Marcel Wiedemeier (58) aus Gebenstorf AG ist ein gemütlicher Zeitgenosse. Ein Lastwagenfahrer wie aus dem Bilderbuch. «Ich liebe meinen Job über alles», sagt er zu Blick. Die ständig steigenden Dieselpreise – allein Mitte Woche ist der Liter Diesel um 25 Rappen teurer geworden – würden der Branche aber das Genick brechen. «Während der Corona-Pandemie haben wir das Land zwei Jahre lang mit WC-Papier und Lebensmitteln versorgt», sagt Wiedemeier bestimmt. «Jetzt brauchen wir Hilfe!» Jetzt, wo die Dieselpreise so hoch sind wie noch nie.
Wiedemeier fährt für eine Firma mit sechs Lastwagen. Der Tank seines Scania V8 fasst 450 Liter Diesel. Das sind bei einer Preiserhöhung von 25 Rappen stolze 112.50 Franken zusätzlich pro Tankfüllung. Bei sechs Fahrzeugen sind es 675 Franken mehr – einfach so, von einem Tag auf den anderen. Wiedemeier fährt seit 1980 Lastwagen. «So was habe ich noch nie erlebt», sagt er und verwirft die Hände. «Wir sind verzweifelt.»
Kleintransporteure am Abgrund
Nach der Corona-Krise schon wieder einen solchen Schlag zu kassieren, gehe an die Substanz. Jeden Abend teilen die Chauffeure einander in einem Whatsapp-Chat die aktuellsten und vor allem tiefsten Spritpreise mit. «Damit wir möglichst tiefe Kosten haben», sagt Wiedemeier. Bei so happigen Aufschlägen bringe das aber nichts mehr: «Wir als Kleinunternehmer leiden brutal.»
Seine Forderung: «Die Mineralölsteuer auf Diesel für Schweizer Fuhrunternehmen soll um 30 Rappen gesenkt werden!» Nur so hätten die Kleinen eine Überlebenschance. «Denn mehr Geld für unsere Transporte bekommen wir nicht», sagt Wiedemeier weiter.
Der Diesel-Preishammer bringt nicht nur die Kleinen ins Schleudern, auch die Grossen der Branche leiden. Einer von ihnen ist SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (39). Er betreibt ein Transportunternehmen mit 170 Lastwagen. Seine Fahrzeuge verbrennen pro Tag über 50'000 Liter Diesel. Ein Preisanstieg von 25 Rappen pro Liter schlägt bei Giezendanner täglich mit 12'500 Franken zu Buche. «Die aktuellen Preise fangen schon an wehzutun», sagt er.
«Menschen mit tieferen Löhnen leiden»
Giezendanner ist gerade unterwegs zu einem Kunden, als Blick ihn am Telefon erwischt. Er will wegen der hohen Spritpreise nachverhandeln. Doch das ist lange nicht bei allen Verträgen möglich. In der Baubranche etwa werden die Preise für einen bestimmten Zeitraum vertraglich fixiert. Und auch die Kunden im internationalen Umfeld seien harte Verhandlungspartner, so Giezendanner. «Die Firmen stellen sich oft auf den Standpunkt, dass die Preise erst Ende Jahr neu verhandelt werden.»
Auf die Branche kommen schwierige Zeiten zu. «Ich befürchte, dass auch in der Schweiz Transporteure gewaltige Probleme kriegen, wenn die Preise derart hoch bleiben», sagt Giezendanner. Die SVP will den hohen Treibstoffpreisen nächste Woche mit einem Vorstoss beikommen.
«Die zusätzliche Besteuerung der Mineralölsteuer über die Mehrwertsteuer muss sofort eliminiert werden. Zusätzlich muss die Mineralölsteuer partiell um 20 bis 25 Rappen reduziert werden, damit der Endkonsument entlastet wird», fordert Giezendanner. «Neben den Transporteuren würden davon auch viele Menschen mit tieferen Löhnen profitieren, die unter den hohen Preisen leiden.»