Auf einen Blick
Die gute Nachricht zuerst: Vielerorts sinken die Strompreise im 2025. Das gab die Eidgenössische Elektrizitätskommission am Donnerstag in Bern bekannt. Im Schnitt bezahlen Schweizer Haushalte im kommenden Jahr rund 10 Prozent weniger, der Strompreis sinkt um 3,14 Rappen auf 29 Rappen pro Kilowattstunde.
Und jetzt die schlechte Nachricht: Die Preise auf den europäischen Strommärkten, die den Strompreis in der Schweiz in den vergangenen Jahren massgeblich nach oben getrieben haben, bleiben auf einem hohen Niveau. Die Schweizer Netzbetreiber könnten einiges tun, um die Konsumentinnen und Konsumenten weiter zu entlasten:
Häufiger in kleineren Mengen beschaffen
Die Energieunternehmen beschaffen den Strom über ein, zwei oder drei Jahre. Langfristige Strategien können Preisaufschläge abschwächen, diese für die Konsumenten und Konsumentinnen aber auch verschlimmern. Strukturierte Beschaffungsstrategien für den häufigen Einkauf kleiner Mengen reduzieren die Kosten.
Beispiel: Ein Energieunternehmen, das den Strom kurz vor Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs über drei Jahre hinweg beschafft hat, blieb von den hohen Schwankungen auf den europäischen Märkten verschont. Ein Energieunternehmen, das hingegen just auf dem Höhepunkt der Energiekrise für einen längeren Zeitraum beschafft hat, muss gegebenenfalls auch im nächsten Jahr noch etwas draufschlagen.
Die Elcom-Analyse zeigt, dass die Kosten für das Tarifjahr 2025 für Unternehmen mit einer Ein-Jahres-Beschaffungsstrategie am niedrigsten sind, am höchsten sind sie für jene mit einer Beschaffungsstrategie über zwei Jahre. Von diesem Beschaffungsrisiko besonders betroffen sind laut Elcom-Analyse am häufigsten nicht gewinnorientierte Genossenschaften oder Gemeindebetriebe – unter den zwölf Verteilnetzbetreibern mit den höchsten Tarifen ist lediglich eine Aktiengesellschaft. Die Verantwortlichen in diesen Unternehmen sind oft im Nebenamt tätig, interne Prozesse und das Risikomanagement sind hier wenig ausgeprägt. Viele Unternehmen haben bereits Anpassungen ihrer Beschaffungsstrategie eingeleitet, allerdings noch nicht alle.
Die Eigenproduktion erhöhen
Noch vor zwei Jahren führte ein grösserer Anteil der Eigenproduktion in der Grundversorgung eines Netzbetreibers zu tendenziell höheren Energietarifen. 2024 hat der Effekt erwartungsgemäss gekehrt: Wer einen höheren Eigenproduktionsanteil in der Grundversorgung aufweist, ist von den hohen Preisen auf den europäischen Strommärkten weniger betroffen.
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Das grösste Potenzial in der Schweiz für neue Kraftwerke für die Eigenproduktion liegt im Bereich Wind und Solar sowie bei thermischen Energieanlagen. Die Energieunternehmen könnten zudem ihre bestehenden Kraftwerke effizienter nutzen.
Laut Elcom-Analyse sind die Gestehungskosten bei vergleichbaren Technologien sehr unterschiedlich, einzelne Energieversorger könnten also bei den Kosten noch optimieren. Zudem haben die Netzbetreiber einen gewissen Spielraum bei der Berechnung des Strompreises in der Grundversorgung, wenn Anteile der Eigenproduktion der Energieversorger mit einbezogen werden. Sie können selbst entscheiden, wie viel Strom aus eigenen Quellen – wie Wasserkraftwerke oder Photovoltaikanlagen – in die Grundversorgung eingespeist wird und welchen Anteil sie am preisschwankungsanfälligen Strommarkt zukaufen.
Dynamische Preismodelle einführen
Dynamische Strompreismodelle könnten Verbraucherinnen und Verbrauchern Anreize geben, ihren Stromkonsum in Zeiten niedriger Strompreise zu legen. Zudem könnten sie durch mehr Nutzung von Wind und Sonnenstrom Spitzenlasten im Stromnetz vermeiden; beides würde sich positiv auf die Stromtarife auswirken. Das zeigt unter anderem eine im Juni erschienene Studie in der Fachzeitschrift «Energy Policy».
Noch gibt es in der Schweiz allerdings nur wenige dynamische Tarife. Die Luzerner Axpo-Tochter CKW, die mit einer Senkung um rund 30 Prozent die wohl schweizweit höchste Preisreduktion bei den Standardtarifen meldet, führt nach neuen Tarifen für Geschäftskunden im kommenden Jahr auch für Privatkunden einen neuen Tarif ein, welcher den Preis von Leistungsspitzen abhängig macht.
Jede bezogene Kilowattstunde unterliegt einem Einheitstarif, welchen das Energieunternehmen pro bezogene Kilowattstunde um rund 40 Prozent senkt. Zusätzlich wird ein Betrag für die höchste Leistungsspitze im Monat verrechnet – jeweils jene Viertelstunde im Monat, in welcher der betreffende Haushalt am meisten Strom verbraucht. Wer also zum Beispiel Geschirrspüler, Waschmaschine und Tumbler gleichzeitig nutzt, zahlt etwas mehr. Der Konsumentenschutz und der Verband unabhängiger Energieerzeuger (Vese) kritisieren in der «Basler Zeitung» den CKW-Tarif. Sie bemängeln Intransparenz und Kostenfallen, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher oft nicht wüssten, wann sie besonders hohe Leistungsspitzen verursachten und bei einem einmaligen Ausschlag mehr bezahlen müssten.
Dem Berner Nationalrat und Grünliberalen-Chef Jürg Grossen – selbst Energieunternehmer und Präsident des Sonnenenergieverbands Swissolar – geht die Massnahme nicht weit genug. Er fordert ein Preissignal an die Kundinnen und Kunden, wenn die Energie knapp oder das Netz überlastet ist, damit etwa in Gebäuden mit Solaranlage die Steuerung reagieren und so die Kosten optimieren könne.
Der Freiburger Energieversorger Groupe E gehört zu den progressivsten Energieunternehmen. Er bietet schon länger einen dynamischen Tarif, bei dem sich der Strompreis alle 15 Minuten abhängig von der voraussichtlichen Auslastung des Stromnetzes ändert. Über Smart-Home-Systeme kann der Stromverbrauch automatisch optimiert werden.
Dynamische Stromtarife hätten bislang aber eher «experimentellen Charakter», sagte Urs Meister von der Elcom am Donnerstag in Bern. Allerdings würden diese an Bedeutung gewinnen. Elementar dafür ist die Umstellung auf digitale Stromzähler (Smart Meter). Diese müssen die Energieunternehmen allerdings erst bis Ende 2027 in Umlauf bringen.