Sondersteuer für Banken – Blick beantwortet die wichtigsten Fragen
Was der Italien-Entscheid für die Schweiz bedeutet

Nach den Energiekonzernen gehen auch bei vielen Banken die Gewinne durch die Decke. Italien will sich wie andere EU-Länder einen Teil davon krallen. Was bedeutet das für Schweizer Banken? Und könnte die Schweiz ebenso bald in die vollen Konzerntresore greifen?
Publiziert: 09.08.2023 um 19:12 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2023 um 19:55 Uhr
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Die Gewinne der Banken gehen dank der höheren Zinsen durch die Decke.
Foto: EQ Images
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Firmenchefs, Liberale und Aktionäre scheuen die Idee wie der Teufel das Weihwasser: Die Rede ist von einer Übergewinnsteuer für Konzerne. Am Dienstag gab die italienische Regierung überraschend die Einführung einer solchen Steuer für den Bankensektor bekannt – und sorgte damit an den Aktienmärkten für Schnappatmung.

Die Titel italienischer Banken tauchten zwischenzeitlich 7, 8 oder gar um über 10 Prozent. Und auch die Aktien von Grossbanken in Frankreich oder Deutschland gaben um 3 bis 4 Prozent nach. Auch die UBS-Aktie erfuhr einen leichten Dämpfer. Italiens Regierung musste am Dienstagabend schliesslich zur Beruhigungspille für die Märkte greifen und verkündete eine Obergrenze für die Sondersteuer. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist mit einer Übergewinnsteuer überhaupt gemeint?

Die prominentesten Beispiele in der jüngsten Vergangenheit sind die Energiekonzerne und Stromproduzenten. Diese haben im letzten Jahr gewaltige Gewinnsprünge von mehreren Milliarden Franken hingelegt. Verantwortlich für diesen Geldregen ist der Ausbruch des Ukraine-Krieges, der die Energiepreise durch die Decke gehen liess. Die Europäische Kommission hat deshalb im letzten Jahr empfohlen, solche Übergewinne in den aktuellen Krisenzeiten befristet zusätzlich zu besteuern. Zahlreiche Länder wie Deutschland, Spanien, Italien oder Griechenland haben eine solche Sondersteuer eingeführt, die Mehreinnahmen in Milliarden-Höhe bringen.

Warum sollen nun auch die Banken blechen?

Notenbanken haben im Kampf gegen hohe Inflationsraten die Leitzinsen deutlich erhöht. Bei Banken sprudelt dank der höheren Zinsen im Geschäft mit Krediten oder Hypotheken nun wieder der Geldhahn. Auch in der Schweiz sind die Gewinne der Finanzhäuser im ersten Halbjahr deutlich gestiegen. Italien plant deshalb die Einführung einer 40-prozentigen Übergewinnsteuer für Banken, die auf maximal 0,1 Prozent der Bilanzsumme der Bank beschränkt ist. Die Regierung rechnet mit einigen Milliarden Euro Zusatzeinnahmen, mit der sie die Bevölkerung entlasten will. Andere EU-Länder wie Ungarn oder Spanien haben eine Übergewinnsteuer für Banken bereits eingeführt.

Trifft der Entscheid auch Schweizer Banken?

Nein. Die Schweizer Banken sind in Italien in erster Linie in der Vermögensverwaltung aktiv. Einige Banken bieten zudem Investmentbanking an. Im Zinsgeschäft mit Hypotheken, Krediten oder Sparkonten sind sie hingegen kaum präsent.

Ist eine solche Steuer nicht unfair gegenüber den Firmen?

Eine Steuer auf Übergewinne könne durchaus angemessen sein, findet Thomas Beschorner (53). Das Wirtschaftssystem solle Leistung belohnen, sagt der Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen. Und eine solche könne er beispielsweise bei den Übergewinnen der Energiekonzerne nicht sehen. «Es handelt sich um Krisengewinner, die ökonomisch von einer politischen Veränderung profitieren, die über die Welt hereingebrochen ist.» Die Firmen hätten folglich «ökonomisches Glück» gehabt.

Ganz anders fällt das Urteil von Aymo Brunetti (60) aus: «Man kann nicht einfach während des Spiels die Regeln ändern. Das wäre eine schlechte Wirtschaftspolitik und würde grosse Unsicherheit schaffen», sagt der Wirtschaftsprofessor der Universität Bern.

Schadet eine Übergewinnsteuer der Wirtschaft?

Gegner der Steuer argumentieren oft wie folgt: Müssen die Firmen eine Sondersteuer zahlen, investieren sie weniger in Innovation und darunter leidet später die gesamte Volkswirtschaft und so auch die Bevölkerung eines Landes. Beschorner hält dagegen: «Diese Gewinne dienen, wie Ökonomen gerne argumentieren, nicht notwendigerweise neuen Investitionen. Die Praxis zeigt eher: Sie dienen nicht selten der Erhöhung von Dividenden.»

Aymo Brunetti rechnet bei der Einführung einer solchen Sondersteuer mit negativen Folgen: «Für die Konzerne in den entsprechenden EU-Ländern geht dadurch die Rechtssicherheit verloren. Wenn die Schweiz hier nicht mitmacht, hat sie ein gutes Standortargument und damit einen Wettbewerbsvorteil.»

Kommt die Sondersteuer auch in der Schweiz?

Im Parlament war sie bereits mehrfach Thema. Aktuell ist beispielsweise der Vorstoss «Kriegsgewinne mit einer Windfall Tax besteuern» eingereicht. Eine Annahme durch das Parlament scheint jedoch höchst unwahrscheinlich. Auch der Bundesrat empfiehlt eine solche Steuer zur Ablehnung. Es sei kaum möglich, solche Übergewinne wegen eines Kriegs oder einer Krise abzugrenzen.

Ist der Griff in die vollen Firmen-Schatzkammern überhaupt legal?

Die EU regelt dies über das Energiekrisenbeitragsgesetz. Doch die aktuelle Rechtsgrundlage löst auch erhebliche Kritik aus. In Spanien hat der Öl- und Gaskonzern Repsol gegen die spanische Sondersteuer geklagt.

In der Schweiz müsste die Einführung einer neuen Bundessteuer in der Verfassung verankert werden. Ob die Einführung per Notrecht rechtens wäre, ist umstritten.

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