Seit Jahren gehört die Schweiz zu den Top Ten der digitalen Welt. Das heisst, unser Land ist bei der Digitalisierung ganz an der Spitze mit dabei. Trotzdem: Innehalten liegt nicht drin. Die anderen Staaten schlafen nicht, verbessern ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Das zeigt die jüngste Rangliste der digitalen Champions der Lausanner Kaderschmiede IMD. Im World Digital Competitive Index 2020 hat die Schweiz einen Platz verloren, fällt vom 5. auf den 6. Rang zurück.
Der Grund: Hongkong hat drei Plätze gut gemacht und dabei auch die Schweiz verdrängt. Vor allem im Bereich Unternehmensgründung hat die Schweiz noch Nachholbedarf. Das könnte schneller gehen.
Hier muss die Schweiz nachbessern
Marc Walder (55), CEO von Ringier und Gründer von Digitalswitzerland fühlt sich an seine Schulzeit erinnert, wenn die Weltrangliste zur digitalen Wettbewerbsfähigkeit veröffentlicht wird: «Heute haben wir das Zeugnis für die Arbeit von Digitalswitzerland bekommen.»
Dieses ist zwar im Schnitt immer noch gut. Doch gibt es nicht in allen Bereichen Bestnoten: So etwa gibt es in der Schweiz nach wie vor viel zu wenig weibliche Forschende. Zudem gibt es Nachholbedarf bei der elektronischen Teilhabe der Bevölkerung am politischen oder gesellschaftlichen Geschehen. Stichworte: E-Voting oder elektronisches Patientendossier.
Zum Patientendossier ergänzt Walder: «Hier liegt noch sehr viel Optimierungspotenzial brach.» Darüber seien sich zwar alle einig, die erforderliche politische Durchsetzung schlage aber weiterhin fehl.
Es geht nicht nur um Technologie
Es gehe eben auch darum, das Vertrauen der Bürger in die Institutionen zu stärken – real wie digital, meint Marianna Mazzucato (52), Ökonomieprofessorin aus London. «Wir sollten nicht komplett auf Technologie fixiert sein, sondern uns auf Probleme konzentrieren, die verschiedene Investitionen und innovative Lösungen der gesamten Wirtschaft erfordern», so Mazzucato. Die Wirtschaftswissenschafterin wird heute Abend um 17.30 Uhr als Ehrengast am Digital Competiveness Summit teilnehmen.
Martin Vetterli (62), Präsident der ETH Lausanne, weiss um den Wert solcher Rankings: «Der wohl interessanteste Aspekt dieser Rangliste ist, dass sie uns erlaubt, die Bereiche zu betrachten, in denen wir uns noch verbessern müssen.» Es gibt also für die Schweiz noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Auch auf dem Podest gab es einen Wechsel. Hinter den USA und Singapur, den unangefochtenen Spitzenreitern, liegt neu Dänemark auf Rang 3 und hat damit den skandinavischen Nachbarn Schweden verdrängt.
Hilft bei wirtschaftlicher Erholung
Die Rangliste ist vielmehr als eine akademische Spielerei. Denn die Länder, die digital an der Spitze liegen, ziehen auch die hellsten Köpfe an. Das stärkt die Innovationskraft und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes.
Die digitale Wettbewerbsfähigkeit ist auch ein wichtiger Faktor in Zeiten der Corona-Krise: «Die wirtschaftliche Erholung wird von vielen Faktoren bestimmt, zum Beispiel auch vom Zustand der Staatsfinanzen», erklärt Arturo Bris (53) vom IMD. «Aber genauso wichtig ist die digitale Wettbewerbsfähigkeit eines jeden Landes.»
Diese ist in der Schweiz nach wie vor sehr hoch. Deshalb haben wir gute Chancen, besser und schneller durch die Corona-Krise zu kommen als andere Länder.