Greenpeace schlug kürzlich Alarm. Laut einer Auftragsstudie der Umweltorganisation stiessen Privatjets der WEF-Teilnehmer während der letztjährigen WEF-Woche 9700 Tonnen CO₂ aus – das entspricht den wöchentlichen Emissionen von 350'000 Autos. Auch im interkontinentalen Ferienreiseverkehr geht wieder die Post ab. Thailand will bereits im Jahr 2027 rund 80 Millionen Touristen im Jahr empfangen. Das wäre eine Verdoppelung der Touristenzahl, die 2019 (im letzten Jahr vor der Pandemie) empfangen wurde. Alle guten Vorsätze hinsichtlich eines nachhaltigeren Tourismus werden offenbar in den Wind geschlagen. Einer, der dezidiert dagegen ankämpft, ist nach eigenen Angaben André Lüthi (61), CEO der Globetrotter Group mit Sitz in Bern.
Blick: André Lüthi, kaum darf man wieder frei reisen, setzt die Reisebranche erneut voll auf Wachstum. Wo bleibt der Klimaschutz?
André Lüthi: Tatsächlich haben einige Akteure keine Lehren aus der Corona-Krise gezogen. Es gibt aber ein neues Bewusstsein: Die Sozialverträglichkeit des Reisens und der Klimawandel stehen für immer mehr Reisende im Mittelpunkt. Während der Pandemie hat man über das Reiseverhalten nachgedacht.
Wird das Reisen nicht dank technologischem Fortschritt sauberer, so dass es Wachstum verkraftet?
Wachstum kann nur verkraftet werden, wenn auch die Emissionen zurückgehen. Die Flugzeugbauer und viele andere Industrien haben diesbezüglich in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Aber für sauberere Mobilität braucht es noch mehr Entwicklung, mehr Forschung, neue Technologien. Das kostet Geld. Wer soll das bezahlen?
Sagen Sie es uns.
Es muss jetzt eine CO₂-Abgabe beim Fliegen her. Diese Gelder sind dann vollumfänglich für die Forschung und Entwicklung von noch umweltverträglicheren Mobilitäts-Technologien einzusetzen.
Das revidierte CO₂-Gesetz, in dem eine solche Abgabe vorgesehen war, wurde am 13. Juni 2021 von der Schweizer Stimmbevölkerung abgelehnt!
Weil das Geld nicht 1:1 in den Klimaschutz investiert worden wäre. Ansonsten wäre die Abstimmung aus meiner Sicht angenommen worden.
Wenn die Reisenden umweltbewusster sind, können sie über bestehende Instrumente freiwillig CO₂ kompensieren. Warum also eine neue Steuer verlangen?
Es braucht strengere Massnahmen als eine freiwillige Kompensation. Zum einen wird diese viel zu wenig genutzt. Zum anderen bin ich kein Fan dieses «Ablasshandels». Er ändert das Konsumverhalten nicht, sondern beseitigt Gewissensbisse, indem irgendwo auf der Welt zu einer Besserung beigetragen wird. Was genau gemacht wird, kümmert niemanden. Viele Kompensationsprojekte wurden bereits wieder stillgelegt. Immerhin: Das Kompensieren sensibilisiert uns für die Thematik. Und von wegen Steuern: Jeder bezahlt problemlos eine Flughafentaxe, eine Sicherheitstaxe, einen Treibstoffzuschlag. Warum wird ein Beitrag fürs Klima nicht akzeptiert?
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Dann gehen Sie doch mit gutem Beispiel voran. Führt Globetrotter jetzt eine CO₂-Abgabe ein?
Nein, das kann kein Alleingang sein. Am besten wäre eine globale Einführung. Das wird schwierig. Vielleicht können wir einen kleinen Beitrag leisten, indem wir weniger kurze Städtetrips mit Billigflügen propagieren, dafür ein bis zwei lange Reisen im Jahr.
Dann wird aber weniger gereist.
Ja und nein. Wir haben nach der Pandemie 2022 unseren Umsatz verdreifacht. Dieses Wachstum verlief nicht parallel zur Zunahme der Passagiere. Das heisst: Es wurde nicht dreimal mehr gereist – aber dafür mehr ausgegeben. Zudem sind die Preise auch angestiegen, allein die Flugpreise seit 2019 um 30 Prozent. Das ist der Weg. Reisen kann man nicht verbieten. Aber wir können bewusster reisen.
Wenn Reisen teurer wird, können sich viele keine Ferien mehr leisten.
Das sehe ich nicht so. Früher kostete Reisen auch mehr. Da musste man sparen und hat sich auf die Reise gefreut. Und ist nicht mit dem Sackgeld für zwei Tage nach Mallorca. Generell gilt: Wir müssen unser Konsumverhalten überdenken – nicht nur beim Reisen.
Der Chef der Globetrotter Group hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. André Lüthi ist ursprünglich gelernter Bäcker/Konditor. Doch nach der Lehre zog es den Berner in die Ferne. Danach schaffte er den Einstieg in die Reisebranche, stieg vom Sachbearbeiter zum Mitbesitzer und Präsidenten von Globetrotter auf, dem grössten unabhängigen Reiseanbieter in der Schweiz. Lüthi war über 45-mal im Himalaja, mit dem Kanu in Alaska und auf diversen Berggipfeln in Russland und Südamerika. Lüthi ist im Vorstand des Schweizerischen Reiseverbands und vertrat während Corona die Interessen der Branche gegenüber Bundesrat und Gesellschaft.
Der Chef der Globetrotter Group hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. André Lüthi ist ursprünglich gelernter Bäcker/Konditor. Doch nach der Lehre zog es den Berner in die Ferne. Danach schaffte er den Einstieg in die Reisebranche, stieg vom Sachbearbeiter zum Mitbesitzer und Präsidenten von Globetrotter auf, dem grössten unabhängigen Reiseanbieter in der Schweiz. Lüthi war über 45-mal im Himalaja, mit dem Kanu in Alaska und auf diversen Berggipfeln in Russland und Südamerika. Lüthi ist im Vorstand des Schweizerischen Reiseverbands und vertrat während Corona die Interessen der Branche gegenüber Bundesrat und Gesellschaft.