Kein Seniorenrabatt mehr – ist Migros damit Vorreiterin?
«Alte Menschen über den Preis als Zielgruppe zu definieren, ist ein Auslaufmodell»

Rabatte für Rentner haben in der Schweiz eine lange Tradition. Doch gerade Unternehmen wollen die ältere Kundschaft nicht mehr allein über den Preis ansprechen. Trotzdem braucht es weiter Vergünstigungen für diejenigen, die weniger Geld im Alter haben.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Der Preis alleine reicht nicht mehr aus, ...
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Migros-Senioren-Rabatt sollte einst sogar ausgeweitet werden
  • Ein Fünftel der älteren Menschen ist auf Rabatte angewiesen
  • Firmen suchen andere Wege als den Preis, um Senioren anzusprechen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Das hat sich die Migros wohl anders vorgestellt: Anstatt für die Abschaffung der einseitigen Bevorzugung einer bestimmten Kundengruppe in einer einzigen Genossenschaft Lob einzuheimsen, gab es gewaltig eins auf die Finger. In der Blick-Community ist die Botschaft klar: Das geht gar nicht! Die Empörung darüber, dass die Regionalgenossenschaft Migros Aare den Seniorinnen und Senioren ihren Altersrabatt streicht, ist riesig. 

Bisher konnten Migros-Kunden in den Kantonen Bern, Aargau und Solothurn mit einer Senioren-Vorteilskarte an einem Dienstag im Monat 10 Prozent günstiger einkaufen. Rund 270’000 Personen verlieren ab dem 1. Januar 2025 dieses Privileg. 

Nicht alle Rentner sind reich

Dabei stand sogar einmal die Ausweitung des Migros-Rentner-Rabatts auf alle Genossenschaften zur Diskussion, wie sich Peter Burri Follath (54) von Pro Senectute erinnert. «Wir waren vor ein paar Jahren bei den Verhandlungen dabei. Die Ausweitung scheiterte aber schliesslich an den föderalen Strukturen der Migros.» 

Ironie der Geschichte: Gerade das absehbare Ende der föderalen Strukturen bei der Migros dürfte eine Rolle beim Ende des Senioren-Rabatt-Tags bei der Migros Aare gespielt haben. Sind solche Rabatte bei der goldenen Rentnergeneration, die derzeit den Lebensabend geniesst, überhaupt noch nötig? «Rund ein Fünftel der Menschen im AHV-Alter waren froh über so ein Angebot», sagt Burri Follath. «Diese müssen sich nun anders organisieren.» 

Die Debatte über die Notwendigkeit von Rentnerrabatten flammt in der Schweiz regelmässig auf, etwa im Jahr 2010, als in der Zentralschweiz der Rabatt in einigen Skigebieten für AHV-Bezüger gekürzt wurde. Und der Blick fragte in diesem Zusammenhang: «Ist es wirklich nur noch eine Frage der Zeit, bis die tieferen Preise für Senioren ganz wegfallen?»

Eine Diskussion, die man bei Pro Senectute gut kennt: «Im Grundsatz sind wir gegen das Giesskannenprinzip, weil es auch viele Senioren gibt, die nicht zwingend auf Rabatte angewiesen sind», erklärt Burri Follath. Die Teuerung könnte allerdings zu einer Zunahme der Altersarmut führen. «Deshalb könnten künftig mehr Leute auf Rabatte angewiesen sein», glaubt der Vertreter von Pro Senectute. 

Rabatte für Senioren gibt es schon lange

Matthias Ruoss (42), Wirtschaftshistoriker an der Universität Freiburg, hat sich viel mit der Geschichte der Armut und der sozialen Sicherheit auseinandergesetzt. Während die Sozialpolitik schon seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts auf Vergünstigungen für Seniorinnen und Senioren setzte, ist die Privatwirtschaft viel später auf diesen Zug aufgesprungen. «In den späten 1970er-Jahren haben Unternehmen die Senioren als eigenständige Konsumentengruppe entdeckt und versucht, diese über den Preis in die Läden zu locken», so Ruoss.

Nicht mehr ganz zeitgemäss, findet Wirtschaftshistoriker Ruoss: «Ich glaube, für Unternehmen könnte sich die Geschichte der Senioren-Rabatte zu Ende neigen. Der Versuch, alte Menschen nur über den Preis als Zielgruppe zu definieren, ist ein Auslaufmodell.» Somit ist die Migros mit der Abschaffung des Senioren-Einkaufs-Tags sogar eine Vorreiterin in diesem Bereich. 

Heute locken Unternehmen ältere Menschen viel eher mit auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Produkten und Dienstleistungen. Und hoffen so, einen Teil der hohen Kaufkraft der rüstigen Rentner abschöpfen zu können.

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