Gopfried Stutz
Dürrenmatt und die Banken

Wie Friedrich Dürrenmatt das Bankwesen niederschrieb – und heute ein Ex-Banker die Dürrenmatt-Stiftung präsidiert.
Publiziert: 09.01.2021 um 14:42 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2021 um 15:56 Uhr
Claude Chatelain, Publizist und Wirtschaftsjournalist.
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Eine Bankierfamilie aus der Schweiz macht illegale Geschäfte. Sie hilft vermögenden Kunden, ihre Steuern zu hinterziehen. Auch Aktienschwindel und Bilanzfälschen gehören zum Kerngeschäft. Es ist eine wohlhabende Familie, die das Schurkenimperium mit niederträchtigen Tricks aufgebaut hat. Dies genügt ihr aber nicht. Sie will reich sein. Doch diese Hehlerei ist einigen Mitwissern nicht entgangen. Das ist gefährlich. Im Tresorraum gibts Mord und Totschlag.

Kennern von Friedrich Dürrenmatt kommt diese Geschichte bekannt vor. Und weil der grossartige Dramatiker am 5. Januar 100 Jahre alt geworden wäre, will ich hier seiner gedenken und auf ein weniger bekanntes Stück aufmerksam machen, das thematisch bestens zum «Gopfried Stutz» passt.

«Frank der Fünfte, Oper einer Privatbank» heisst die Komödie, die 1959 im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt und später vom Autor mehrmals umgearbeitet wurde. Wie würde er sie heute schreiben, wenn der vor 30 Jahren verstorbene Dramatiker sie nochmals zuspitzen könnte? In einem Filmporträt, welches das Schweizer Fernsehen am vergangenen Sonntag ausstrahlte, sagte Dürrenmatt: «Was die Bühne auch an Unwirklichkeiten erfindet, die Wirklichkeit überholt sie.» Wie wahr.

Und so singen Bankbesitzer und Angestellte im Chor:

«Was wir schieben und erraffen / Was erpressen wir und schaffen / Morden, prellen und betrügen / Wuchern, stehlen, hehlen, lügen / Tun wir nur, weil wir es müssen / Möchten Gutes tun. Doch eben / Wollen wir im Wohlstand leben / Müssen wir Geschäfte machen.»

Doch etwas anderes trieft fast vor Hohn. Der Präsident der Charlotte-Kerr-Dürrenmatt-Stiftung heisst Roland von Büren. Auch er ein Banker, dem Wohlstand nicht genügte, der reich sein wollte: Von 1997 bis 2009 präsidierte der Professor der Rechtswissenschaften an der Uni Bern den Verwaltungsrat der Berner Regionalbank Valiant. In diese Zeit fiel ein höchst umstrittenes Optionsprogramm. 2018 kassierte das 15-köpfige Gremium mit dem Verkauf von Optionen 25 Millionen Franken in bar. Später konnten sich die Valiant-Banker ein zweites Mal bereichern, als von Büren den Verwaltungsrat schon verlassen hatte, aber immer noch Optionen im Wert von 1,7 Millionen Franken besass. «Es war zwar rechtlich korrekt aufgezogen», kommentierte die Berner Tageszeitung «Bund» später, «aber es stiess vielen sauer auf, dass die obersten Chefs einer Regionalbank zusätzlich zu ihrem Lohn dank Optionen Millionengewinne einstreichen konnten.»

Hinterher mussten dann auf Druck der Finanzmarktaufsicht (Finma) einige der Verantwortlichen den Sessel räumen, nachdem der Börsenkurs der Valiant-Aktie um über die Hälfte eingebrochen war.

«Ist es auch ein ernstes Stück, ein bierernstes ist es nicht», sagte Dürrenmatt über seine Bankensatire. Bierernst ist aber die eben genannte Personalie.

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