Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – vor allem, wenn es darum geht, Schwarzarbeit aufzudecken. Deshalb hat Blick TV Alexander Ott (58), Co-Leiter des Polizeiinspektorats Bern und Chef der Berner Fremdenpolizei, bei einer Inspektion in zwei Berner Restaurants begleitet. Die Gastrobranche gilt als eine derjenigen Branchen, wo Schwarzarbeit weit verbreitet ist.
Trotzdem überrascht das Ergebnis der Kontrolle: Nicht die eine oder andere Person arbeitet schwarz, die ganze Belegschaft verstösst gegen diverse Auflagen. Das erste Fazit von Ott: «Es handelt sich um einen krassen Fall von Schwarzarbeit!»
«Das ist Ausbeutung»
Besonders krass, das heisst eine lange Liste von Verstössen. So arbeiteten in den Restaurants diverse Angestellte ohne Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung. Andere durften sich zwar in der Schweiz aufhalten, hatten aber keinen Arbeitsvertrag oder sonstige Absicherungen. Und allen gemeinsam war, dass sie über längere Zeit keinen Lohn erhalten hatten. «Das ist Ausbeutung», sagt Ott. Die Angestellten, die aus Indien, Afghanistan, Eritrea, China und Bangladesch kamen, seien schamlos ausgenützt worden.
Doch wie kommen die Behörden den Ausbeutern auf die Schliche? «Wir bekommen immer wieder Hinweise, auch von Menschen, die an solchen Orten gearbeitet und sich gegen die Arbeitsbedingungen gewehrt haben», erklärt der erfahrene Kontrolleur. Die Konkurrenz in der Branche ist hart, die Denunziation von Konkurrenten komme immer wieder vor. «Wir erhalten pro Jahr rund 200 Hinweise auf Arbeitsverhältnisse, wo etwas nicht stimmt», so Ott. «Allerdings sind rund die Hälfte davon Denunziationen, bei denen es nur darum geht, einem anderen eins auszuwischen. Oftmals sind diese Vorwürfe aber haltlos.»
Behörden werden immer fündig
Im Interview mit Blick TV verrät Ott auch, wie die Behörden meist vorgehen: «Das sind sogenannte Verbundkontrollen.» Im Fall der beiden Restaurants in Bern heisst das, die Fremdenpolizei ist gemeinsam mit der Gewerbepolizei und der kantonalen Arbeitsmarktkontrolle vor Ort, um die Missstände aufzudecken.
Ein bis zwei grössere Kontrollen führen die Berner Behörden pro Monat durch. Für mehr würden schlicht die Ressourcen fehlen. Zudem gelte es, alle aufgedeckten Verstösse abzuarbeiten. «Wir finden immer irgendetwas», sagt Ott. Das habe auch mit der interdisziplinären Arbeitsweise zu tun. «Wir stellen bei jeder Kontrolle einen Missbrauch fest.»
Die Gastrobranche ist allerdings nicht das einzige Gewerbe, das es bisweilen mit den Vorschriften nicht so genau nimmt. Zu den sogenannten Fokusbranchen, bei denen die Kontrolleure immer mal wieder genauer hinschauen, zählten auch das Baugewerbe oder die Landwirtschaft.
Das versteckte Problem in der Hauswirtschaft
Doch in der modernen Dienstleistungsgesellschaft wird auch der tertiäre Sektor anfälliger für Schwarzarbeit. «Die sogenannte Care-Arbeit beschäftigt uns immer mehr, also etwa Hauswirtschaft oder Reinigungsarbeiten», sagt Ott.
Das Problem: Diese Dienstleistungen finden nicht in der Öffentlichkeit statt, sondern hinter den verschlossenen Türen der Privathaushalte, Missstände sind sehr schwierig nachzuweisen. Es braucht also viel detektivischen Spürsinn, um Delikten auf die Spur zu kommen. «Wenn jemand sich zum Beispiel zu Schweizer Preisen gar keine Pflegekraft leisten könnte, dann kann das ein Hinweis sein», lässt sich der Kontrolleur etwas in die Karten blicken.
Schwarzarbeit sei auch eine Kulturfrage, glaubt Ott: «Das machen ja alle, das ist nicht so schlimm, sagen sich viele.» Dadurch wuchert die Schattenwirtschaft, die ausserhalb der gesellschaftlichen Strukturen verläuft – und ein hohes Ausbeutungspotenzial aufweist.
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