Gopfried Stutz
Wenn der Steuervogt zuschlägt

Erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner sind selber schuld, wenn sie in eine (zu) hohe Steuerprogression geraten. Sie könnten die AHV-Rente aufschieben.
Publiziert: 03.06.2023 um 11:22 Uhr
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Wer über das Pensionsalter hinaus arbeitet, gerät oft in eine hohe Steuerprogression.
Foto: Getty Images
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Viel ist derzeit von Steuererleichterungen für erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner die Rede. Keine Frage: Manche der Ü65 sind topfit und wären nicht abgeneigt, zumindest in Teilzeit noch einer Arbeit nachzugehen. Und da es in der Schweiz an Arbeitskräften fehlt, müsste es doch im allgemeinen Interesse sein, die Erwerbsquote der Ü65 zu steigern.

Das Problem: Bei der Berechnung der Steuern werden Renten und Erwerbseinkommen zusammengezählt. Und so geraten erwerbswillige Rentnerinnen und Rentner in eine hohe Steuerprogression und zahlen so viele Steuern wie nie zuvor.

Nun könnte man sagen, massgebend sei nicht die Höhe der Steuerschuld. Relevant sei vielmehr der Betrag, der unter dem Strich übrig bleibt. Das ist objektiv sicher richtig. Subjektiv stört halt die saftige Steuerrechnung trotzdem.

Nun muss man aber wissen, dass Rentnerinnen und Rentner zum Teil selber schuld sind, wenn sie in eine hohe Steuerprogression geraten. Sie könnten die AHV aufschieben, also sie erst mit 66, 67 oder gar mit 70 beziehen.

Erstaunlicherweise machen nur wenige davon Gebrauch. Dabei liesse sich damit die Rente markant aufbessern. Wer die AHV erst mit 70 bezieht, erhält lebenslänglich 31,5 Prozent mehr Rente. Statt zum Beispiel 2400 Franken gibts 3156 Franken – Monat für Monat 756 Franken mehr.

Mit der Pensionskassenrente ist es etwas schwieriger. Viele Arbeitgeber bieten einen Aufschub gar nicht an oder nur zu lausigen Bedingungen.

Nun gibts halt Schlaumeier, die gerne ausrechnen, wie lange sie leben müssten, damit sie bei einem Aufschub insgesamt mehr AHV-Rente erhalten. Sie müssten recht alt werden, was ganz viele gemäss Umfragen eigentlich gar nicht wollen.

Wer zum Beispiel mit 80 stirbt, fährt mit dem Aufschub der AHV-Rente schlechter, wird also über all die Jahre weniger Rente bezogen haben als beim Bezug mit Alter 65.

Who cares? Ist das wirklich die Frage, die ich mir im Sterbebett stelle? Interessiert es mich mit 80, ob sich der Bezug mit 65 oder mit 70 finanziell ausbezahlt hat? Oder geht es vielmehr darum, sich in den Jahren 65 bis 70 nicht über eine zu hohe Steuerlast ärgern zu müssen und sich ab 70 über eine höhere AHV-Rente freuen zu können?

Das Gesagte gilt nur bis 70. Dann ist endgültig Schluss, obschon es auch in dieser Altersgruppe topfitte Leute gibt, zu denen sich auch der Gopfried Stutz mit Jahrgang 1953 zählen möchte. Doch die über 70-Jährigen können weder die 1. Säule noch die 2. Säule aufschieben, noch können sie weiter in die Säule 3a einzahlen und damit die Steuerprogression brechen.

Die politische Botschaft kann nur eines heissen: Die Ü70 sollen abtreten. «Danke schön», bleibt dem Gopfried Stutz zu sagen. Er wird sich das zu Herzen nehmen.

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