Helvetic Airways
«Die Mitarbeitenden gestalten ihre Arbeitseinsätze selber»

Immer mehr Arbeitnehmende erwarten flexible Arbeitszeitmodelle. Das ist gerade in der Luftfahrt schwierig zu bieten. Bei der Fluggesellschaft Helvetic Airways können Kabinenangestellte neu aber wünschen, wie sie arbeiten. CEO Tobias Pogorevc erklärt, wie das geht.
Publiziert: 25.01.2023 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2023 um 15:29 Uhr
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Das Kabinenpersonal von Helvetic Airways kann im Rahmen eines Tests individuelle Wünsche zur Gestaltung des Arbeitsplans einreichen.
Foto: Tobias Siebrecht Photography
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

In der Luftfahrt wird hart um Arbeitskräfte gekämpft. Bei der Swiss allein werden für dieses Jahr über 1500 neue Mitarbeitende gesucht. Aber auch kleinere Schweizer Airlines suchen Personal. In ihrem Fall kommt das Risiko hinzu, bestehende Mitarbeitende an den grösseren Mitbewerber mit dem zugkräftigeren Namen zu verlieren.

Doch die Kleinen haben ein gewichtiges Argument in die Waagschale zu werfen: Flexibilität. Da sie kleiner und weniger komplex sind, können sie den Mitarbeitenden vergleichsweise flexible Arbeitsmodelle gewähren. Die Swiss-Belegschaft hatte 2022 unter anderem die rigiden Arbeitspläne kritisiert. Die kleine Chair Airlines lancierte daraufhin eine ganzjährige Block-Einsatzplanung.

Anstellungsbedingungen kann man anpassen

Bei der Schweizer Regionalfluggesellschaft Helvetic Airways gibt es schon seit mehreren Jahren Teilzeit-Arbeitsmodelle wie «Fly & Study» für Studierende oder «Sky & Fly» für Saisonangestellte wie etwa Skilehrerinnen und Skilehrer. Ebenso gibt es Freelancer-Verträge für Angestellte, die auf Abruf arbeiten können. Jetzt geht die Airline noch einen Schritt weiter und lanciert «Fly your way».

Ab sofort können Kabinen-Angestellte individuelle Arbeitswünsche anbringen. So können etwa bestimmte Tage fix freigehalten, oder beispielsweise 3 Wochen Arbeit durchgehend mit nachfolgend 2 Wochen frei gewünscht werden. Die individuell gestalteten Anstellungsbedingungen können zweimal jährlich angepasst werden. In der Regel gilt die Planung für eine Flugsaison, also für den Sommerflugplan von April bis Oktober, oder für den Winterflugplan von November bis März. Zu den absoluten Spitzenzeiten gibt es übrigens auch Sperrdaten.

Die individuelle Planbarkeit ist ein Muss

Tobias Pogorevc (52), CEO von Helvetic Airways, erklärt gegenüber Blick: «Wir können bereits heute die Wünsche für Ferien und freie Tage zu 90 Prozent erfüllen.» Möglich sei dies dank einer hohen Reserveplanung und einem besonderen Anreizsystem: Wer sich kurzfristig trotz freiem Tag für einen Arbeitseinsatz entscheidet, erhält 100 Franken zusätzlich.

Die höheren Ausgaben für das flexible Arbeitszeitmodell streitet Pogorevc gar nicht ab. Er sieht darin aber eine Notwendigkeit: «Heute ist die individuelle Planbarkeit für Kolleginnen und Kollegen jeden Alters sehr wichtig.» Diesem Bedürfnis wolle Helvetic Airways entsprechen. Zwar könne man keine freien Tage in fernen Destinationen bieten, dafür aber aufgrund der überschaubaren Firmengrösse eine flexible rollende Planung. «Ein solches Modell bietet aktuell zumindest am Standort Zürich niemand», so Pogorevc.

Mit dem Teilzeitmodell hat Helvetic Airways schon viel Erfahrung. «In der Kabine sind 38 Prozent unserer Belegschaft Teilzeitmitarbeitende, im Cockpit sind es 25 Prozent», sagt Pogorevc. Dadurch sei auch der Anteil der Mitarbeiterinnen, gerade im Cockpit, überdurchschnittlich. Insgesamt beschäftigt Helvetic Airways über 440 Mitarbeitende.

Die Ansprüche an Ausbildung, Sicherheit und Qualität werden vom Teilzeitmodell nicht tangiert. Neu angestelltes Kabinenpersonal mit Flugerfahrung könne bereits nach zwei bis drei Monaten vom «Fly your way»-Modell profitieren, Kabinenpersonal ohne Flugerfahrung kann nach sechs Monaten ein Teilzeitpensum beantragen.

Eine Bleibe für die Angestellten

Aktuell ist «Fly your way» ein Test. Ebenfalls getestet wird eine Helvetic-WG. Helvetic Airways mietet Wohnungen in Flughafennähe und vermietet diese an neue Mitarbeitende, die ihren Lebensmittelpunkt nicht im Raum Zürich haben. «Das können Mechaniker sein, die wir oft im Ausland rekrutieren müssen, oder auch potenzielle Mitarbeitende in entfernteren Regionen wie dem Wallis», sagt Pogorevc.

Damit können sich Mitarbeitende auf ihre Arbeit fokussieren und müssen sich nicht um die aufwändige Wohnungs- oder Zimmersuche kümmern.


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