Bei Anruf Herausgabe des Mailverkehrs: Das war die bislang gängige Praxis bei der Swisscom. Hat sich eine Staatsanwaltschaft beim grössten inländischen Mail-Anbieter gemeldet und in einem Verfahren die Herausgabe einer gesamten Mailbox verlangt, landete alle privaten Mails bei den Untersuchungsbehörden – ohne richterliche Verfügung.
Das heisst, auch intimste Details landen bei der Staatsanwaltschaft, obwohl diese vielleicht gar nichts mit der Untersuchung zu tun haben. Niemand prüft, ob die Erzählung von Ferienerlebnissen, der Austausch mit der Freundin oder dem Freund oder die Anfragen bei der Arxtpraxis wirklich relevant sind für die Strafuntersuchung.
Das soll sich bei der Swisscom nun ändern. Sie will bei Anfragen der Staatsanwaltschaft von sich aus eine Versiegelung prüfen. Sprecher Sepp Huber bestätigte einen entsprechenden Bericht der «NZZ am Sonntag». Mit dem Schritt will der Telekomanbieter die Rechte der Kunden besser schützen.
Dutzende Fälle pro Jahr
Zwar können auch die Inhaber von E-Mail-Konten eine Versiegelung beantragen. In einem solchen Fall dürfen die Staatsanwälte die versiegelten Inhalte nicht verwenden, es sei denn, ein Zwangsmassnahmengericht entscheidet anders. Doch meist wissen die Betroffenen gar nicht, dass die Staatsanwaltschaft gegen sie ermittelt und die Herausgabe ihrer Mails erreichen will.
Wie viele staatsanwaltschaftliche Verfügungen zur Überstellung des E-Mail-Verkehrs die Swisscom erfüllt, wollte Huber nicht sagen. Die Branche geht gemäss der Zeitung von weniger als einem Dutzend Fällen pro Jahr aus.
Die Frage der leichten Herausgabe von E-Mail-Daten an Staatsanwaltschaften erhielt durch den Fall von Bundesrat Alain Bersets ehemaligem Mediensprecher Peter Lauener neue Brisanz. (SDA/koh)