Lufthansa-Urgestein Thomas Klühr (58) räumt gegen Ende des Jahres den Chefsessel der Schweizer Fluggesellschaft Swiss. Das ist seit gestern bekannt. Angeblich hat die Swiss den Abgang von langer Hand geplant.
Aber der Fakt, dass die Airline noch keinen Nachfolger hat, spricht eher für einen Schnellschuss. Die Gerüchteküche brodelt. Wen zieht die Swiss kurzfristig als Nachfolger aus dem Hut?
Heissester Favorit ist ein Schweizer
Also Favorit wird vielerorts der Finanzchef Markus Binkert (48) gehandelt. Was dafür spricht? Man kennt ihn im Mutterkonzern Lufthansa sehr gut, auch in der Schweiz ist er ein bekanntes Gesicht. Bis vor kurzem arbeitete er noch als Marketing-Chef bei der Lufthansa in München (D). Dann der Wechsel mitten in der Krise. Der Zürcher sollte Klühr bei den Verhandlungen mit dem Bund aushelfen.
Er wurde zum Finanzchef der Swiss ernannt und schloss zusammen mit dem Chef erfolgreich das Hilfspaket für die Swiss im Umfang rund 1,5 Milliarden Franken ab. Der Zürcher wäre der erste Schweizer an der Spitze der Swiss seit André Dosé, der die Airline bis 2004 führte.
Nah am Geschehen
Aber Binkert ist nicht der einzige Favorit. Einige weitere Kandidaten innerhalb des Konzerns haben gute Chancen. Der Chef des Kommerzgeschäfts bei der Swiss, Tamur Goudarzi-Pour (50), gilt ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat.
Goudarzi-Pour ist seit 20 Jahren bei der Lufthansa und klettert seither die Karriereleiter innerhalb des Konzerns empor. Er übersah verschiedene Länder-Einheiten, arbeitete im Vertrieb und Marketing und ist heute in der Geschäftsleitung der Swiss angekommen. Ein wichtiger Mann neben Klühr. Genau wie Binkert ist er mit den aktuellen Themen rund um die Krise bestens vertraut.
Kommt er von der Lufthansa?
Innerhalb des Unternehmens sind weitere Kandidaten heiss gehandelt. So könnte der ehemalige Finanzchef der Swiss, Michael Niggemann (46), aufrücken. Er sitzt seit Anfang des Jahres als Personal- und Rechtschef im Vorstand der Lufthansa.
Aber es heisst auch, dass der Deutsche sich dort sehr wohlfühlt. An der Seite von Lufthansa-Chef Carsten Spohr (53) macht er eine gute Figur in der Krise. Ob er seinen neu erworbenen Posten so schnell wieder abgeben will, ist fraglich.
Der Chef-Posten lockt
Der ehemalige Nestlé-Manager Lorenzo Stoll (48) leitet das Geschäft der Swiss in Genf – wo er sich sehr gut eingearbeitet hat. Daher behaupten Insider auch, Stoll wolle lieber in der Romandie bleiben.
Ähnlich sieht es bei Edelweiss Chef Bernd Bauer (53) aus. Obwohl er einen fähigen Swiss-CEO abgeben würde, ist er wohl zu gern bei der kleinen Schwester beschäftigt. Die Swiss wäre ihm da eine Nummer zu gross und unübersichtlich, heisst es. Ausserdem hat er Edelweiss zu einer wichtigen Touristik-Marke aufgebaut. Das zu verlassen, sei ihm vielleicht doch zu schade.
Die Low-Cost-Airline der Lufthansa hätte auch einen bemerkenswerten Chef zu bieten: Eurowings-CEO Jens Bischof (55) könnte sich als Nachfolger aufstellen. Es wäre aber ein schneller Posten-Wechsel: Bischof hat erst vor wenigen Monaten den Job angenommen. Andererseits wäre er als Lufthansa-Urgestein – seit 1990 in dem Konzern – ein guter Kandidat, um für den Mutterkonzern in Zürich den Steuerknüppel zu führen.
Oder doch einer von aussen?
Dass die Swiss noch keinen Nachfolger genannt hat, könnte auch einen anderen Grund haben. Vielleicht kommt der Wunschkandidat von einem anderen Unternehmen, wo Verpflichtungen den Kandidaten von einer jetzigen Veröffentlichung des Wechsels abhalten.
Der Nachfolge von Klühr tritt in jedem Fall in grosse Fussstapfen. Der CEO hat die Airline seit 2016 erfolgreich geführt. Die Swiss präsentierte in den letzten Jahren stets überdurchschnittliche Leistungen. Die Entscheidung wird wohl an der Verwaltungsratssitzung am 18. November fallen. Swiss arbeitet auf Hochtouren an der Wahl: «Der Auswahlprozess ist bereits in die Wege geleitet», heisst es.