In vier Wochen ist Ostern. Schoggihasen haben bereits den Detailhandel erobert. Anführer des jährlichen Überfallkommandos ist nach wie vor der Goldhase von Lindt & Sprüngli.
Die Hüftgold-Garantie wird zu Ostern 120 Millionen Mal verkauft. Für die Schoggi-Nation bedeutet der Goldhase aber nicht nur Geld und Gloria, er ruft auch die Probleme der Schweizer Schokoladenindustrie in Erinnerung: Hergestellt wird der Topseller ausschliesslich im deutschen Lindt-Werk in Aachen.
Der Goldhase ist also ein Grund, dass in der Schweiz mehr Importschokolade genossen wird. Ihr Anteil stieg in zehn Jahren – 2011 bis 2021 – von 34 auf 42 Prozent.
Lindt & Sprüngli ist nicht allein dafür verantwortlich. Der Branchenkrösus verkauft hier aber vieles, was aus Fabriken im Ausland stammt. Der Coop-Onlineshop offenbart: Die Tafeln der Linie Excellence stammen in der Regel aus Frankreich, Schoggi- Eili und Lindor-Kugeln oft aus Italien, Pralinés aus Deutschland.
Lindt-Sprecher sieht keine Täuschung
Die Herkunft wird zwar deklariert. Viele Kunden dürften jedoch automatisch von einem Schweizer Produkt ausgehen, wenn sie den Namen Lindt & Sprüngli lesen.
Von einer Täuschung will das Unternehmen jedoch nichts wissen: «Der jeweilige Produktionsstandort ist immer auf der Verpackung vermerkt», sagt ein Sprecher. Weiter gibt das Unternehmen bekannt: «Rund 65 Prozent unserer Waren für den Markt Schweiz werden hier gefertigt.»
Im Umkehrschluss bedeutet das: Jedes dritte Fertigprodukt von Lindt & Sprüngli, das in die Schweizer Regale kommt, wird importiert.
Lindt & Sprüngli hält diese Importquote angesichts der internationalen Ausrichtung des Konzerns für niedrig – und betont, dass die Schweiz für die Gruppe unverzichtbar sei: «Wir fertigen in der Schweiz weit über den Eigenbedarf des Markts hinaus.» Dass hierzulande dennoch viele Fertigprodukte made in Germany, France oder Italy sind, erklärt der Sprecher mit der Produktvielfalt: «Es ist unmöglich, alle unsere 2000 Produkte an einem einzigen Standort zu produzieren.»
Ein nachvollziehbares Argument. Offensichtlich ist aber auch, dass der Industriestandort Schweiz für Lindt & Sprüngli nicht erste Priorität hat. Aktuell wird zwar das Werk für Kakaomassenherstellung in Olten SO modernisiert und erweitert. Im Ausland forcierte man den Ausbau in den vergangenen Jahren aber deutlich stärker.
Nur ein Bruchteil der Angestellten in der Schweiz
Deutschland, Frankreich, Italien und die USA sind für die Produktion mittlerweile bedeutender als die Schweiz. Von rund 14'500 Mitarbeitenden sind nur etwa 1000 hierzulande angestellt.
Dies mag mit strategischen Überlegungen zusammenhängen, in erster Linie aber wohl mit tieferen Produktionskosten: Nirgendwo sind Arbeitskräfte so teuer wie in der Schweiz.
Die hohen Personalkosten sind aber nicht der einzige Grund, aus dem grosse Schweizer Schoggimarken – bald auch Toblerone – ihre Produkte im Ausland herstellen lassen. Urs Furrer, Direktor des Branchenverbands Chocosuisse, sieht vor allem die «agrarpolitischen Rahmenbedingungen» als Problem: «Der Markt für Schweizer Rohstoffe ist abgeschottet und wird damit künstlich verteuert.»
Beim Portemonnaie höre für viele Konsumenten die Loyalität zur Schweizer Herkunft auf, so Furrer. Sogar bei Schoggi.