Kanton St. Gallen stoppt Verkauf von mit Chemikalien belasteten Produkten
Wie gefährlich ist PFAS-Fleisch?

Der Kanton St. Gallen stoppt den Verkauf von PFAS-belastetem Fleisch. Doch welche Gefahren gehen von den Chemikalien aus? Und sind weitere Lebensmittel in der Schweiz belastet? Die wichtigsten Antworten.
Publiziert: 29.08.2024 um 17:03 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2024 um 17:10 Uhr
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Der Kanton St. Gallen fand im Fleisch von Kühen und Rindern hohe PFAS-Werte.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Der Kanton St. Gallen hat mit PFAS belastetes Fleisch aus dem Verkauf genommen
  • PFAS sind langlebige Chemikalien, die gesundheitsschädlich sein können
  • Auch in anderen Kantonen gibt es mit PFAS belastete Böden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Chemikalien-Alarm in St. Gallen: Die kantonale Gesundheitsbehörde hat im Fleisch von Kühen und Rindern hohe PFAS-Werte entdeckt. Die St. Galler Regierung stoppte nun den Verkauf der belasteten Lebensmittel. Doch das Problem der PFAS geht weit über die betroffene Region hinaus. Blick beantwortet die drängendsten Fragen:

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Was sind PFAS?

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, oder kurz eben PFAS, sind eine Gruppe von Chemikalien, die sehr lange in der Umwelt bleiben. Deshalb nennt man sie auch «Ewigkeitschemikalien». Es gibt über 10'000 verschiedene PFAS, die in zahlreichen Alltagsprodukten eingesetzt werden. Dazu gehören etwa Teflonpfannen oder Löschschaum. «Einige PFAS sind giftig und können krebserregend sein», sagt Daniel Egger, Experte der Umweltberatungsfirma Econetta.

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Wie gelangen PFAS ins Fleisch?

Der Kanton St. Gallen vermutet laut einer Mitteilung in vielen Fällen Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen, der mit PFAS belastet war. Dieser durfte bis 2006 als Dünger auf Felder ausgebracht werden. Wegen der Langlebigkeit der Chemikalien sind manche Weiden auch fast zwanzig Jahre später noch belastet. Die Kühe und Rinder nehmen die Stoffe über die Nahrung auf.

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Bekomme ich Krebs, wenn ich das Fleisch esse?

Bei einmaligem Konsum sehr wahrscheinlich nicht. Auch eine akute Vergiftungsgefahr bestehe beim Fleisch im Kanton St. Gallen nicht, sagt Sarah Camenisch vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Dennoch müsse die Aufnahme von PFAS minimiert werden. Denn gefährlich ist vor allem eine Anreicherung im Körper über längere Zeit. Menschen nehmen die Chemikalien in erster Linie über Lebensmittel inklusive Trinkwasser auf. Der Bund hat deshalb Anfang Jahr Höchstgehalte in gewissen Lebensmitteln definiert.

Hohe PFAS-Werte im menschlichen Körper werden mit zahlreichen Krankheiten in Verbindung gebracht. Dazu gehört auch Krebs. Weitere schädliche Auswirkungen sind erhöhte Cholesterinwerte, reduzierte Nierenfunktion, Schilddrüsenerkrankungen, Verringerung der Fruchtbarkeit bei Frauen und ein geringeres Geburtsgewicht von Säuglingen.

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Wie verbreitet sind PFAS in Schweizer Böden?

PFAS sind in der Schweiz leider allgegenwärtig. Das zeigt eine Studie der ZHAW zusammen mit Agroscope für das BAFU. Im Mittel der über hundert Proben, die für die Studie entnommen wurden, lag die Belastung in der Schweiz um ein Drittel höher als in Schweden. Standorte in den Bergen wiesen die niedrigsten Konzentrationen auf, doch auch in abgelegenen Gebieten der Schweiz fanden sich PFAS. Dabei handle es sich um eine «Hintergrundbelastung», die wahrscheinlich unbedenklich sei, so Egger. «Problematisch sind die Hotspots.»

Eine europaweite Auswertung zahlreicher Quellen durch verschiedene europäische Medien zeigte auch für die Schweiz mehrere stark belastete Gebiete, etwa im Raum Basel, in der Gegend von Sion (VS) und im Kanton Zürich. Im europäischen Vergleich sind die Schweizer Böden aber weit weniger belastet als beispielsweise in Belgien, Holland oder Dänemark. Eine hohe Belastung auf der Karte sei aber noch kein Beweis, dass in diesen Gebieten auch die Lebensmittel verseucht seien, sagt Egger.

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Ist das belastete Fleisch in St. Gallen ein Einzelfall?

«Die betroffenen Gemeinden in St. Gallen sind wahrscheinlich PFAS-Hotspots und nicht repräsentativ für die ganze Schweiz», sagt Camenisch vom BLV. Doch es sei möglich, dass auch Lebensmittel in anderen Regionen zu hohe PFAS-Werte aufweisen. Der rechtlich verpflichtende PFAS-Höchstgehalt für Fleisch, Fisch, Eier, Krebstiere und Muscheln existiert erst seit Anfang 2024. In diesem Herbst startet das BLV eine Studie, um eine Übersicht über die PFAS-Belastung von Lebensmitteln zu erhalten.

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Drohen weitere Verkaufsverbote?

Seit Anfang Jahr sind die Hersteller der genannten Lebensmittel verpflichtet, den PFAS-Gehalt in ihren Produkten zu messen. Kontrolliert werden die Produzenten vom jeweiligen Kantonschemiker. «Wenn ein Produkt den Höchstwert überschreitet, darf es nicht in den Verkauf gelangen», so Camenisch.

Ein schweizweites oder kantonales Verkaufsverbot zum Beispiel für Rindfleisch ist hingegen nicht möglich. Auch der Kanton St. Gallen verfügte lediglich ein Fleischverkaufsverbot für die betroffenen Betriebe. Solche könnte es in Zukunft in anderen Schweizer Kantonen ebenfalls geben.

Der Kanton St. Gallen fordert einen nationalen PFAS-Aktionsplan. Es müsse schweizweit gleiche Massnahmen geben, um kantonale Unterschiede zu vermeiden. Ausserdem fordert der Kanton, dass der Bund baldmöglichst für weitere Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte Höchstwerte definiert.

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