Seit fast 50 Jahren ist Conrad Küttel (74) an Messen unterwegs. Er verkauft Lederware aus Italien, Landhausmode und Trachten. Jedes Frühjahr füllt er sein Lager. So geschehen auch in diesem Jahr, kurz vor dem Ausbruch der Corona-Krise.
Für 50’000 Franken hat er eingekauft. Jetzt sitzt er auf seiner Ware. Es finden keine Messen statt. Er hat keine Einnahmen. «Von einem Tag auf den anderen ist Feierabend», sagt er.
Tausenden Kleinunternehmern geht es genauso. Conrad «Koni» Küttel aber trifft es besonders hart. Er hat bereits das Pensionsalter erreicht und deshalb keinen Anspruch auf Kurzarbeit. Ihm bleibt nur noch die AHV. Das sind knapp 2000 Franken im Monat. «Jetzt, wo der Staat mir verbietet zu arbeiten, bin ich am Ende», sagt er.
«Ich habe immer Steuern bezahlt»
1972 nahm Küttel erstmals an einer Messe teil. «Im September in Düsseldorf», erinnert er sich. Seine Geschichte notiert er handschriftlich auf zwei Seiten eines Notizblocks. «Blutjung und unerfahren» sei er gewesen. «Aber voller Optimismus.» Es folgten zahlreiche Ausstellungen. Küttel war überall. An der Olma, Züspa, Muba oder der Zuger Messe. Mit den Jahren mietete er temporär auch einen Laden. Zuletzt in Luzern an der Kapellgasse.
«Ich habe immer meine Steuern bezahlt», sagt Küttel. Jetzt braucht er Unterstützung vom Staat – und erhält keine. Wäre er zehn Jahre jünger, sähe die Situation anders aus. Er könnte Kurzarbeit beantragen. Sein Lohnausfall als Angestellter der eigenen Gesellschaft wäre teilweise gedeckt. Küttel könnte aufatmen. So bleibt ihm nur die Hoffnung.
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Mehrmals hat er sich bereits bei den Behörden gemeldet. Sein Ton war scharf, denn es geht um seine Existenz. Küttel will dem Staat nicht zur Last fallen. Er will keine Ergänzungsleistungen. Er fordert Gleichbehandlung, eine kurzfristige Hilfe, so wie es jüngere Personen in der gleichen Situation erhalten.
FDP-Gössi verspricht Hilfe
«Gottlob bin ich noch gesund», sagt er. «Solange es der Herrgott zulässt, will ich auch noch etwas arbeiten. Den Staat möchte ich nicht ausnehmen.»
Küttel ist ein seit langem FDP-Mitglied. Sein Vater war schon bei den Liberalen. In seiner Verzweiflung hat sich der Lederwarenverkäufer deshalb auch bei FDP-Chefin Petra Gössi (44) gemeldet. Mit einer Antwort der FDP-Chefin und Nationalrätin hat er gar nicht gerechnet. Aber sie kam postwendend. Und sie macht dem Unternehmer Mut.
«Die Massnahmen, die der Bundesrat getroffen hat, um die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns zu lindern, waren wichtig und richtig», schreibt die Politikerin. «Ihr Beispiel zeigt aber, dass es Lücken gibt, die es zu korrigieren gilt. Ich habe Ihr Anliegen aufgenommen und unsere Delegation in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit auf die Problematik hingewiesen», so Gössi. Und dann schreibt sie den Satz, an dem Küttel sie messen wird: «Wir werden dieser Lücke nachgehen.»