alternativen, etwa Öl aus den USA. Die indische Finanzministerin Nirmala Sitharaman (62) sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge: «Wenn es den Kraftstoff mit Rabatt gibt, warum sollte ich ihn dann nicht kaufen?» Die indischen Importe russischen Öls sind seit Kriegsausbruch denn auch um 700 Prozent angestiegen.

Auch Schweizer Rohstoffhändler haben dabei ihre Finger im Spiel: 80 Prozent der russischen Rohstoffe werden laut einem Bericht der Schweizer Botschaft in Moskau über die Schweiz gehandelt. Das Öl überquert dabei allerdings nie die Landesgrenze. Es läuft lediglich über die Bildschirme und Schreibtische der Schweizer Rohstoffhändler. Illegal ist das nicht. Für Kontroversen um Putins Kriegsfinanzierung aber sorgt es allemal.

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