Diese Rechnung ist für Fabian B.* (45) und Tanja K.* (44) ein Schock: Zum zweiten Mal muss das Paar, das anonym bleiben möchte, in diesem Jahr 831.30 Franken Akonto für den Strom überweisen. Blick liegen die entsprechenden Rechnungen vor. Die Beträge sind allein fürs erste Halbjahr! «Diese Rechnungen sind eine Unverschämtheit», sagt Fabian B. zu Blick. «Die Gemeinde hat sich beim Strompreis verkalkuliert und wir müssen das jetzt ausbaden», ärgert er sich.
Die Gemeinde Büttikon AG hat den Strompreis auf dieses Jahr hin um sage und schreibe 158 Prozent erhöht. Mit diesem Aufschlag liegt sie schweizweit auf dem unerfreulichen ersten Platz.
Gemeinde macht Fehler
Der Grund dafür ist kurios: Der Stromversorger im Gemeindebesitz lief beim Stromeinkauf in den Preishammer. «Wir haben intern einen Kalkulationsfehler gemacht», sagte der zuständige Gemeinderat im letzten September zu Blick. Und dann habe man es letztes Jahr verpasst, den hohen Einkaufspreis in den Tarif einzurechnen.
Bei der Elektra Büttikon hätten durch diesen Fehler mehrere Hunderttausend Franken in der Kasse gefehlt. Deshalb entschied man sich, den Stromtarif in diesem Jahr um den Faktor 2,5 zu erhöhen. Der Preis pro Kilowattstunde liegt in Büttikon mit 48.16 Rappen rund 50 Prozent über dem Schweizer Schnitt.
Paar muss Rechnungen in Raten zahlen
Die massive Erhöhung trifft Haushalte mit knappem Budget besonders hart. Fabian B. muss Unterhalt zahlen und seine Partnerin kann aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Die beiden müssen folglich jeden Franken zweimal umdrehen. «Wir haben erst kürzlich die Raten für die letzte Rechnung bezahlt», sagt Fabian B. Nun müsse man bei der Gemeinde erneut anfragen, ob sie auch die neue Rechnung in Raten abstottern könnten. Diese Möglichkeit räumt die Gemeinde wegen des eigenen Fehlers ein.
Rechnet man die bisher gut 1660 Franken aufs Jahr hoch, müssten die beiden für den Strom über 3000 Franken zahlen. «Dabei achten wir extrem auf den Verbrauch», so Fabian B. In den Jahren davor habe man noch etwas über 1000 Franken für den Strom berappt.
Haus nicht mehr finanzierbar
Das Paar hat sich vor vier Jahren ihren Wohntraum verwirklicht, der ihnen mehr und mehr auf die Füsse fällt. Sie zogen in ein altes, grosses Haus mit Garten und Hobbyraum um. Die Miete beträgt kalt bloss 1250 Franken. Doch sie haben die Nebenkosten unterschätzt. «Wir waren zu blauäugig. Allein fürs Heizöl müssen wir pro Jahr 4000 Franken zahlen», sagt Fabian B.
Nach diesem Jahr sollte das Loch in der Kasse der Elektra Büttikon wieder gestopft sein – und damit der Stromtarif wieder deutlich sinken. Doch die insgesamt hohen Nebenkosten haben beim Paar zu einem Umdenken geführt. «Unser Wohntraum ist geplatzt. Wir können uns das Haus nicht mehr leisten und müssen nach einer neuen Bleibe suchen», sagt Fabian K.
Ein Verzicht auf die im letzten Jahr nicht einkassierten Gelder, war für die Gemeinde finanziell keine Option. Damit hätte man die Gemeindefinanzen zu stark belastet, so die damalige Begründung.
*Namen geändert