Trafigura ist einer der grössten Rohstoffhändler der Welt. Das Unternehmen hat seinen juristischen Hauptsitz in Singapur, aber gelenkt wird es aus Genf.
Anfang März bezog der Konzern öffentlich Stellung gegen Russland: «Trafigura verurteilt bedingungslos den Krieg, die Gewalt in der Ukraine und die dadurch verursachte humanitäre Krise», hiess es in einer Medienmitteilung.
Russisches Öl ist für Trafigura trotzdem kein Tabu. Das Unternehmen steuert mit seinen Schiffen weiterhin russische Häfen an. Zusammen mit der britischen Investigativplattform «Source Material» erhielt SonntagsBlick Informationen, dass Trafigura dort auch im März mehr als eine Million Tonnen Rohöl geladen hat – oder Slots gebucht hat, um dies zu tun.
Demnach ist Trafigura aktuell auf dem Seeweg der weltweit zweitgrösste Exporteur von russischem Rohöl. Nur Litasco, ein Tochterunternehmen des russischen Mineralölkonzerns Lukoil, exportiert noch mehr.
Die Angaben beruhen auf Schätzungen von Händlern, welche die Bewegungen in den wichtigsten russischen Erdölhäfen beobachten.
Andere Rohstoffkonzerne mit Sitz in der Schweiz wie Vitol, Glencore und Gunvor verschiffen zwar ebenfalls weiterhin russisches Rohöl, gemäss Monitoring der Händler allerdings nicht so viel wie Trafigura. Viele haben ihr Handelsvolumen zudem deutlich stärker zurückgefahren.
Vertraglich gebunden
«Die meisten Rohstoffhändler reduzieren den Handel mit Russland auf ein Minimum», sagt Giacomo Luciani, Experte für Energiegeopolitik und Professor am Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung (IHEID) in Genf –ergänzt aber, dass die Unternehmen an ihre Verträge gebunden seien, in denen minimale und maximale Abnahmevolumen festgeschrieben sind.
Trafigura selbst will sich weder zu seinen Verträgen, noch zum Handelsvolumen mit russischem Öl äussern. Das Unternehmen lässt aber ausrichten, dass man «im Einklang mit den Branchenkollegen» weiterhin die gesetzlichen Verpflichtungen erfülle, die sich aus den befristeten Vereinbarungen ergäben, die vor dem Krieg getroffen worden seien.
Weiter betont der Konzern, man treffe alle Vorkehrungen, um die geltenden Vorschriften und Sanktionen vollständig einzuhalten. «Wir arbeiten weiterhin mit Kunden und Regierungen zusammen, um Rohstoffe und Energie bereitzustellen, die sie in stark gestörten Rohstoffmärkten benötigen», so eine Sprecherin.
Die Schweizer NGO Public Eye sieht darin trotzdem einen Beleg dafür, dass die Schweizer Aufsicht über den Rohstoffmarkt zu lasch sei. «Wir müssen in diesem Hochrisikosektor endlich für mehr Transparenz sorgen», sagt Sprecher Oliver Classen. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die über Genf oder Zug gehandelten Rohstoffe nicht aus Konfliktgebieten oder sanktionierten Ländern kämen.