Extra-Dosen landen im Abfall
Schweiz verschwendet Tausende Corona-Impfungen

Eigentlich hätte die Schweiz schon Tausende Corona-Impfungen mehr verabreichen können, würde man das Maximum ausschöpfen. Doch die Ärzte fürchten sich vor Klagen. Und die Behörden schieben die Verantwortung ab.
Publiziert: 10.03.2021 um 12:25 Uhr
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Aktualisiert: 14.03.2021 um 10:30 Uhr
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Die Schweiz hinkt anderen Ländern in Sachen Corona-Impfungen hinterher.
Foto: keystone-sda.ch

Corona-Impfstoffe gehören derzeit zu den gesundheitlich wertvollsten Güter der Schweiz. Doch leider sind die Dosen von Pfizer/Biontech und Moderna hierzulande noch viel zu selten. Der Grund: Lieferengpässe im Februar. Die Schweiz hinkt Ländern wie Grossbritannien, Amerika oder Israel hinterher.

Klar also, dass jede einzelne Impfung zählt – oder etwa doch nicht? Wie «20 Minuten» am Mittwoch berichtet, landen Tausende Corona-Impfungen hierzulande im Abfall. Geübtes Personal könnte demnach aus einem Impfstoff-Fläschchen mehr Dosen ziehen als offiziell vorgesehen. Doch aus rechtlichen Gründen werden die Extra-Dosen in der Schweiz oft weggeworfen.

Pro Ampulle wären bis zu zwei Dosen mehr möglich

Der Hintergrund: Forscher haben weltweit geprüft, wie viele Impfdosen aus einer Pfizer- und Moderna-Ampulle tatsächlich zu gewinnen sind. Die Hersteller rechnen nämlich immer eine Sicherheitsmarge ein. Mit einer speziellen Technik und langen Nadeln ist es ihnen gelungen, das Maximum auszuschöpfen.

Konkret: Bei einer Pfizer-Ampulle sind sieben statt sechs Impfdosen möglich. Bei Moderna liegen sogar zwölf statt zehn Dosen drin.

«Die Möglichkeit, unter Umständen solche zusätzlichen Dosen zu ziehen, ist bekannt», sagt Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, gegenüber der Zeitung. Eine Umfrage bei der Kantonsärzteschaft habe ergeben, dass auch das entsprechende Material verfügbar wäre.

Swissmedic und BAG drücken sich

In der Schweiz werden die Zusatzdosen in der Regel trotzdem nicht verabreicht. Die Ärzte fürchten sich vor Klagen, wenn sie nicht genau die Zulassung einhalten. «Deshalb kann man nicht einfach frei entscheiden, wie viele Impfdosen man aus einem Fläschchen gewinnen will», so Hauri.

Die Behörden drücken sich vor der Verantwortung. Swissmedic teilt mit, dass man als Zulassungsbehörde keine gesetzliche Grundlage habe, die Arzneimittelinformationen anzupassen. Und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sieht die Verantwortung bei den Kantonen und den Fachpersonen.

Kanton Bern verimpft Extra-Dosen

Doch bislang verzichtet man in der Schweiz auf die Extra-Dosen. Die Ausnahme ist der Kanton Bern. Dieser hat in Impfzentren bereits die optimale Entnahme geübt.

In einer Anleitung des Kantons wird detailliert beschrieben, wie zusätzliche Dosen aus den Fläschchen gezogen werden können. «Da Covid-19-Impfstoffe knapp sind, soll der verfügbare Impfstoff optimal ausgenutzt werden», heisst es darin.

Amerika macht es vor

Im Ausland gehen die Behörden pragmatischer vor. Die US-Arzneimittelbehörde FDA teilte schon im Dezember mit, dass man jede einzelne Dosis verabreichen soll. Auch im österreichischen Bundesland Steiermark oder im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen werden Extra-Dosen verimpft. (nim)


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