Grosse Übersicht über die wichtigsten Währungen der Welt
Die Geheimnisse des globalen Geldes

Der Franken stellt den Yen in den Schatten, das Pfund rafft sich auf, und der totgesagte Dollar lebt länger als gedacht. Die Geschichte zu den wichtigsten Währungen der Welt, wie sich der Devisenmarkt aktuell präsentiert und was du dazu wissen musst.
Publiziert: 09.08.2024 um 11:33 Uhr
Seit der Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944 ist der Dollar die globale Leitwährung. Wie geht es weiter?
Foto: imago
Peter Rohner
Peter Rohner
Handelszeitung

Wechselkurse sind eine wacklige Sache. Daran erinnern uns die immer gleichen Sätze am Ende der Nachrichten: Der Euro notiert zu so und so viel Rappen, der Dollar zu so viel. Manchmal sind die Bewegungen zum Vorteil, manchmal zum Nachteil. Japan-Reisen sind wegen der akuten Yen-Schwäche deutlich billiger geworden. Dafür lohnt sich der Shoppingtrip nach London weniger als auch schon, seit das Pfund wieder stärker ist. Für Unternehmen können starke Wechselkursschwankungen an die Existenz gehen.

Das Auf und Ab von Euro, Dollar und Co. gehört zum Alltag. Es ist das Resultat des Marktes, auf dem sich Käufer und Verkäuferinnen finden. Doch das war nicht immer so. In der Geschichte des Geldes waren Wechselkurse über weite Strecken hoheitlich fixiert.

Flexible Wechselkurse als Ventil

Was viele schon vergessen haben oder nie wussten: Auch der Franken war dreissig Jahre lang, bis in die Siebzigerjahre, fix zum Dollar gebunden, zu einem Kurs von 4,30 Dollar. Die damalige Weltwährungsordnung wurde im Sommer 1944 an der Konferenz im US-Kurort Bretton Woods festgelegt, um einen ruinösen Abwertungswettlauf wie in den 1930er-Jahren zu verhindern. Alle beteiligten Länder knüpften ihre Währung an den Dollar, der mit Gold gedeckt war.

Die Delegierten aus Russland (M. S. Stepanow), Grossbritannien (John Maynard Keynes) und Jugoslawien (Wladimir Rybar) debattieren an der Konferenz in Bretton Woods.
Foto: Keystone

Noch 1971 hielt der damalige Präsident der Schweizer Nationalbank, Fritz Leutwiler, flexible Wechselkurse für schlichtweg «utopisch». Doch dann änderten sich die Bedingungen: US-Präsident Richard Nixon schloss das Gold-Fenster, womit die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold faktisch aufgehoben wurde.

Im Januar 1973 verkündete der Schweizer Finanzminister Nello Celio, dass die Nationalbank keine Dollar mehr zur Stabilisierung des Kurses kaufen werde. Damit liess die Schweiz als erstes Land ihre Währung «floaten». Offiziell wurde das Bretton-Woods-System fester Wechselkurse im April 1973 aufgelöst.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Zu den einflussreichsten Verfechtern und Verfechterinnen flexibler Wechselkurse gehörte der Monetarist Milton Friedman. In der Theorie versprach das System viele Vorteile: Die Wechselkurse gleichen die Geldmengen- und Inflationsunterschiede aus, Handelsbilanzen werden automatisch korrigiert, weil sich die Währung der Überschussländer durch die Zusatznachfrage aufwertet und umgekehrt. 

Interveniert wird noch immer

Doch in der Praxis sorgte die neue Freiheit immer wieder für Probleme, weil die Auf- und Abwertungsbewegungen viel stärker waren als vorgesehen. Erst stürzte der Dollar ab. Dann war er in den Achtzigern so stark, dass sich die führenden Wirtschaftsnationen in den Plaza- und Louvre-Abkommen auf Interventionen einigten. Auch die Schaffung der Europäischen Währungsunion war für die Teilnehmerländer eine Form der Rückkehr zu festen Wechselkursen.

Auch heute noch sind zahlreiche Währungen nicht frei handelbar und mehr oder weniger eng an den Dollar, den Euro oder an einen Korb aus wichtigen Währungen gebunden. Allen voran der chinesische Renminbi, dessen Kurs an einem Währungskorb ausgerichtet ist. Hongkong und die Golfstaaten haben ihre Währungen an den Dollar gebunden. Dänemark, Bulgarien und weitere Balkanstaaten an den Euro.

Doch freie Kapitalmärkte und flexible Wechselkurse sind in den westlichen Industrieländern die Regel. Und damit auch heftige Fluktuationen. 2022 wertete sich der Dollar stark auf. Auch der Franken ist in Form. Doch die dramatischste Wende betrifft den japanischen Yen. Dafür fängt sich das britische Pfund. Das und mehr zeigt der Blick auf die sechs Hauptwährungen achtzig Jahre nach Bretton Woods, geordnet nach der Performance 2024:

Das britische Pfund: Tiefpunkt überwunden

Die Geschichte des Pfund Sterling ist eine Geschichte des Niedergangs. Bis zum Zweiten Weltkrieg war es die globale Leitwährung – und Abbild der britischen Vorherrschaft. Auf der Konferenz in Bretton Woods wurde der Wechselkurs auf 4,03 Dollar fixiert, dann ging es nur noch bergab. 1948 fand die erste Abwertung auf 2,80 Dollar statt. Nach dem Ende von Bretton Woods hat das Pfund nochmals erheblich an Wert eingebüsst und ist heute nur noch 1,30 Dollar wert. Zum Franken ist der Zerfall noch eindrücklicher: Seit dem Zweiten Weltkrieg ist der Pfundkurs von rund 17 auf 1,20 Franken gefallen – minus 93 Prozent.

Doch just im achtzigsten Jubiläumsjahr der Bretton-Woods-Konferenz feiert das Pfund ein kleines Comeback. Es ist im laufenden Jahr eine der stärksten Währungen. Gut 7 Prozent hat sich das «Cable» seit letztem Herbst aufgewertet, wie der Pfund-Dollar-Kurs seit Bestehen der Tiefseekabelverbindung zwischen London und New York auch genannt wird. Zum Franken ist das Pfund von 1,07 auf zwischenzeitlich 1,16 Franken gestiegen.

Hinter dem Erfolg steht eine straffe Geldpolitik mit entsprechend hohen Realzinsen: Der Leitzins sitzt bei 5 Prozent, bei einer Inflationsrate von 2 Prozent. Wachstumsmässig sieht es auch nicht schlecht aus: Die Stimmung bei den Unternehmen und den Konsumentinnen und Konsumenten hat sich in den letzten Monaten aufgehellt. Die Hoffnung ist gross, dass mit der neu gewählten Labour-Regierung von Keir Starmer nach Jahren des Chaos eine gewisse politische Stabilität einkehrt.

Eine richtige Hartwährung und eine Alternative zum Franken ist das Pfund deswegen aber noch lange nicht. Denn es fehlt ihm die Grundvoraussetzung für eine starke Währung: eine gesunde, positive Aussenbilanz. Wie die USA lebt auch Grossbritannien als Ganzes chronisch auf Pump und importiert viel mehr, als es produziert und exportiert – mit dem Unterschied, dass das britische Pfund nicht mehr die Leitwährung und der Kapitalmarkt für ausländische Investoren nicht so attraktiv ist wie der US-amerikanische. Dadurch ist die britische Währung auf die Launen der ausländischen Kapitalgeber angewiesen und einem stetigen Abwertungsdruck ausgesetzt.

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Der Dollar: Totgesagte leben länger

Gegen den Dollar ist kein Kraut gewachsen. Er ist die globale Leitwährung seit achtzig Jahren, Krisen hin oder her. Weder der Euro noch die chinesische Landeswährung Yuan können ihm das Wasser reichen. Er bleibt die mit Abstand wichtigste Transaktions-, Handels- und Reservewährung. Fast 60 Prozent der weltweiten Devisenreserven werden in Dollar gehalten, 20 Prozent in Euro, weniger als 3 Prozent in Yuan. Auch die Bestrebungen von Ländern wie Russland, China oder der Türkei, von der Dollar-Abhängigkeit loszukommen, haben seinem Status als dominante Reservewährung nicht gross geschadet.

Diesen verdankte er der starken US-Wirtschaft mit ihrem riesigen, hoch liquiden Kapitalmarkt: Schliesslich werden Dollar-Reserven nicht in Cash gehalten, sondern in Wertpapieren.

Als «exorbitantes Privileg» bezeichnete der ehemalige französische Premier Valérie Giscard d’Estaing einst den Vorteil der USA, in der eigenen Währung international einkaufen zu können. Es erlaubt, die notorischen Handelsdefizite auszugleichen und sich zu günstigen Bedingungen im Ausland zu verschulden.

Da der Dollar die Leitwährung ist, haben auch die Entscheidungen der US-Notenbank weitreichende Konsequenzen. Währungsräume wie Hongkong oder die Golfstaaten übernehmen durch die Dollar-Anbindung die Geldpolitik der Amerikaner eins zu eins, auch wenn die Inflationsdynamik eine andere ist. Schwellenländer sind ebenfalls vom Fed abhängig: Öffnet die US-Zentralbank die Schleusen, werden sie mit Kapital überschwemmt, die lokalen Währungen werten sich auf. Umgekehrt droht eine Abwertungsspirale, wenn das Fed die Zinsen erhöht und das renditesuchende Kapital zurück in die USA fliesst. Im jüngsten Zinserhöhungszyklus war dieser Effekt geringer als sonst, weil die Inflation ein globales Phänomen war und auch die Schwellenländer an der Zinsschraube drehten.

Gemessen am Index mit den wichtigsten Handelswährungen hat der Dollar im Oktober 2022 einen Höhepunkt nahe dem Niveau von 2001 erreicht. Seither aber ist nicht mehr viel los und kein Trend erkennbar. Der künftige Kurs hängt davon ab, welche Notenbank als nächste die Zinspolitik ändert und was die neue US-Regierung nächstes Jahr mit der Wirtschaft vorhat. Donald Trump will zwar Amerika gross machen, nicht aber den Dollar. Schon seine letzte Amtszeit war von einem schwächeren Greenback geprägt.

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Der Yuan: ausserhalb Chinas irrelevant

Trotz Chinas wirtschaftlichem Aufstieg ist die Volkswährung Renminbi weit davon entfernt, eine führende internationale Rolle zu spielen. Aus der vor Jahren angestrebten Internationalisierung des Yuan, wie die wichtigste Einheit des Renminbi heisst, ist nicht viel geworden: Zwar wird unterdessen rund die Hälfte aller grenzüberschreitenden Transaktionen mit chinesischer Beteiligung in Yuan abgewickelt. Aber ausserhalb Chinas nutzt den Yuan fast niemand. Sein Anteil am internationalen Zahlungsverkehr liegt bei 3 Prozent.

Auch als Reservewährung spielt der Yuan kaum eine Rolle. Er macht nicht einmal 3 Prozent aller weltweiten Devisenreserven aus. Der Anteil nimmt sogar seit 2022 wieder ab. Es spiegelt die Zurückhaltung im Ausland, in China zu investieren, und den Kapitalabfluss aus den lokalen Anleihe- und Aktienmärkten.

Die Beschränkungen des Kapitalverkehrs stehen einer Internationalisierung des Yuan im Weg. «Damit die chinesische Währung international an Bedeutung gewinnt, müssen die Leute den Yuan halten wollen», sagt der in Peking lehrende Finanzprofessor Michael Pettis. Das geschehe, wenn sie jederzeit Geld ins Land bringen und auch wieder abziehen könnten – so, wie es heute in den USA der Fall sei.

Doch Kapitalverkehrskontrollen sind nötig, wenn ein Land gleichzeitig die Hoheit über die Zinspolitik und einen festen Wechselkurs behalten will. Lange Zeit war der Renminbi fix an den Dollar gebunden, seit 2005 ist er etwas freier und orientiert sich an einem Korb wichtiger Währungen. In der Erholung nach der Finanzkrise 2008 galt der Yuan als unterbewertet: Indem es Berge von Devisen anhäufte, hielt China den Yuan-Wert tief und schaffte sich Wettbewerbsvorteile.

Das Bild hat sich aber unterdessen gedreht: Seit es China wirtschaftlich nicht mehr so gut läuft und Kapital das Land verlassen will, ist der Yuan unter Abwertungsdruck. Mit einem Kurs von 7,14 Yuan pro Dollar ist der Yuan schwächer als noch vor zehn Jahren. Entsprechend geschrumpft sind auch die Ambitionen, den Yuan zu internationalisieren.

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Der Euro: Ein Patient wird erwachsen

Mehr als zwanzig Jahre sind es her, seit Pfennige und Mille-Lire-Scheine verschwunden sind. 1999 wurde der Euro als Buchwährung eingeführt. Drei Jahre später begann die grösste Bargeldumstellung der Geschichte. Seither haben sich acht weitere Länder dem Währungsverbund angeschlossen. Nach Höhen und Tiefen ist der Kurs zum Dollar heute wieder etwa auf dem Niveau der Euro-Geburtsstunde. Eine Konkurrenz zum Dollar ist der Euro nicht geworden. Aber er ist klar die Nummer zwei.

Aus ökonomischer Sicht ist das ein kleines Wunder. Denn der Euro – ein politisches Projekt zur besseren Integration – weist erhebliche Konstruktionsmängel auf, die erst in den schwierigen Tagen der Euro-Schuldenkrise richtig zum Vorschein kamen.

Nur schon der Währungsraum ist eher suboptimal; zu verschieden sind die Volkswirtschaften und ihre Konjunkturzyklen, als dass die Geldpolitik für alle passend wäre. Im Boom der Nullerjahre etwa war die Frankfurter Zinspolitik für die Peripherieländer zu expansiv, was dort die Schuldenexzesse befeuerte.

Auch die Annahme, dass allein die Schuldenregeln und die disziplinierende Wirkung der Märkte genügen, um die Verschuldung einzudämmen, entpuppte sich als Fehler. Vielmehr führte das System in der Krise in einen Teufelskreis aus steigenden Marktzinsen und Bonitätsproblemen. Es fehlte eine glaubwürdige, rettende Instanz, die in der Not die Liquiditäts-und Solvenzprobleme der verschuldeten Staaten entschärfen konnte – bis die EZB 2012 unter Mario Draghi diese Rolle übernahm und das Mandat so auslegte, dass auch unbeschränkte Anleihenkäufe möglich waren.

Kleine Fortschritte wurden in der Bankenregulierung erzielt: Seit 2014 werden die Grossbanken auch von der EZB überwacht, und es gibt einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus. Eine Fiskalunion und so etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa hingegen sind in weiter Ferne. Zwar wurden während Corona zum ersten Mal auch gemeinschaftliche Schulden aufgenommen, aber weder eine europäische Einkommenssteuer zwecks Finanzausgleichs noch eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung haben politisch eine Chance.

Das Euro-Gebilde bleibt daher fragil und ist auf Schönwetter und die Feuerkraft der EZB angewiesen. Wenn es ruhig ist, neigt der Euro zur Aufwertung. Ziehen Wolken auf, wie aktuell mit der wackligen Regierung in Paris, spiegelt sich das zuerst in einem schwächeren Wechselkurs.

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Der Franken: schwer zu kontrollierendes Kraftpaket

Seit der Franken vom Bretton-Woods-Korsett befreit wurde, ist er stärker und stärker geworden. Ausnahmen sind die Abwertungsphasen in der Rezession der 1990er-Jahre und in der von Sorgen befreiten globalen Hochkonjunktur vor der Finanzkrise 2008.

Kopfzerbrechen bereiteten den Währungshütern aber vielmehr die Phasen der Aufwertung. Vor allem wenn sie schnell vonstattenging und auch real war, das heisst, nicht nur die Inflationsdifferenz ausgleichend. So wie während der Euro-Schuldenkrise. Damals war die Fluchtbewegung in den sicheren Franken so stark, dass der Euro-Franken-Kurs in wenigen Wochen von 1,30 auf 1,03 krachte. Für die Exportwirtschaft ein Riesenproblem. Unter dem damaligen Präsidenten Philipp Hildebrand zog die SNB die Reissleine und setzte einen Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken fest. Diesen verteidigte sie mit massiven Stützungskäufen am Devisenmarkt.

Die SNB hatte damit Erfahrung. Bereits Ende der 1970er-Jahre griff die Schweiz zu einem Mindestkurs. 1978 legte der Franken zum Dollar in wenigen Monaten 30 Prozent zu, und als auch Kapitalflusskontrollen nicht halfen, legte die Nationalbank einen Zielkurs zur Deutschen Mark fest und intervenierte entsprechend.

Den Euro-Mindestkurs hob Hildebrands Nachfolger Thomas Jordan 2015 wieder auf, als der Druck zu gross geworden war, in Anbetracht der angekündigten Anleihenkaufoffensive der EZB. Die Kehrseite davon waren Negativzinsen und anhaltende Deviseninterventionen, um die Aufwertung im Rahmen zu halten.

Die stetige Franken-Aufwertung der letzten Jahre hingegen bedarf keiner drastischen Gegenmassnahme. Denn sie ist fast nur nomineller Natur und gleicht die Inflationsdifferenz zum Ausland aus. Für Schweizer Touristinnen und Touristen in Italien ist der Wechselkurs zwar besser geworden, aber auch die Pizzapreise sind gestiegen. Der reale Franken-Wechselkurs ist deshalb seit Jahren recht stabil.

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Der japanische Yen: historischer Kollaps

Diesen Juni verzeichnete Japan einen neuen Touristenrekord: 3,1 Millionen ausländische Gäste haben die Einreisekontrollen passiert, 50 Prozent mehr als im vergangenen Juni und 136’000 mehr als im bisher besten Monat im Jahr 2019. Wegen der akuten Yen-Schwäche bei gleichzeitig tiefer Inflation kosten Ferien heuer für Europäerinnen und Amerikaner einen Drittel weniger als vor fünf Jahren.

Die historische Abwertung des Yens ist ein weiteres Kapitel in der turbulenten Wirtschaftsgeschichte Japans. Diese war in der Nachkriegszeit geprägt von einem Produktivitäts- und Entwicklungsschub. Japan war auf dem Weg zur führenden Wirtschaftsmacht. Bis 1990 die Immobilien- und Aktienblase platzte und Japan in ein verlorenes Jahrzehnt stürzte, mit einer langen Rezession und fallenden Preisen. Investiert wurde vorwiegend im Ausland, was der Leistungsbilanz noch jahrelang Überschüsse bescherte und den Yen stärkte.

Auch die Nullerjahre waren von Stagnation und Deflation geprägt. Der Yen wurde zum Inbegriff einer sicheren Währung – zwar ohne Zins, aber bei Krisen so verlässlich wie der Franken. Verschiedene Regierungen und Notenbankchefs versuchten vergeblich, die Deflation und das Hartwährungselend zu überwinden. Zuletzt war das Shinzo Abe gelungen, der mit seiner Abenomics-Politik eine Abwertung des Yens erreichte, die aber nur von kurzer Dauer war.

Gewendet hat sich das Blatt erst mit der weltweiten Inflationskrise nach Corona, auf die die Zentralbanken unisono mit scharfen Zinserhöhungen reagierten. Doch in Japan war der Inflationsdruck geringer und willkommen. Die Zinsen wurden nur minimal auf unterdessen 0,25 Prozent angehoben.

Der riesige Zinsnachteil hat dem Yen massiv zugesetzt. Sein Ruf als sicherer Hafen hat stark gelitten, die Handelsbilanz ist längst ins Defizit gekippt. Mittlerweile sind die Abflüsse und der Druck auf die Währung so gross, dass die Notenbank sogar dagegen interveniert – auch das war bis vor kurzem unvorstellbar. Gerüchte darüber und die zweite kleine Zinserhöhung haben die Situation nun etwas stabilisiert.

Der Yen-Kollaps ist zwar gut für den lokalen Tourismus und die Börse, verteuert aber die Importe. Und auch für die Schweiz ist es ein Problem: Denn nun ist der Franken die einzige sichere Tiefzinswährung. Trotz der kräftigen Erholung seit Mitte Juli zweifeln die Experten und Expertinnen an einer Rückkehr zur alten Yen-Stärke, weil Japan nach wie vor unter chronisch tiefen Wachstumsraten leidet und sich die Staatsschulden mit jedem Jahr noch höher türmen.

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