Die Schweizer Support-Plattform Mila hat sich einiges vorgenommen. Wer die Firma nicht kennt: Mila bringt Hilfesuchende und Technikexperten zusammen. Wer ein Problem mit seinem Fernseher, Computer oder Modem hat, bekommt über die Plattform einen Amateur oder Profi vermittelt. Mit diesem Geschäftsmodell wollte Mila-CEO Chris Viatte die Welt erobern. Nun ist der Traum vorbei.
Die Dienstleistungsplattform mit Sitz in Zürich hat ihre Techteams am Donnerstag über die Einrichtung eins Notfall-Wartungsfensters informiert. Kurze Zeit später erschien auf der Firmenhomepage die Hiobsbotschaft: «Mila stellt den Betrieb ein.» «Schweren Herzens geben wir die offizielle Schliessung von Mila bekannt.»
«Unvorhergesehene Herausforderungen»
Als Gründe werden «das globale Wirtschaftsklima der Rezession und unvorhergesehene Herausforderungen» angeführt. Bei Blick meldet sich ein ratloser Techniker, der über die Plattform gearbeitet hat. Was geschieht mit offenen Bezahlungen für geleistete Arbeiten? Und was mit offenen Aufträgen? Die Fragen bleiben offen. Die Firma ist für Blick nicht erreichbar.
Auch bei den Geschäftspartnern von Mila sorgt die Schliessung für Ärger. Schliesslich können diese ihren Techniksupport teilweise nicht mehr in der üblichen Qualität leisten.
Dabei hatte die Firma als Tochter-Gesellschaft von Swisscom im Jahr 2016 verheissungsvoll begonnen. Die Swisscom hatte damals mit der flächendeckenden Umstellung von der analogen Telefonie und ISDN auf All-IP einen gewaltigen Bedarf an Technikern. Mit dem Aufbau einer Nebenerwerbsplattform konnte sie die Umstellung im gewünschten Tempo vorantreiben.
Schweizer Firma in Fussstapfen von Uber und Amazon
Die Plattform stiess auf Anklang. Mila gewann weitere Geschäftspartner wie Interdiscount, Lumimart, Otto.de, Amazon.de, Brack oder Bosch. Die Mila-Techniker waren plötzlich auch in Deutschland, Frankreich oder England im Einsatz. Doch die Swisscom blieb der Hauptkunde – und ihr Support-Bedarf nahm stark ab. Auch, weil neuere Modem-Geräte viel einfacher zu installieren sind.
Doch Mila gewann neue Kunden. Im Oktober 2020 zählte die Firma rund 30 Supportkunden in ganz Europa.
Eine Plattformökonomie made in Switzerland, wo doch sonst alle Start-ups in diesem Bereich wie Uber oder Amazon aus dem Ausland kommen. Doch wie bei den grossen Vorbildern flammte auch bei Mila Kritik auf: Die freischaffenden Techniker monierten die zu tiefen Entschädigungen: Zudem müssten sie das volle Risiko tragen, wenn ein Auftrag nicht ausgeführt werden könne.
Das plötzliche Aus
Die Swisscom verkaufte ihre Anteile im Oktober 2020 an Mila-CEO Chris Viatte sowie eine Gruppe von schweizerischen und amerikanischen Risikokapitalgebern aus dem Silicon Valley.
Mit den Amis im Rücken sollte Mila nun richtig durchstarten. In Deutschland erlebte die Firma 2021 nach eigenen Angaben ein Wachstum von 300 Prozent. Zudem konnten Europaweit zahlreiche neue Markenpartner dazugewonnen werden. Auch Google und Logitech zählten zum Kundenportfolio. Im Sommer 2022 waren auf der Support-Plattfrom rund 11'000 Fachkräfte aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Grossbritannien und Frankreich registriert.
Noch im November 2022 twitterte CEO Viatte ein Zitat von sich: «Mila ist der europaweite Marktführer für Tech-Support auf Abruf.» Man sei für ein explosives Wachstum positioniert, schliesslich würde ein Durchschnittshaushalt in wenigen Jahren mehr als 50 miteinander verbundene technischen Geräte zählen. Jetzt musste er den Stecker ziehen.