Franken wird schwächer
Was Reisende jetzt über die Wechselkurse wissen müssen

Der Franken hat sich gegenüber vieler bedeutender Währungen abgewertet. Mit Blick auf die Ferien sind aber einige Destinationen interessant.
Publiziert: 08.07.2024 um 11:26 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2024 um 13:21 Uhr
Der schwächere Franken macht skandinavische Länder wie Schweden als Reiseziel attraktiv.
Foto: Getty Images
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Thomas Marti
Handelszeitung

Seit Jahresbeginn hat sich der Schweizer Franken zu neun der zehn Hauptwährungen der G10-Staaten abgewertet – einzig die japanische Valuta entwickelte sich noch schwächer als die hiesige Währung. Die geringsten Kursverluste verzeichnete der Franken gegenüber der norwegischen Krone (–3,3 Prozent) und der schwedischen Krone (–3,4 Prozent). Am stärksten legten das britische Pfund (+6,5 Prozent), der amerikanische Dollar (+6,1 Prozent) und der australische Dollar (+5,5 Prozent) zu.

Die Kursverluste des Frankens in den letzten sechs Monaten sind aber weiterhin nur einen Tropfen auf den heissen Stein. Im Fünf- oder Zehnjahresvergleich ist die hiesige Währung noch immer eine der härtesten Währungen der Welt. Auf zehn Jahre hat der Franken den Spitzenplatz in der G10-Gruppe aber an

amerikanischen Dollar abgeben müssen. Der Greenback legte in diesem Zeitraum zum Franken um 1,65 Prozent zu.

Ein Segen für Schweizer Investoren

Der etwas schwächere Franken ist für Schweizer Investoren mit US-Aktienengagement ein Segen. Die kumulierten Totalerträge in Schweizer Franken lassen sich sehen – darin sind die Aktienkursgewinne, Dividendenauszahlungen sowie die Währungsveränderung enthalten. Der Gesamtertrag im ersten Halbjahr beläuft sich beim Dow Jones Index auf 3,6 Prozent, beim S&P 500 Index auf 24,7 Prozent und Nasdaq gar auf 31,4 Prozent.

Am Beispiel Japan zeigt sich auf der anderen Seite, wie Währungsverluste positive Kursgewinne an den Aktienmärkten deutlich schmälern können. Der führende japanische Börsenindex Nikkei ist in den letzten zwei Jahren in Lokalwährung um 59 Prozent gestiegen. In Schweizer Franken umgerechnet resultiert nur ein Ertrag von 25 Prozent.

Wesentlich besser entwickelten sich die Börse in Istanbul und in Buenos Aires, obwohl die Verluste dieser zwei Währungspaare zum Franken enorm sind. Der türkische Borsa Istanbul Index stieg innert zweier Jahre um 357 Prozent – in Schweizer Franken beträgt das Plus 119 Prozent. Ein veritables Kursfeuerwerk zündete die argentinische Börse, der Merval Index stieg in 24 Monaten um 1650 Prozent. In Schweizer Franken resultierte eine Rendite von 130 Prozent.

Frankenstärke hält langfristig an

Trotz der Kursverluste, die primär auf die zwei Zinssenkungen der Schweizer Nationalbank (SNB) zurückzuführen sind, wird der Franken mittel- und langfristig von den starken Fundamentaldaten angetrieben. Die tiefe Staatsverschuldung, eine niedrige Inflation, eine stabile Demokratie, politisch klare Verhältnisse, hoher Lebensstandard, effiziente und innovative Industrie- und Dienstleistungssektoren und eine konservative Zentralbank sind die Faktoren, die die Stärke der hiesigen Valuta ausmachen.

Fundamental schwache Währungen folgen ebenfalls langfristigen, makroökonomischen Trends. Typische Wirtschaftskennzahlen von Ländern mit einer schwachen Währung sind hohe Inflationsraten, enorme Staatsverschuldung oder auch ein rekordhohes Handelsbilanzdefizit. Unter den Ländern mit einer schwachen Währung über die letzten zwölf Monate fallen der argentinische Peso zum Franken mit einem Wertverlust von 71 Prozent, die türkische Lira (–19 Prozent), der brasilianische Real (–14,8 Prozent) oder der chilenische Peso (–14,3 Prozent) auf.

Wie schwierig es für ein Land ist, aus der negativen Währungsspirale auszubrechen, zeigt sich an der Türkei. Seit Jahresbeginn versucht das Land die rekordhohe Inflation von 75 Prozent mit massiven Zinsanhebungen unter Kontrolle zu bringen. Parallel dazu haben türkische Wirtschaftspolitiker schrittweise versucht, weiche Kapitalkontrollen und Beschränkungen für Devisentransaktionen abzubauen, um die türkischen Märkte wieder in die internationale Ordnung zu integrieren.

Diese Massnahmen haben aber nicht zu einer stabileren Währung geführt. Vielmehr hat der Devisenmarkt in diesem Szenario begonnen, ein realeres Volatilitätsmuster aufzuweisen, mit grösseren Intraday-Schwankungen. Das grundlegende Problem bestätigt sich hier einmal mehr, wonach der faire Wert trotz weitreichender Massnahmen noch nicht erreicht wurde, schreibt der Devisenexperte Tatha Goshe von der Commerzbank in einem Kommentar am Montag.

Druck auf türkische Lira hält an

Die Inflationskontrolle ist bisher nicht erfolgreich, weshalb sich der Devisenmarkt von dem weithin erwarteten Rückgang der Inflationsraten im Jahresvergleich nicht täuschen lasse. Andere Inflationsmasse – beispielsweise die Lebenshaltungskosten in Istanbul – verzeichnen eine um gut zehn Prozentpunkte höhere Inflationsrate als der offizielle Verbraucherpreisindex.

Nicht zuletzt ist die Abwertung der Lira selbst weiterhin ein inflationsfördernder Faktor. Deshalb gebe es nur eine Möglichkeit, um die türkische Währung zu stabilisieren: «Wir betonen, dass die Frage – was letztlich nötig ist, um die Inflation und den Wechselkurs zu stabilisieren –, mit der Lockerung weiterer Kapitalkontrollen wieder an Bedeutung gewinnen wird», so der Währungsexperte der Commerzbank. Der Druck auf die türkische Lira dürfte demnach weiter anhalten.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.

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Diese Feriendestinationen sind interessant

Mit Blick auf die anstehende Feriensaison stechen gemäss Bloomberg-Daten sowohl Neuseeland, Grossbritannien und die USA gemessen an der Kaufkraftparität als verhältnismässig teuer hervor. Deutlich attraktiver sind Australien, die Eurozone, die skandinavischen Länder, Kanada und Japan.

Wie «günstig» Down Under derzeit ist, lässt sich an den Kommentaren von australischen Touristen nach deren Europa-Reisen ablesen. So klagte eine Australierin gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg nach einer vierwöchigen Reise durch Grossbritannien, Italien und Griechenland über die exorbitanten Preise. «Es war definitiv teuer, überall», so die Reisende. Die Menüpreise scheinen dieselben wie in Australien zu sein, kosteten aber fast das Doppelte. In Griechenland kostete ein Cocktail 20 Euro, also etwa 40 australische Dollar.

Die wichtigste Währung für Schweizer Ferienreisende bleibt der Euro. Dieser notiert bei 0.96 Franken in etwa auf dem Niveau vom Sommer 2023. Mit einem deutlich stärkeren oder schwächeren Euro ist vorerst nicht zu rechnen. Einerseits hinkt die Europäische Zentralbank (EZB) der SNB im Zinssenkungszyklus hinterher. Andererseits dürfte SNB bemüht sein, den Franken nicht zu stark werden zu lassen. Die Raiffeisenbank erwartet gemäss ihrer Währungsprognose vom Mittwoch auf Jahresfrist einen Kurs von 0.95 Franken. Die Zürcher Kantonalbank will kurzfristig einen Vorstoss bis zur Parität nicht ausschliessen, sieht die europäische Valuta in zwölf Monaten aber ebenfalls bei 0.95 Franken.

Deutschland liegt im Mittelfeld

Stellt sich noch die Frage, welche europäischen Länder aufgrund der Kaufkraftparität am günstigsten respektive am teuersten sind. Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat im Dezember letzten Jahres die Zahlen von Eurostat neu zusammengetragen. Die Kaufkraftparitäten stellt dabei die Kaufkraft der Landeswährung der verschiedenen Länder dar. In ihrer einfachsten Form sind Kaufkraftparitäten Preisverhältnisse für ein identisches Produkt in zwei oder mehr Ländern in den jeweiligen Landeswährungen.

Kostet zum Beispiel ein Kilo Äpfel der Marke Granny Smith mit 1-A-Qualität in Frankreich zwei Euro und in der Schweiz fünf Franken, so beträgt die Kaufkraftparität in der Schweiz im Vergleich zu Frankreich 2.50 Franken zu einem Euro. Diese einfachen Preisverhältnisse werden dann über grössere Produktgruppen zum Bruttoinlandsprodukt aggregiert, schreibt das BFS weiter.

Italien ist gemäss dieser Berechnung mit einer Kaufkraftparität von 1.01 Franken pro Euro bei den Individual-Konsumgütern am besten aufgestellt, gefolgt von Frankreich mit 1.07 Franken pro Euro. Deutschland liegt im Mittelfeld mit 1.09 Franken pro Euro, gefolgt vom «teuren» Österreich mit 1.16 Franken pro Euro.

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