Auf einen Blick
- Boom XB-1 flog erstmals schneller als Schall
- Overture-Passagierjet mit Mach 1,7 für Überschallflüge geplant
- 130 Overture-Maschinen von Fluggesellschaften vorbestellt, Entwicklung kostet 8 Milliarden Dollar
Am 26. November 2003 hob die legendäre Concorde zum letzten Mal ab. Der Flug von London-Heathrow zurück ins Herstellerwerk in Filton im Südwesten Englands markierte das vorläufige Ende des Überschallfluges im nicht-militärischen Bereich.
Seither versuchten diverse Firmen vergeblich, ein neues Überschallflugzeug für Passagiere zu entwickeln – oft ohne Erfolg. Doch gestern Dienstag konnte die US-Firma Boom Supersonic einen wichtigen Schritt auf diesem Weg machen. Das Testflugzeug Boom XB-1 flog erstmals schneller als der Schall.
Schallmauer durchbrochen
Um 17.33 Uhr war es so weit, die Boom XB-1 durchbrach die Schallmauer. Als erstes ziviles Flugzeug seit der Concorde – ein erfolgreicher Test. Und ein historischer Moment.
Gestartet ist die Boom XB-1 um 17.21 Uhr. Mach 1,122 oder umgerechnet gut 1200 Kilometer pro Stunde erreichte das Testflugzeug über der kalifornischen Mojave-Wüste als Höchstgeschwindigkeit.
Die äusseren Bedingungen auf dem Mojave Air & Space Port waren perfekt, dem Flug stand nichts im Weg. Die Boom XB-1 wurde von zwei Jets, einer Mirage und einer Northrop T-38, begleitet. Die Letztere war mit einer Mini-Starlink-Antenne ausgerüstet, mit welcher der Flug live übertragen wurde.
Um 17.55 Uhr ist das Testflugzeug wieder sicher gelandet. Es war dies der zwölfte erfolgreiche Testflug der Boom XB-1. Sie ist eine Vorstufe zum geplanten Passagierjet Overture, mit dem Boom am Concorde-Comeback arbeitet und kommerzielle Überschall-Passagierflüge anbieten will. Overture soll dereinst eine Geschwindigkeit von Mach 1,7 (das entspricht auf 10'000 Metern rund 1850 km/h) erreichen und Platz für 64 bis 80 Passagiere bieten.
Wie einst die Concorde soll aber auch die Overture über bewohnten Gebieten nicht mit Überschallgeschwindigkeit fliegen. Trotzdem wären die geplanten Mach 0,94 über Land nach Angaben des Herstellers immer noch etwa 20 Prozent schneller als herkömmliche Passagierjets.
130 Vorbestellungen
Ein schwerer Unfall in Paris am 25. Juli 2000 mit 113 Toten und die hohen Betriebskosten bedeuteten das Ende für die Concorde. Doch die Firma Boom ist überzeugt, dass heute wieder ein Markt für Überschallpassagierjets besteht. Dank einer Reichweite von 7862 Kilometern seien mit dem neuen Flugzeug über 600 profitable Strecken möglich.
Ein Flug von Zürich nach New York soll statt heute gut 9 Stunden nur noch rund 4 Stunden und 30 Minuten dauern. Mehrere grosse Fluggesellschaften sind offenbar von diesem Versprechen überzeugt. American Airlines, United und Japan Airlines sowie weitere ungenannte Kunden haben 130 Overture-Maschinen vorbestellt.
Doch es gibt auch Skeptiker in der Branche: Milliardär Richard Branson (74) stornierte 2023 die Option auf zehn Maschinen für seine Airline Virgin Atlantic.
Alle Sitze sind Business Class
Die Overture ist als reines Business-Class-Flugzeug geplant. Trotzdem würden die Ticketpreise 75 Prozent unter denen der Concorde liegen, versprach Gründer und CEO Blake Scholl letztes Jahr auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough.
Zum Vergleich: Retourflüge in der Concorde über den Atlantik kosteten in den 1990er-Jahren rund 10'000 Dollar und waren damit dem internationalen Jetset vorbehalten. Klar ist damit, dass auch Flüge mit der Overture kein billiger Spass sein werden.
Entwicklung soll 8 Milliarden Dollar kosten
Ob der Flieger tatsächlich 2029 auf den Markt kommt, steht noch in den Sternen. Zwar eröffnete Boom im Sommer 2024 ein Montagewerk in North Carolina (USA). Doch die Firma muss innert weniger Jahre nicht nur ein Flugzeug, sondern auch ein neues Triebwerk entwickeln.
Das alles kostet sehr viel Geld. Laut Scholl sind insgesamt mehr als 8 Milliarden Dollar nötig, damit die Overture abheben kann. Boom brauche deshalb bis 2029 mit Sicherheit weitere Finanzierungsrunden, so die Fachplattform Apex.