Gegen Ende Oktober sind die Preise für Orangensaftkonzentrat, Kakao und Olivenöl bereits auf neue Allzeithochs vorgestossen, wie cash.ch berichtete. Umso erstaunlicher war es, dass beim Kakao seither die Hausse in atemberaubendem Tempo weiterging.
Die Notiz für Kakaobohnen kletterte an der New Yorker Mercantile Exchange, der führenden Terminbörse für Agrarprodukte, von 3705 Dollar am 24. Oktober auf ein neues Allzeithoch von 6010 Dollar am 13. Februar 2024. Immerhin kam es in den letzten Tagen zu einer Konsolidierung zurück auf 5431 Dollar – trotzdem entspricht das immer noch einem Anstieg von 46 Prozent über den Betrachtungszeitraum.
Der Kakao-Preis steht damit auf dem höchsten Stand seit 1970 und einem neuen Rekordhoch. Jack Scoville, Marktstratege und Analyst bei der Price Futures Group in Chicago, sieht vorerst kein Ende bei der Kakao-Hausse. Einer der Hauptgründe für den Preisanstieg ist die Befürchtung, dass in diesem Jahr die Ernten in Westafrika durch heisses und trockenes Wetter gefährdet seien. Einziger Hoffnungsschimmer ist, dass die sehr hohen Preise bei der Nachfrage doch noch Spuren hinterlassen könnten.
Zu früh für einen Nachfrage-Knick
So fragen sich auch die Commodity-Strategen von der ING Bank in London, wie weit die Preise noch steigen können. «Die Kakaopreise müssen ein Niveau erreichen, bei dem wir einen erheblichen Nachfragerückgang beobachten können. Einiges davon sehen wir bereits, aber eindeutig nicht genug, um den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen und die Engpässe zu zerstreuen.»
Das Unternehmen Lindt & Sprüngli schreibt auf Anfrage von cash.ch, dass dank Effizienzsteigerungen und Prozessverbesserungen in den Produktionsstätten sowie einer vorausschauenden Einkaufsstrategie die Kostensteigerungen der Rohstoffpreise teilweise ausgeglichen werden konnten. «Die verbleibenden Kosten wurden über Preiserhöhungen weitergegeben, wobei der hohe Kakaopreis der Hauptgrund für die Preiserhöhungen im Jahr 2023 war», hält Lindt & Sprüngli fest.
Einen Umsatzrückgang wegen steigender Endverkaufspreise sah der Schokoladenproduzent aus Kilchberg im 2023 nicht. «Trotz diesem herausfordernden Umfeld zeigt das leichte Volumen- und Mixwachstum im 2023, dass unsere Kundinnen und Kunden Lindt & Sprüngli trotz Preissteigerungen treu bleiben.»
Für die Konsumenten verheisst der hohe Kakao-Preis nichts Gutes
Ein Blick nach Grossbritannien zeigt, wie sich die Inflation im Lebensmittelbereich gerade bei Naschwaren durchschlägt. Cadbury, eine Tochtergesellschaft des Mondelez-Nahrungsmittelkonzerns, hat einem Bericht der Verbraucherschutzbehörde zufolge die Preise für Weihnachtsschokolade zwischen 2022 und 2023 um 50 Prozent erhöht. Der generelle Preisanstieg für Schokoladenprodukte belief sich im Vereinigten Königreich auf durchschnittlich 15,3 Prozent.
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Die Schokoladeproduzenten hatten in den letzten zwei Jahren nicht nur mit steigenden Kakao-Preisen zu kämpfen, auch die Kosten für Zucker, Energie und Transport sind durch die Decke gegangen. Die höheren Preise werden in der Mehrheit wie in den letzten Jahren an die Konsumenten weitergegeben. Hershey, eines der weltweit grössten Schokoladenunternehmen und Hersteller von Produkten wie Reese's Peanut Butter Cups, warnte nun aber davor, dass die Kakaopreise das Gewinnwachstum in diesem Jahr voraussichtlich beschneiden könnte.
Der Vorstandsvorsitzende von Hershey, Michele Buck, erklärte jüngst bei der Präsentation der Quartalsergebnisse: «Angesichts der aktuellen Kakaopreise werden wir jedes Instrument in unserem Werkzeugkasten – einschliesslich Preiserhöhungen – nutzen, um mit unserem Geschäft vorwärtszukommen.»
Im Gegensatz zu Lindt & Sprüngli, welche dank ihren Premium-Produkten den Absatz und die Marge bisher halten kann, hat neben Hershey auch Mondelez vor Monatsfrist erklärt, dass deutlich steigende Kosten für Kakao und Zucker eine der grössten Herausforderungen in diesem Jahr sein werden. Jährliche Preisaufschläge von 50 Prozent wie bei den Cadbury-Produkten scheinen immer weniger durchsetzbar. Es zeigten sich volumenmässig denn auch erste Bremsspuren im Weihnachtsgeschäft.
Barry Callebaut profitiert kaum von den Rekordpreisen
In der Schweiz ist mit Barry Callebaut ein zweites, grosses Unternehmen an der Börse kotiert, das von der Preishausse beim Kakao profitieren sollte. An den Aussagen von potenziellen Kunden wie Hershey und Mondelez lässt sich aber ablesen, dass es nicht so einfach ist, weitere Preiserhöhungen durchzudrücken und mehr Scholokademasse an die Kunden zu verkaufen.
Die Verkaufszahlen des ersten Quartals des Geschäftsjahres 2023/2023 zwischen September und November bestätigen das. Der Umsatz konnte von Barry Callebaut gehalten werden, aber das Gesamtvolumen entwickelte sich rückläufig.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
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Unter diesen Vorzeichen lässt die Wachstumsdynamik beim Volumen zu wünschen übrig, meint ein Händler gegenüber cash.ch. Negativ wirke sich bei Barry Callebaut zudem aus, dass das Vertrauen schon seit längerer Zeit wegen vieler Personalwechsel angekratzt sei und die zu optimistischen Mengen- und Kostenprognosen der Vergangenheit negativ nachhallten.
Das Unternehmen steht vor einer holprigen Zukunft, bis die ersten Früchte des Restrukturierungsprogramms «BC Next Level» geerntet werden können. Barry Callebaut wird nun seine im November geäusserten Ziele bestätigen müssen, um wieder in die Spur zu finden. Das Unternehmen teilte damals mit, dass die Verkaufsvolumen zu konstanten Wechselkursen etwa gleich wie im Vorjahr ausfallen sollten. Der cash Insider hat Barry Callebaut hier heute so kommentiert.
Der Markt erwartet ein drittes Kakao-Defizit in Folge
Lindt & Sprüngli kann mit seinen Premium-Produkten höhere Preise deutlich besser durchsetzen als die Konkurrenz. Und der Ausblick beim Kakao-Preis dürfte weiterhin ein Problem sein, da sich an der Preisfront die Lage über das gesamte 2024 weiter verschärften dürfte.
Afrika ist für den globalen Kakaomarkt von entscheidender Bedeutung, da 73 Prozent des weltweiten Angebots aus der Region Westafrika stammen. Die Elfenbeinküste ist der grösste Produzent und macht 44 Prozent des weltweiten Angebots aus. Ghana, der zweitgrösste Produzent, hat einen Anteil von rund 14 Prozent an der Weltproduktion.
Im vergangenen Jahr gaben stärkere Regenfälle als üblich Anlass zur Besorgnis über die Auswirkungen auf die Ernte, da die Fälle von Schwarzschotenkrankheit zunahmen. Starke Regenfälle führten auch zu Problemen bei der Lieferung von Kakao an die Häfen. In diesem Jahr geben hingegen trockenere Wetterbedingungen und starke Harmattan-Winde Anlass zur Sorge bezüglich der Entwicklung der aktuellen Ernte.
Das Problem für den Kakaomarkt besteht gemäss ING Bank darin, dass er sich bereits in den beiden vorangegangenen Saisons in einem Defizitumfeld befand, was dazu geführt hat, dass die weltweiten Lagerbestände bereits den niedrigsten Stand seit der Saison 2015/16 erreicht haben. Nach Angaben der International Cocoa Organization verzeichnete der Weltmarkt 2021/22 ein Defizit von 216'000 Tonnen und 2022/23 von 99'000 Tonnen.
«Und mit einem starken Rückgang der westafrikanischen Produktion in der laufenden Saison 2023/24 wird der Markt mit einem beträchtlichen dritten Defizit von fast 400'000 Tonnen rechnen, was die Lagerbestände auf den niedrigsten Stand seit mindestens einem Jahrzehnt bringen würde», so die ING Bank. Die Jahresproduktion beläuft sich 2023/24 auf erwartete 4,9 Millionen Tonnen.
Schokolade bleibt teuer
Damit schwindet die Hoffnung, dass Schokolade zu Weihnachten 2024 oder zum Valentinstag 2025 wieder etwas günstiger werden könnte. Und auch mittelfristig sieht es kaum besser aus. Es bestehen Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Saison 2024/25, da die Kakao-Regulierungsbehörde in der Elfenbeinküste den Vorverkauf für die Saison 2024/25 gestoppt hat. Dies, bis Klarheit darüber besteht, wie sich die Ernte in der nächsten Saison entwickeln könnte.
So bitter es ist, dürften viele Schokoladenliebhaber oder deren Liebste und Liebsten auch künftig immer tiefer ins Portemonnaie greifen müssen, um die begehrten Pralinen und andere süsse Versuchungen zu verschenken. Schokolade gehörte auch im letzten Jahr respektive in diesem Jahr einmal mehr zu den beliebtesten Geschenken an Weihnachten und zum Valentinstag.
Lindt & Sprüngli veröffentlichen das Jahresergebnis 2023 am 5. März 2024, Barry Callebaut die Resultate für das erste Halbjahr 2023/2024 zwischen dem 5. März und 9. April 2024.