Morgen Dienstag wird der gefallene Raiffeisen-König Pierin Vincenz (61) seine erste Woche Haft hinter sich haben. Es dürften noch einige dazukommen: Letzte Woche hat ihn mit Patrik Gisel (55) sein Nachfolger im Chefbüro angezeigt und schwer belastet. Am Freitagabend wurde die U-Haft bestätigt.
Gisel selbst hat gerade eine Grippe hinter sich. Er wird in guter Form sein müssen, um sich im Raiffeisen-Skandal über Wasser zu halten. Denn im Moment fügen sich täglich neue Informationsteilchen zu einem Puzzle zusammen, das in seiner Gesamtheit zuerst die Ermittler der Zürcher Staatsanwaltschaft sehen werden.
Die neusten Puzzleteilchen: Gisel wusste schon 2009 von einer Untersuchung durch den Zürcher Wirtschaftsrechtler Peter Forstmoser (75), welche das verdeckte Zubrot-Geschäft von Vincenz im Fokus hatte. Das schreibt die «Schweiz am Wochenende».
Gisel soll nicht alles gewusst haben
Konkret: 2005 gründete Vincenz mit seinem jetztigen Mitinsassen Beat Stocker (58) mittels eines Strohmannes die Zuger Firma iFinance und kaufte 60 Prozent der Aktien der Software-Firma Commtrain. Diese war damals 2,5 Millionen Franken wert. 2007 wechselte Commtrain wieder den Besitzer. Kaufpreis: sieben Millionen. Heisst: Stocker und Vincenz sahnten ab. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.
Käuferin war die Kreditkartenfirma Aduno, deren Hauptaktionärin die Raiffeisen ist. Präsident von Aduno war darum Pierin Vincenz – eine fragwürdige Doppelrolle. Seinen Aduno-Kollegen sagte er nichts, sondern werkelte an der Übernahme sogar mit.
Gisel soll während Jahren nur gewusst haben, dass der Forstmoser-Bericht existiert. Laut «SonntagsZeitung» wurde er 2016 in die Details eingeweiht. Daraufhin tat er: nichts. Bis letzte Woche, als er Vincenz anzeigte.
War es der Investnet-Deal?
Warum reagierte Gisel lange nicht? Forstmoser hatte in seinem Bericht geurteilt, niemand sei durch Vincenz' doppeltes Spiel geschädigt worden. Die sieben Millionen seien ein fairer Kaufpreis gewesen. Dieses neue Puzzlestück wirft zwar ein schlechtes Licht auf Gisel und Vincenz, bringt aber keinen der beiden zu Fall.
Die Verdachtsmomente gegen Vincenz hätten sich dagegen aus einer zweiten auffälligen Transaktion ergeben, gibt Raiffeisen an. Es ist also ein anderes Puzzlestück – die Öffentlichkeit kennt es noch nicht –, das Vincenz hinter Gitter gebracht hat.
Gisel nannte es am Freitag gegenüber BLICK «verdeckte Treuhandgeschäfte in unseren Beteiligungen». Das beschreibt zwar auch den Commtrain-Deal, bezieht sich aber wahrscheinlich auf die Übernahme der Investment-Firma Investnet, wo Vincenz 2012 mit der gleichen Methode abkassiert haben könnte.
Oder geht es doch um die Bank Wegelin, für welche Raiffeisen 2012 stolze 550 Millionen hinlegte? Klar ist nur: Dieses Puzzlestück entscheidet über Gefängnis oder Freiheit.
Nicht nur Raiffeisen-CEO Patrik Gisel steht wegen der unentdeckten Vincenz-Deals in der Kritik – sondern auch der Verwaltungsrat, der die Manager überwachen sollte. «Er hat nicht wirklich Grossbanken-Kompetenz», sagt Peter V. Kunz (53), Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Bern, im SonntagsBlick. «Man reibt sich die Augen, wenn man sieht, wer da drin sitzt. Wie hätten diese Leute den CEO stoppen sollen?»
VR-Präsident Johannes Rüegg-Stürm (56) verteidigt sich gegen diese Vorwürfe in der «NZZ am Sonntag»: «Um die gegenwärtige Krise zu bewältigen, braucht es nicht primär bankfachliche Kompetenzen. Es geht um die Corporate Governance.»
Zu dieser gehört der Umgang mit problematischen Beziehungen in der Teppichetage: Pierin Vincenz war CEO, seine Frau Nadja Ceregato (48) Chefjuristin. Rüegg-Stürm spricht von einem «kritischen Spannungsverhältnis». «Auf der einen Seite haben Sie diese Paar-Beziehung, auf der anderen Seite ist die Rechtschefin eine Person, die eine hochqualifizierte Arbeit leistet.» Rüegg-Stürm entschied sich darum fürs Nichtstun.
Nicht nur Raiffeisen-CEO Patrik Gisel steht wegen der unentdeckten Vincenz-Deals in der Kritik – sondern auch der Verwaltungsrat, der die Manager überwachen sollte. «Er hat nicht wirklich Grossbanken-Kompetenz», sagt Peter V. Kunz (53), Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Bern, im SonntagsBlick. «Man reibt sich die Augen, wenn man sieht, wer da drin sitzt. Wie hätten diese Leute den CEO stoppen sollen?»
VR-Präsident Johannes Rüegg-Stürm (56) verteidigt sich gegen diese Vorwürfe in der «NZZ am Sonntag»: «Um die gegenwärtige Krise zu bewältigen, braucht es nicht primär bankfachliche Kompetenzen. Es geht um die Corporate Governance.»
Zu dieser gehört der Umgang mit problematischen Beziehungen in der Teppichetage: Pierin Vincenz war CEO, seine Frau Nadja Ceregato (48) Chefjuristin. Rüegg-Stürm spricht von einem «kritischen Spannungsverhältnis». «Auf der einen Seite haben Sie diese Paar-Beziehung, auf der anderen Seite ist die Rechtschefin eine Person, die eine hochqualifizierte Arbeit leistet.» Rüegg-Stürm entschied sich darum fürs Nichtstun.