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Französische Grossaktionäre sind sauer
Wollte Macron die Credit Suisse übernehmen?

Der Konflikt zwischen CS-Präsident Urs Rohner und CEO Tidjane Thiam ist entschieden. Dahinter aber gewinnt ein Machtkampf ganz anderer Grössenordnung an Konturen. Wollte der französische Finanzplatz die Credit Suisse übernehmen?
Publiziert: 08.02.2020 um 23:42 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2020 um 08:58 Uhr
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Nach dem Abgang von CS-CEO Tidjane Thiam (57) zeichnen sich die Konturen eines geopolitischen Ringens um die Credit Suisse ab.
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Danny Schlumpf

Mit dem Abgang von CEO Tidjane Thiam (57) ist der Konflikt zwischen der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat der Credit Suisse unter Präsident Urs Rohner (60) entschieden. Dahinter aber gewinnt ein Machtkampf ganz anderer Grössenordnung an Konturen. Der Beschattungsskandal, der zu Thiams Sturz führte, liess diese Auseinandersetzung eskalieren: «Es geht um die Übernahme der Credit Suisse durch den französischen Finanzplatz», sagt Ökonom und Publizist Gian Trepp (72).

Wieso Frankreich? Viele CS-Aktionäre haben nur kleine Anteile. 13 internationale Finanzgesellschaften aber besitzen rund 45 Prozent der CS-Aktien, unter ihnen die Staatsfonds von Katar und Norwegen, die saudische Olayan und der Vermögensverwalter Blackrock. Die meisten Aktien aber hält die US-Investmentfirma Harris Associates: über acht Prozent.

Deren Vizepräsident David Herro (58) hat sich in den letzten Wochen zum Schattenpräsidenten der CS hochposaunt und den angeschossenen CEO Thiam auf Biegen und Brechen verteidigt.
Warum hängt der Amerikaner so sehr am bisherigen CEO? «Bedenkt man, dass Harris Associates dem noch grösseren französischen Vermögensverwalter Natixis Global Asset Management gehört, hat die ganze Geschichte auch eine politische Dimension», meint Ex-Bankenprofessor Martin Janssen (70): Der Asset-Management-Riese Natixis gehört zur BPCE, der zweitgrössten französischen Bankengruppe. Und BPCE-Chef François Pérol ist ein guter Freund von Emmanuel Macron. Frankreichs Präsident fürchtet um den europäischen Finanzplatz, der zunehmend von US-amerikanischen Banken dominiert wird. Bislang ist es Macron nicht gelungen, im kriselnden europäischen Bankensektor einen dominanten Player zu etablieren.

Franzosen haben klare Ambitionen

«Thiam hätte aus der Credit Suisse diesen Player formen sollen», sagt der Ökonom und Publizist Gian Trepp. Thiam sei der perfekte Link: Inhaber der französischen Staatsbürgerschaft, eng verbandelt mit der Pariser Finanzwelt und dem politischen Establishment. Macron zählt ebenso zu seinen Freunden wie Christine Lagarde (64), die Präsidentin der Europäischen Zentralbank.
Bis 2015 stand die Credit Suisse unter amerikanischem Einfluss. Doch als Thiam 2015 zur CS kam, brachte er seine Leute vom britischen Versicherer Prudential mit, unter ihnen Pierre-Olivier Bouée (48), den Absolventen einer französischen Eliteschule und ehemaligen Beamten im französischen Finanzministerium.

Trepp: «Diese Truppe läutete den Kulturwechsel in der CS ein: weg von der amerikanischen Businesskultur, hin zu einem französischen Feudalsystem.» Es war diese Kultur, welche die Angestellten der CS von Anfang an irritierte. Thiam war der einzige CEO weit und breit, der im eigenen Unternehmen mit Bodyguards herumlief.

«Nach dem Brexit positionieren sich die Finanzplätze London, Paris und Frankfurt neu», sagt Trepp. «Die Franzosen haben klare Ambitionen und kaufen sich immer stärker bei der CS ein. Sie drängen in den Frankenraum.» Die Schweiz bietet ein stabiles wirtschaftliches und politisches Umfeld. Und: Die Schweizer Banken sind «too big to fail». Sollten sie schlingern, springt der Staat ein.

«Der Präsident sollte zurücktreten.»

Entsprechend viel Druck setzte David Herro auf, als der Beschattungsskandal um Iqbal Khan (43) aufflog. Herro wollte Thiam um jeden Preis retten. Der Ökonom Mathias Binswanger (57): «Es ist letztlich ein Zeichen der Schwäche der Bank, wenn sich diese von Grossaktionären wie Harris Associates unter Druck setzen lassen kann. Wäre sie in einer starken Posi- tion, müsste sie deren Aktienverkäufe nicht fürchten.»

Am Freitag setzte Herro nach. Er gab dem Medienunternehmen Bloomberg ein Interview, in dem er Rohner als «schwachen Präsidenten» bezeichnete und seine Forderung wiederholte: «Der Präsident sollte zurücktreten.» Man werde sehen, ob Rohner die nächste Generalversammlung im März «überlebt», drohte Herro.

Er wird alles daransetzen, den Verwaltungsratspräsidenten doch noch zu stürzen.

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