Wenn es abends festlich wird, wenn sich jemand in netter Gesellschaft in einem Restaurant verwöhnen lässt und zum Schluss zufrieden mit dem Service ist: Dann ist die Wahrscheinlichkeit in der Schweiz am höchsten, dass dem Personal ein Trinkgeld spendiert wird, das schreibt die Bank Cler in einer Medienmitteilung.
«Es ist spannend zu beobachten, wie sich die Kultur des Trinkgeldgebens entwickelt. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede im menschlichen Verhalten», stellt Samuel Meyer (42), CEO der Bank Cler, fest, wenn er die neueste Studie über die Motivation von Menschen in der Schweiz beim Trinkgeldgeben interpretiert. Was auffällt: Junge Menschen sind weniger grosszügig, Welsche zurückhaltender als Deutschschweizer, Männer emotionaler, alle grundsätzlich ehrlich und die Gesellschaft steckt in einem digitalen Dilemma.
Gastronomen profitieren am ehesten
Wer gibt wo «fast immer» ein Trinkgeld? Die Studie sagt: Wer in der Gastronomie im Service arbeitet, hat die grössten Chancen auf ein saftiges Trinkgeld. Immerhin 62 Prozent der Befragten geben an, im Restaurant immer ein Trinkgeld zu geben. 23 Prozent tun es «ab und zu».
Auch sechs von zehn Menschen, die in einem Kosmetik- oder Coiffeure-Salon arbeiten, dürfen hoffen: 37 Prozent erhalten «immer» einen Obolus, 22 Prozent «ab und an», vier von zehn gehen leer aus. Unerklärlich: Gegenüber Fachkräften in der Hotelbranche, Angestellten von Lieferdiensten, Taxiunternehmen, in der Bar oder Diskothek und Mitarbeitenden im Reparatur- und Montageservice nimmt die Grosszügigkeit ab.
Junge und Romands sind weniger grosszügig
Bloss: Was motiviert uns, Trinkgeld zu geben? Wenig überraschend wollen 83 Prozent der Befragten damit «ihre Wertschätzung und Zufriedenheit mit dem Service» ausdrücken. Dem Bank-Cler-CEO stechen andere Motivationen ins Auge: «Immerhin jeder Dritte gibt Trinkgeld aus Tradition und nochmals jeder Dritte tut dies, um das Einkommen des doch meist nicht sehr hoch salarierten Personals aufzubessern.»
Männer und Frauen – mal anders, mal gleich
Die Studie untersuchte auch, welche sozialen Normen und verborgenen Beweggründe das Geben von Trinkgeld beeinflussen. Auf Geschäftskosten lässt es sich lockerer spendieren als aus der eigenen Tasche, mögen viele denken. Stimmt nicht! «Schweizerinnen und Schweizer sind ehrliche Menschen», freut sich Meyer. Nur gerade 6 Prozent geben an, bei Geschäftsspesen mehr Trinkgeld zu geben, bei sechs von zehn hat es keinen Einfluss, drei von zehn sind privat gar grosszügiger.
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Die Männer, so die Studie, handeln beim Trinkgeld emotionaler. Vor allem bei attraktivem Servicepersonal reagieren sie häufiger (56 Prozent) mit einem höherem Zustupf als Frauen (34 Prozent). Gemeinsam ist den Geschlechtern, dass sie bei unattraktiver und ungepflegter Bedienung die Höhe des Trinkgeldes reduzieren. «Oft geht es auch um den guten Eindruck», fällt Bank-Cler-CEO Meyer auf. «Beim Trinkgeld geben zeigen sich deutliche Unterschiede im menschlichen Verhalten.»
Das digitale Dilemma im Ausgang
In der Schweiz besteht keine Pflicht, Trinkgeld zu geben. Umso interessanter ist es, aus der Studie zu erfahren, wie viel Trinkgeld die Leute dennoch geben. «Die 10-Prozent-Regel, die viele aus dem Ausland kennen, ist hierzulande keine Norm», erläutert Meyer. 60 Prozent der Befragten geben bei Rechnungen ab 10 Franken aufwärts an, auf einen Betrag «aufzurunden».
Samuel Meyer stellt zudem ein kleines digitales Dilemma rund ums Trinkgeldgeben 2023 fest: «Wer bar bezahlt, belohnt das Servicepersonal grosszügiger mit einer Aufrundung.» Die Studie zeigt nämlich: Die Menschen geben lieber Trinkgeld in bar (57 Prozent) als mit der Karte (10 Prozent).
Viele Spendierende glauben, dass ihr monetäres Dankeschön nur so bei der richtigen Person ankommt (70 Prozent). Obwohl also das Bezahlen mit Karte oder Handy immer beliebter wird, finden es 45 Prozent der Befragten besser, ein paar Banknoten auf den Tisch zu legen und zu sagen: «Danke, das passt so.»