«Wir haben mittlerweile einen 10-Monats-Betrieb»
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Marketingleiter in Arosa:«Wir haben mittlerweile einen 10-Monats-Betrieb»

Historischer Schneemangel – unten pfui, oben hui
Ist das noch eine Piste oder schon eine Rutschbahn?

Weniger Pisten, aber viel mehr Arbeit: Angestellte in Skigebieten legen fürs Skivergnügen der Gäste Extraschichten ein. Besuch in drei Destinationen.
Publiziert: 23.02.2023 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2023 um 21:21 Uhr
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Pistenchef Martin Zimmermann und sein Team legen für die Pistenpräparation in Braunwald Extraschichten ein.
Foto: Karin Frautschi

Könnte man Schnee kaufen, würde der Preis dafür derzeit in schwindelerregende Höhen steigen. In der Skination Schweiz ist die weisse Pracht zur Mangelware geworden. Für Skidestinationen bedeutet das viel Frust – und vor allem Arbeit. Das zeigt der Blick-Report aus den Skigebieten Lenzerheide-Arosa GR, Braunwald GL und Chäserrugg SG.

Die Anfahrt zum Skigebiet Braunwald führt an grünen Wiesen vorbei. Bei der Bergstation angekommen, herrscht Ernüchterung. Der untere Teil der Piste besteht nur noch aus dünnen Schneestreifen. Steine blitzen hervor, und braune Erde schimmert durch den matschigen Schnee. Die Verantwortlichen müssen jeden Morgen von neuem entscheiden, «ob das rechtlich noch als Piste durchgeht oder eher eine Rutschbahn mit Steinen ist», sagt Pisten- und Rettungschef Martin Zimmermann (43).

Pistenteam kratzt Schnee zusammen

Zimmermann und sein Team arbeiten praktisch rund um die Uhr, damit die Gäste im Ort noch Ski fahren können – an fast 30 Tagen im Monat jeweils zehn bis elf Stunden.

Am Vorabend haben 30 Leute den spärlichen Schnee neben der Piste zusammengekratzt und mit dem Pistenfahrzeug verteilt. «Damit können wir die Piste vielleicht noch bis zum Wochenende retten», sagt der Pistenchef und ergänzt: «Dass es den ganzen Winter hindurch so wenig Schnee gibt, haben wir noch nie erlebt.»

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Der Aufwand lohnt sich – zumindest zum Teil. Die Skifahrerinnen und Skifahrer staunen, wie sie Blick sagen, über das Pistenteam. Wie es jeden Tag irgendwie eine Skipiste hinkriegt.

Skivergnügen sieht jedoch anders aus. «Es ist sehr sulzig und fühlt sich an wie Ende April. Man muss aufpassen, dass man die Schneeflecken neben den braunen Flächen und Steinen findet», sagt Petra Wigger (49) aus Zürich.

Hoher Verschleiss, tiefe Einnahmen

Neben dem grossen Aufwand ist auch der Verschleiss riesig. Die Steine auf der Piste beschädigen die Fahrzeugraupen. Und die Bedingungen schlagen sich wenig überraschend im Umsatz nieder. Es sind Sportferien, die Wohnungen sind voller Feriengäste. Doch auf den Hängen kurven viel weniger Skifahrerinnen und Skifahrer herunter als in einem normalen Jahr – auch weil viele Tagestouristen fernbleiben. Zudem haben die Bergbahnen wegen des Schneemangels die Preise reduziert.

Am Saisonende wird sich zeigen, wie gross das Loch in der Kasse ausfällt. Die Verantwortlichen werden dann aber auch über die Zukunft sprechen müssen. «Wir müssen mit dem arbeiten, was die Natur hergibt», sagt Pistenchef Zimmermann. Eine Möglichkeit, die zur Debatte steht: mehr Winterwandern, weniger Skifahren.

Arosa Lenzerheide holt Rückstand auf

Szenenwechsel ins Skigebiet Arosa Lenzerheide. Die Gäste in Arosa stehen am frühen Morgen am Lift Schlange. Die Stimmung ist heiter, die Pisten eisig. Auch hier schlängeln sich die unteren Pisten durch grüne Landschaften. Doch das Skigebiet Arosa Lenzerheide reicht bis auf fast 2900 Meter in die Höhe. Für Schneesicherheit ist damit gesorgt.

«Die tägliche Pistenpräparation ist eine Herausforderung», sagt Stefan Reichmuth (49), Marketingleiter der Bergbahnen. 160 von 265 Pistenkilometern sind befahrbar. «Es hat zwar wenig Schnee, aber die Verhältnisse sind super», sagt etwa Paul Flühmann (75) aus Effrektikon ZH. Am frühen Nachmittag wird der Schnee dann aber rasch sulzig; ein Teil der Gäste macht Après-Ski und tankt Sonne.

In Arosa scheint seit Wochen nicht nur am Himmel die Sonne: Die Sportferien lassen bei den Bergbahnen die Kassen klingeln. Der Saisonstart sei noch etwas verhalten gewesen, so Reichmuth. «In den letzten drei bis vier Wochen haben wir den Rückstand aber fast aufgeholt.» Er geht von einem guten Wintergeschäft aus.

Skibetrieb in Brambrüech fällt ins Wasser

Auch im Skigebiet Chäserrugg im Toggenburg müssen sich die Mitarbeiter ins Zeug legen, damit die Skifans zu ihrem Schneevergnügen kommen. Die Gäste wissen das reduzierte Pistenangebot zu schätzen, wie eine Umfrage vor Ort zeigt. Für Ärger sorgen jedoch die dynamischen Preise. Am Dienstag soll das Ticket 70 Franken gekostet haben – obwohl gemäss Homepage nur acht von 23 Pisten offen sind.

Sogar Schluss mit Skifahren hiess es gestern bei den Bergbahnen Brambrüech GR. Die Pisten können in diesen Sportferien nicht mehr geöffnet werden.

Ein breites Pistenangebot bieten derzeit nur die grossen, höher gelegenen Bergbahnen in der Zentralschweiz, im Berner Oberland, in Graubünden oder im Wallis. «Gebiete in hohen Lagen haben tendenziell gar einen grösseren Zulauf als die letzten Jahre. Für tiefer gelegene Skigebiete ist der wenige Schnee aber ein grosses Problem», sagt Hans Wicki (59), Präsident Seilbahnen Schweiz.

Gerade Bergbahnen ohne technische Beschneiung dürften künftig vor einem unlösbaren Problem stehen.

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