Muss er bald selber gehen?
Jetzt spricht CS-Präsident Urs Rohner über Thiam-Knall

Tidjane Thiam muss seinen Chefposten räumen. Der Beschattungsskandal wurde ihm zum Verhängnis. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner gleiste die Entlassung auf. Damit könnte er sich selbst in Schwierigkeiten bringen.
Publiziert: 08.02.2020 um 13:28 Uhr
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Aktualisiert: 08.02.2020 um 16:37 Uhr
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Tidjane Thiam stolpert über die Beschattungsaffäre rund um Iqbal Khan und räumt seinen Posten.
Foto: keystone-sda.ch

Eine filmreife Verfolgungsjagd im Zürcher Stadtzentrum letzten September gipfelte gestern in der Entlassung des Credit Suisse-Chefs Tidjane Thiam (57). Die Beschattungsaffäre um Ex-CS-Banker Iqbal Khan (43) und Personalchef Peter Goerke (56) stellte die Glaubwürdigkeit der Grossbank in Frage.

Und zwar so stark, dass der Verwaltungsrat am Donnerstagabend Thiam in die Wüste schickte. Für die Bank sei es wichtig, wieder eine Beruhigung herbeizuführen, sagt Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (60) im Interview mit der «Schweiz am Wochenende». «Es hat sich gezeigt, dass dies mit dem bisherigen CEO nicht mehr möglich sein würde.»

Neuer Chef stärkt Schweizer Wurzeln

Auch wenn Thiam von der Überwachung nichts gewusst haben soll: Er trage für jegliche geschäftliche Aktivitäten die Verantwortung, sagt Rohner. Angesichts des Reputationsverlustes sei es unumgänglich, dass Tidjane Thiam nun die Bank verlässt.

Wieso man so lange zugewartet hat? «Von einem so erfolgreichen CEO trennt man sich nicht vorschnell», erklärt Rohner. Auch die seriöse Aufarbeitung des Überwachungsskandals habe Zeit gekostet.

Thiams engster Mitarbeiter, die ehemalige Nummer zwei der Credit Suisse Pierre-Olivier Bouée (48), soll die Beschattung angeordnet haben. Dass der Franko-Ivorer nichts davon wusste, ist höchst umstritten. Rohner aber bekräftig, sich an Fakten aus den Untersuchungsergebnissen zu halten. «Diese waren klar: Der CEO war nicht in die Observation involviert.»

Schweizer Wurzeln

Verwaltungsratspräsident Rohner will das Vertrauen in die Bank wiederherstellen. Der neue Mann, der es richten soll heisst Thomas Gottstein (55). Der passionierte Golfspieler wird der erste Schweizer CS-Chef seit 17 Jahren.

Man habe ihn nicht wegen seines Passes sondern seinen Fähigkeiten ausgewählt, sagt Rohner. Aber: «Dass er Schweizer ist, ist gewiss kein Nachteil. Wir sind eine Bank mit Sitz und Wurzeln in der Schweiz.»

Gottstein kümmerte sich bisher um die vermögendsten Kunden der Bank. Er leitet die Schweizer Universalbank, der wichtigste Gewinnlieferant der Credit Suisse. Ex-CS-Chef Oswald Grübel (76) sagt im Gespräch mit BLICK: «Gottstein ist der richtige Mann für die CS. Das sollte für ihn kein Problem sein.»

Rohner hat keine Angst vor einer Abwahl

Urs Rohner, Strippenzieher von Thiams Entlassung, könnte die ganze Angelegenheit selbst den Kopf kosten. Das US-Fondshaus Harris Associates, grösster Aktionär der Bank, stellte sich gegen die Entlassung Thiams. Sie stufte eine mögliche Absetzung als «schrecklichen Fehler» ein. Möglich, dass Harris Associates Rohner als Verwaltungsratspräsidenten jetzt in Frage stellt.

An der Generalversammlung im Frühling könnte es also zum Showdown kommen. Rohner gibt sich selbstsicher: «Ich habe keine Hinweise darauf, dass meine Wiederwahl gefährdet sein könnte.» Angst vor einer Abwahl habe er darum nicht. «Der Verwaltungsrat hat einstimmig getan, was er als das Beste für die Credit Suisse erachte.»

Keine Abfindung, aber Millionensalär

Damit meint Rohner die Freistellung von Tidjane Thiam. Obwohl unter ihm geschäftlich vieles rund lief. Er setzte die beschlossenen Strategien um. In einem äusserst schwierigen Umfeld restrukturierte Thiam die Bank. Und das immer erfolgreich, wie Rohner im Interview mehrmals betonte.

Trotzdem musste der Chef den Hut nehmen. Weil die CS ihre Glaubwürdigkeit wieder herstellen will. Eine Abgangsentschädigung kriegt Thiam nicht. Aber er wird mit seinem Millionensalär noch sechs Monate auf der Lohnliste stehen. Wer weiss, wie lange es auch Urs Rohner sein wird. (gif)

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