Auf einen Blick
- Thomas Jordan senkt erneut den Leitzins auf 1,00 Prozent
- Saron-Hypotheken werden günstiger, Festhypotheken könnten folgen
- Weitere Zinssenkungen sind möglich
Aller guten Dinge sind drei: Zu seinem Abschied als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) beschert Thomas Jordan (61) der Schweiz nochmals eine Zinssenkung. Die dritte in Folge. Neu liegt der Leitzins in der Schweiz bei 1,00 Prozent. «Der Inflationsdruck ist gegenüber dem Vorquartal nochmals deutlich zurückgegangen», begründet Jordan den Schritt.
Will heissen, die gesunkene Teuerung gibt der Nationalbank Spielraum, die Zinsen zu senken. Die Zinssenkung ist für viele eine gute Nachricht, doch nicht alle profitieren von den tieferen Zinsen.
Was bedeutet der Zinsentscheid für Eigenheimbesitzer?
Vor allem wer sein Haus oder seine Wohnung über den Geldmarkt finanziert, also Saron-Hypotheken abgeschlossen hat, der kann sich freuen. Ab Freitag sind diese einen Viertelprozentpunkt billiger. Aber auch diejenigen, die bald eine Festhypothek ablösen müssen, sollten zumindest einen Gedanken an eine Saron-Hypothek verschwenden. Denn mit der erneuten Zinssenkung dürften diese Hypotheken wieder deutlich billiger werden als die Festverzinsten. Das Gegenteil war in den letzten Jahren der Normalzustand. Festhypotheken dürften sich durch die aktuelle Zinssenkung nicht sofort verbilligen, da bei den meisten Laufzeiten diese Zinssenkung bereits eingepreist war. Wenn die Märkte allerdings mit weiteren Zinssenkungen rechnen, dann steigt auch der Druck, dass Festhypotheken noch einmal deutlich billiger werden.
Was haben Hauskäufer und -verkäufer vom Zinsentscheid?
Auf dem Eigenheimmarkt gibt es eine neue Dynamik. Denn mit der Zinssenkung sinken die Finanzierungskosten für ein neues Eigenheim einmal mehr. Das könnte zumindest einen Teil des grossen Preisanstiegs der Immobilien in den letzten Jahren teilweise kompensieren. Dank der tieferen Zinsen wird der Kreis derjenigen, die sich ein Eigenheim noch leisten können, wieder etwas grösser. Das ist auch eine gute Nachricht für Verkäufer: Steigt die Nachfrage, können sie ihre Preisvorstellungen eher durchsetzen und müssen etwas weniger lang auf den Kaufabschluss warten.
Profitieren auch die Mieter?
Nein – oder zumindest nicht sofort. Der Referenzzinssatz für Wohnen, der massgeblich ist für die Mieten in der Schweiz, verharrte im September bei 1,75 Prozent. Der zugrundeliegende Durchschnittszins liegt im Moment bei 1,67 Prozent. Erst wenn dieser Satz auf unter 1,63 Prozent fällt, wird auch der Referenzzinssatz fallen. Immerhin: Mit der erneuten Zinssenkung – und den Aussichten auf weitere – steigen die Chancen, dass der Durchschnittszins schneller unter den Schwellenwert sinkt.
Die entscheidenden Fragen: Wie viele Immobilienbesitzer haben im Zuge der Zinswende von Fest- auf Saron-Hypotheken gewechselt, weil sie erst die weitere Zinsentwicklung abwarten wollten? Wie viele mussten sich in der Zeit steigender Zinsen nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges neu verschulden? Haben genügend Vermieter in den Saron gewechselt, könnte der Referenzzinssatz früher als erwartet nach unten angepasst werden.
Was bedeutet die Zinssenkung für das Geld auf meinem Sparkonto?
Wohl nichts Gutes. Denn mit der Zinssenkung werden die meisten Banken schleunigst nachrechnen, wie viel tiefere Zinsen sie den Sparern zumuten können, ohne dass diese zu murren beginnen – sprich sich nach einer neuen Bankverbindung umzusehen beginnen. Andererseits geht die Teuerung stark zurück, das könnte bedeuten, dass die Verzinsung des Ersparten höher sein könnten als die Inflation. Das Geld auf dem Konto könne auch real an Wert gewinnen. Das wäre eine sehr gute Nachricht für die Sparer.
Was bedeutet die Zinssenkung für die Konsumenten?
Die Teuerung in der Schweiz ist besiegt, das hat auch die Nationalbank heute eingestanden. Es könnte sogar so weit kommen, dass die Preise vor allem von importierten Gütern und Rohstoffen etwas billiger werden könnten. Die Entlastung im Portemonnaie dürften viele Konsumenten spüren, entsprechend gut ist die Konsumentenstimmung im Land. Der Schweizer Franken wird sich etwas abschwächen. Trotzdem bleibt der Franken gegenüber anderen Währungen stark, macht Ferien und den Einkauf im Ausland etwas günstiger.
Was hat die Wirtschaft von der Zinssenkung?
Erneutes Aufatmen in der Exportindustrie, die gerade sehr unter der Nachfrageschwäche in wichtigen Absatzmärkten leidet. Ein etwas schwächerer Franken nimmt etwas Druck von vielen Firmen, da ihre Produkte nun preislich wieder wettbewerbsfähiger sind.
Sinken die Zinsen weiter?
Dafür stehen die Aussichten gut. Viele Ökonomen wie auch Jan-Egbert Sturm (55) von der KOF rechnen mit noch einer weiteren Zinssenkung im Dezember. Jordan gibt ein klares Signal: «In den nächsten Quartalen können weitere Zinssenkungen erforderlich werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten.» Es besteht sogar die Möglichkeit, dass die Preise in der Schweiz bald auf breiter Basis sinken könnten. Dieses Szenario möchte die SNB verhindern, denn es entspricht nicht ihrer Vorstellung von Preisstabilität.