Christian Weber (75) war der Mann mit der Fliege und 2007 als Chefankläger eine der Hauptfiguren im Swissair-Prozess. Weber ist noch heute als Anwalt tätig, er weiss um die Tücken grosser Wirtschaftsprozesse. «Im Zweifel erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, im Zweifel spricht das Gericht frei», umreisst Weber die Ausgangslage vor solchen Verfahren.
Es sei ein schmaler Grat zwischen geschäftlich riskantem und deliktischem Verhalten. «Es ist sehr schwierig, einem Täter den Vorsatz nachzuweisen, unrechtmässig einen wirtschaftlichen Vorteil erzielt zu haben.»
Kennzeichen grosser Wirtschaftsprozesse ist die schiere Aktenflut. Das habe auch damit zu tun, dass es meist um einen «Strauss verschiedener Straftatbestände geht», so Weber – also um Betrug, Untreue, Geldwäscherei oder Bestechung. «Jeder einzelne Straftatbestand muss nachgewiesen werden.»
Immerhin: Dank Digitalisierung und spezialisierter Abteilungen sind die Aktenberge heute einfacher zu durchforsten. Das war früher anders. «Wir mussten noch selber am PC in den elektronischen Akten herumwühlen», erinnert sich Weber.
Ein Überblick über die spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der letzten Jahrzehnte:
Fall Werner K. Rey
Einst wurde er als Finanzgenie gefeiert: Werner K. Rey (78) machte als Unternehmer Milliarden. Dann folgte der Abstieg. Ein Verfahren wegen Betrug und Urkundenfälschung wurde eröffnet und der Milliarden-Pleitier flüchtete auf die Bahamas. Im Inselparadies schien er sicher. Ein Justizskandal. Blick titelte vor 25 Jahren ironisch: «Weiterhin schöne Ferien, Herr Rey!»
Doch mit dem Südsee-Traum war es bald vorbei. Zwei Jahre nach der fetten Schlagzeile folgten die Verhaftung und die Auslieferung an die Schweiz. Und Rey wurde der Prozess gemacht. Das Urteil: vier Jahre Knast plus 4,3 Millionen Franken Verfahrenskosten. Seine Strafe sass er ab. Das Geld allerdings blieb Rey der Schweizer Justiz bis heute schuldig – obwohl der Finanzjongleur heute offenbar wieder lukrative Geschäfte macht.
Swissair-Debakel
Das Swissair-Grounding traf die ganze Schweiz in ihrem Stolz. Die Airline genoss ein blendendes Image. Wegen der vielen Reserven nannte man sie die «fliegende Bank». Mit einer aggressiven Strategie von Zukäufen kleiner Fluggesellschaften wollte die Swissair der erstarkten Konkurrenz im Ausland entgegenhalten. Der Plan scheiterte grandios. Im Oktober 2001 ging der Fluggesellschaft das Geld aus. Es ist bis heute die grösste Firmenpleite der Schweizer Wirtschaftsgeschichte.
2007 standen 19 ehemalige Swissair-Führungskräfte vor Gericht, unter ihnen die Swissair-Chefs Mario Corti (75) und Philippe Bruggisser (73). Der Prozess dauerte anderthalb Monate. Alle Beschuldigten wurden freigesprochen.
Mehr zum Prozess Vincenz:
Zusammenbruch des Erb-Imperiums
Rolf Erb (†65) hatte von seinem Vater Hugo ein verschachteltes Milliardenimperium geerbt. Das Kerngeschäft war der Autoimport. Das verdiente Geld steckte er in Devisengeschäfte. Dabei hatte Erb ein schlechtes Händchen: Er verlochte sehr viel Geld und versteckte den Verlust hinter geschönten Bilanzen. Trotz roter Zahlen kam er so immer wieder an Bankkredite.
2003 brach das Imperium zusammen. Firmensanierer Hans Ziegler übernahm das Ruder – und scheiterte. Hunderte Angestellte verloren ihre Jobs. 2014 wurde Erb wegen gewerbsmässigen Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Bis zu seinem Tod 2017 gelang es ihm, den Haftantritt hinauszuschieben.
Rentenanstalt und Long Term Strategy (LTS)
Fünf Ex-Manager der Rentenanstalt, der heutigen Swiss Life, bereicherten sich durch einen unzulässigen Aktiendeal. Der damalige Finanzchef Dominique Morax hatte eigens für die Rentenanstalt-Spitze ein Beteiligungsvehikel namens Long Term Strategy (LTS) geschaffen.
Im Jahr 2000 bezogen er und die anderen Topmanager LTS-Aktien zu einem zu tiefen Preis. Ein Jahr darauf verkaufte Morax die Aktien mit grossem Gewinn an die Rentenanstalt zurück. Insgesamt sollen sie auf diese Weise 11,5 Millionen verdient haben.
2012 verdonnerte das Zürcher Obergericht die fünf Manager zur Rückzahlung eines Teils des Gewinns.
Sanierer Hans Ziegler
Er hatte den Ruf des «Sanierers der Nation». Hans Ziegler (68) war immer da, wo es etwas zu retten gab. Seine Stationen waren so schillernd wie divers: Erb-Gruppe, Interdiscount, Charles Vögele, OC Oerlikon, Schmolz + Bickenbach. Wo er rettete, wurde Ziegler meist auch gleich zum Verwaltungsrat.
Die Bundesanwaltschaft warf Ziegler vor, vertrauliche Informationen der Firmen für eigene Börsengeschäfte genutzt zu haben. Aus dem Insiderwissen soll Ziegler persönliche Profite von fast zwei Millionen Franken eingefahren haben.
Am Dienstag, 25. Januar, startet im Volkshaus Zürich der Prozess gegen Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65) und seinen Geschäftspartner Beat Stocker (61). Neben den beiden Hauptangeklagten sitzen fünf weitere Personen auf der Anklagebank. Verfolgen Sie den grössten Wirtschaftsprozess der Schweiz seit dem Fall Swissair im Liveticker auf Blick.ch und auf Blick TV. Expertinnen und Experten schätzen die aktuellen Geschehnisse im «Mittagsfokus» im Studio ein, zudem schaltet Blick TV immer wieder zu den Blick-Reportern vor Ort. Am Abend gibt es jeweils eine Zusammenfassung in «Der Tag in 5’».
Am Dienstag, 25. Januar, startet im Volkshaus Zürich der Prozess gegen Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65) und seinen Geschäftspartner Beat Stocker (61). Neben den beiden Hauptangeklagten sitzen fünf weitere Personen auf der Anklagebank. Verfolgen Sie den grössten Wirtschaftsprozess der Schweiz seit dem Fall Swissair im Liveticker auf Blick.ch und auf Blick TV. Expertinnen und Experten schätzen die aktuellen Geschehnisse im «Mittagsfokus» im Studio ein, zudem schaltet Blick TV immer wieder zu den Blick-Reportern vor Ort. Am Abend gibt es jeweils eine Zusammenfassung in «Der Tag in 5’».
Tatsächlich wurde Ziegler vergangenen Sommer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten und einer Busse von 10‘000 Franken verurteilt. Das Gericht sprach ihn unter anderem wegen mehrfacher Verletzung des Geschäftsgeheimnisses schuldig.