Wie gross die Forschungsbemühungen waren, zeigt alleine ein Blick auf die durchgeführten Studien zum Thema Covid-19. Wie aus den Daten der Schweizerischen Vereinigung der Forschungsethikkommissionen Swissethics hervorgeht, wurden seit Februar 2020 mehr als 200 klinische Studien und Research-Programme durch die Kommission genehmigt.
Und auch in punkto Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten spielen Schweizer Pharma- und Biotechfirmen ganz vorne mit. «Dabei haben sich nicht nur die grossen Konzerne profiliert, sondern es sind vor allem die vielen kleinen Biotech-Unternehmen, die teilweise in Windeseile Forschungsprogramme auf den Weg gebracht haben», erklärt Frederik Schmachtenberg, Life Sciences Partner beim Beratungsunternehmen EY im Gespräch mit AWP.
Kleine Unternehmen sind schnell aufgesprungen
Wie aus den Daten von EY hervorgeht, ist der Schweizer Beitrag bei den Corona-Therapien auch deutlich höher als beispielsweise bei den Impfstoffen. So ist Novartis etwa mit dem Biotechunternehmen Molecular Partners eine Kooperation eingegangen, um dessen Kandidaten weiter voranzubringen.
Während die Programme und Kooperationen der grossen Konzerne meist durch die Medien gut bekannt sind, gibt es auch zahlreiche kleinere Unternehmen, die sich am Kampf gegen Corona beteiligen.
Beispielsweise die Corona-Therapie Sotrovimab: Vertrieben wird das Mittel zwar vom britischen Arzneiriesen GSK, entdeckt wurde es allerdings von Humabs Biomed aus Bellinzona. Sotrovimab kommt in der Schweiz bereits zum Einsatz.
Roche ist Testkit-Leader
Anders sieht es mit den Therapeutika von Octapharma, Lightchain, Quercis Pharma, Memo Therapeutics, Kinarus oder Relief Therapeutics aus. Sie alle befinden sich derzeit noch in Phase II- oder III-Studien. Bei den meisten Kandidaten handelt es sich um Therapien, die entweder schwere Krankheitsverläufe minimieren, wie etwa im Fall von Memo, oder die Pille von Kinarus, die in allen Corona-Erkrankungsphasen eingesetzt werden könnte.
Ähnlich stark wie in der Therapie-Forschung ist die Schweiz auch bei den diagnostischen Angeboten zur Bekämpfung der Pandemie vertreten. Eine führende Rolle nahm dabei ohne Frage die Diagnostics-Sparte von Roche ein, die alleine seit Januar 2020 mehr als zehn Testverfahren auf den Markt brachte. Aber auch Quotient mit Hauptsitz in Eysins (VD) gehört hier zu den Vorreitern.
Das könnte Sie auch noch interessieren
Die beiden Unternehmen GobiX und Biolytix sind eine Partnerschaft eingegangen, um den weltweiten Mangel an Covid-19 Testkits zu beheben. Dank der Zusammenarbeit konnte GobiX nasalen Covid-19 Test-Tupfer schnell bereitstellen und die Schweiz damit unabhängiger von internationalen Anbietern machen.
Vom Pferde-Test zum Covid-19-Test
Ender Diagnostics hat einen molekularen Schnelltest auf den Markt gebracht, der innerhalb von 30 Minuten nach der Extraktion der viralen RNA Ergebnisse mit einer hohen Treffsicherheit liefert. Ursprünglich sollten mit den Tests die vier häufigsten Atemwegserkrankungen bei Pferden diagnostiziert werden. Mit der Coronakrise hat man dann umgeschwenkt und die Tests für Menschen einsetzbar gemacht.
«Auch dies ist ein wenig ein Merkmal der Biotechindustrie der letzten 18 Monate, dass Unternehmen kurzfristig ihre R&D-Programme entweder angepasst oder komplett auf Covid-19 umgeschwenkt haben, dies auch aufgrund der Vielzahl von Covid-Fördermitteln», erklärt Schmachtenberg von EY, und fügt hinzu: «Solange nicht klar ist, welcher Covid-Test 100 Prozent Sicherheit gibt, dass er von jedem Restaurant am Abend, oder jeder Airline am nächsten Morgen bedingungslos akzeptiert wird, solange wird das Rennen bei den Diagnostiktests vermutlich noch anhalten, auch wenn bei den Tests bereits ein erheblicher Preisverfall eingesetzt hat.»
Antikörpertest dank 3D-Technologie
Abionic aus Lausanne wiederum hat den ersten Covid-19 Schweregrad-Score lanciert. Dieser Test kann quantitativ den Schweregrad von Covid-19 in nur fünf Minuten feststellen.
Neurix aus Genf oder auch GaDia gehören ebenfalls zu den Schweizer Unternehmen, die in kürzester Zeit an Tests gearbeitet haben, mit denen man das Virus feststellen kann. Während Neurix auf 3D-Technologien setzt, handelt es sich bei GaDia um einen Schnelltest, der innerhalb von 10 Minuten zeigt, ob spezifische Antikörpern gegen die Covid-19-Infektion vorhanden sind.
Impfstoff-Beitrag etwas geringer
«Etwas weniger stark ist der Schweizer Beitrag bei den Impfstoffen», ergänzt Schmachtenberg. Hier gebe es derzeit vor allem Projekte in der vorklinischen Phase.
Mit dabei sind Unternehmen wie Berna Biotech Pharma, das eine strategische Zusammenarbeit mit dem Swiss Biotech Centre geschlossen hat, um einen Impfstoff der zweiten Generation gegen Covid-19 zu entwickeln. ACM Biosciences wiederum verfügt über zahlreiche Impfstoff-Kandidaten, die sich allesamt noch im vorklinischen Stadium befinden.
Der Lifescience-Konzern Lonza wiederum leistet über seine Produktionsmöglichkeiten jedoch einen entscheidenden Beitrag zum Thema Corona-Impfungen. So stellt der Basler Pharmazulieferer für den US-Konzern Moderna dessen Covid-19-Imfstoff her. Für den schwedisch-britischen Konzern AstraZeneca stellen die Basler den Antikörper für dessen Covid-19-Therapie AZD7442 her.
Novartis leistet Vorarbeit für Roche
Auftragsarbeit leistet auch der Pharmakonzern Novartis. Er füllt den mRNA-basierten Impfstoff von Pfizer-Biontech in seinem Werk in Stein AG ab. Für den Konkurrenten Roche wiederum produziert Novartis in seinem Werk in Singapur den Wirkstoff Actemra/RoActemra (Tocilizumab).
Das Mittel darf in zahlreichen Ländern per Notfallzulassung zur Behandlung von Covid-19-assoziierter Lungenentzündung eingesetzt werden. Auch der Cocktail Regen-Cov/Ronapreve, den Roche gemeinsam mit Regeneron entwickelt hat, darf per Notfallzulassung in vielen Ländern eingesetzt werden. (SDA)