In acht Tagen aus dem Lockdown – Thurgauer Arzt wehrt sich
«Bundesrat Berset hat mein Papier nicht einmal studiert»

In acht Tagen aus dem Lockdown! Der Thurgauer Arzt Thomas Krech will seinen Plan nicht aufgeben. Jetzt greift er Alain Berset und die Apotheker an. Die Schnelltest-Offensive des Bundesrates sei unfair. Das BAG und die höchste Apothekerin des Landes halten dagegen.
Publiziert: 09.03.2021 um 16:27 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2021 um 16:46 Uhr
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Der Thurgauer Arzt Thomas Krech gibt nicht auf.
Foto: PD
Nicola Imfeld

Thomas Krech (67) sorgte mit seiner Teststrategie vergangene Woche für viel Wirbel in Bundesbern. Der Thurgauer Arzt skizzierte die Idee in einem geheimen Diskussionspapier, das BLICK vorliegt. Der kühne Plan: In acht Tagen aus dem Lockdown.

Doch an der Bundesratssitzung vom Freitag hatte Krechs Strategie, die 20 Millionen Corona-Schnelltests von Roche vorsah, keine Chance. Wenige Stunden später stellte Alain Berset (47) den Plan der Regierung öffentlich vor. Doch damit nicht genug: Der Gesundheitsminister zerpflückte in der Fragerunde auch noch die Idee von Krech: «Es ist eine Illusion, das Problem damit aus der Welt zu schaffen», sagte Berset. Eine zu frühere Lockerung der Massnahmen berge die Gefahr, dass die Schweiz die Kontrolle verliere.

«Berset hat das Papier nicht einmal studiert»

Anstatt den Plan in der Schublade verschwinden zu lassen, macht Thomas Krech weiter Druck. Er ist auch Tage später immer noch stinkwütend: «Ich vermute, Herr Berset konnte das Diskussionspapier gar nicht studieren. Oder hat er sich einen halben Tag Zeit genommen für etwas, was für mich zusammen mit hochkarätigen Leuten aus der Finanz- und Wirtschaftswelt Tage gebraucht hat, zu verstehen?», sagt er zu BLICK.

Krech betreibt in Frauenfeld die Misanto AG, einen Anbieter für Telemedizin. Mit seiner Firma führte er bereits einen bemerkenswerten Teil der Corona-Tests im Kanton Thurgau durch. «Für uns als Jungunternehmen zusammen mit unseren Partnern ist nichts unmöglich. Geht nicht, gibt es nicht.»

Nur Apotheken dürfen Tests gratis abgeben

Der Arzt glaubt, dass der politische Wille für seinen Plan fehlt. Deshalb habe man sich in Bern für einen weniger mutigen Plan entschieden.

Konkret will der Bundesrat ab 15. März sämtliche Massentests in der Schweiz finanzieren – egal ob in Unternehmen, Schulen oder Altersheimen. Auch alle Privatpersonen erhalten ab kommender Woche die Schnelltests kostenlos. Und sobald die Zulassung eintrifft, sollen die Schweizer fünf Schnelltests pro Monat gratis für zu Hause beziehen können.

Doch die Sache hat einen Haken: Nur wer in Apotheken einen Test abholt, kriegt ihn gratis. So steht es in einem Papier des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Die Detailhändler wie Migros oder Coop gehen leer aus. Krech bezeichnet das als unfair. «Der Bund fördert die unter Covid gar nicht notleidende Apothekerschaft.» Er spricht von über einer halben Milliarde Franken, die nach dem «Giesskannenprinzip» an die Apotheker gehen sollen.

«Diese Zahl ist falsch!»

«Das ist völlig aus der Luft gegriffen. Diese Zahl ist falsch», sagt Martine Ruggli, Präsidentin des schweizerischen Apothekerverbandes Pharmasuisse, zu BLICK. Derzeit sei man mit dem BAG betreffend Kosten in Verhandlung. Ruggli rechnet damit, dass der Bundesrat den noch nicht öffentlichen Betrag am Freitag genehmigen wird.

Aber warum dürfen nur Apotheken Gratistests anbieten? Laut dem BAG ist es eine Kontrollfrage. «Die Gratis-Selbsttests können nur über die Krankenkassenkarte bezogen werden», teilt das Bundesamt für Gesundheit auf Anfrage mit. Nur so könne die Anzahl der Tests, die pro Person abgegeben wird, festgestellt werden. «Die Krankenkassen können sich die Kosten dann vom Bund rückerstatten lassen.»

«Apotheken werden zu Corona-Treffpunkten»

Doch Krech hat noch nicht genug. Er kritisiert weiter. In seinem Plan hätten die Schweizer die Tests nach Hause geschickt bekommen. «Aber der Bundesrat macht jetzt die Apotheken zu Corona-Treffpunkten, das ist gefährlich.»

Krechs Logik: Jene Leute, die in die Apotheken gehen, haben meistens Symptome. Und damit vielleicht Corona. «Das ist wie mit dem Schwangerschaftstest», sagt er. «Dieser wird in der Apotheke auch nur von Frauen abgeholt, die Verdacht haben, schwanger zu sein.»

Apotheker-Präsidentin verteidigt Branche

Die höchste Apothekerin Martine Ruggli hält dagegen: «Seit Beginn der Pandemie sind die Apotheken als erste Anlaufstelle in der medizinischen Grundversorgung für die Bevölkerung da.» Es gehöre zu ihren Kernkompetenzen, die Kunden kompetent zu beraten und für einwandfreie Qualität einzustehen. «Zudem sind sich Apothekenteams gewohnt, das Handling von Personendaten und Abrechnungen mit den Krankenkassen professionell und vertraulich abzuwickeln», so Ruggli.

Aber gibt es Pläne, dass nach einer Vorbereitungsphase auch Detailhändler zum Zug kommen könnten? Nein, sagt das BAG. Ein Verkauf ausserhalb von Apotheken sei im Entwurf des Bundesrates nicht vorgesehen.

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