Rustikale Holzstühle, mattgrün gemusterte Sofas in abgenutzter Optik und Schwarzweissfotos an den Wänden: Wer das Restaurant Outback Lodge beim Bahnhof Stadelhofen in Zürich betritt, wähnt sich auf einer Reise in die Vergangenheit. Dabei spielt hier die Zukunftsmusik.
Bei der Familie Wiesner Gastronomie hat Bargeld ausgedient. Gäste dürfen nun seit dem 11. Dezember in allen über 30 Restaurants der Gastro-Kette nur noch bargeldlos bezahlen. Daniel (40) und Manuel Wiesner (37) haben den Familienbetrieb 2020 in Co-Leitung übernommen. Manuel Wiesner ist gemeinsam mit seinem Bruder für Strategie und (digitale) Innovation verantwortlich.
Am Tisch der Outback Lodge liegt sein Laptop mit allen Zahlen und Statistiken immer griffbereit. Gastgeber Jörn Haupt (49) leitet die Outback Lodge in Stadelhofen. Er holt sich noch letzte Informationen vom Servicepersonal, nimmt dann neben Manuel Wiesner Platz.
Blick: Haben Sie als Firmenchefs noch Bargeld dabei?
Jörn Haupt: Ich zahle praktisch alles mit Karte. Meiner Nichte twinte ich zum Weihnachtsgeschenk tatsächlich etwas Geld. Trotzdem habe ich immer 100 bis 150 Franken als Notfallgroschen dabei.
Manuel Wiesner: Ich bin seit 2020 ganz ohne Portemonnaie unterwegs und zahle alles mit dem Handy. Für Notfälle steckt in meiner Handyhülle eine 50er-Note.
Was sagen die Gäste in der Outback Lodge zu Ihrer Umstellung auf bargeldlosen Zahlungsverkehr?
Haupt: Vor der Einführung kündigten ein paar Stammgäste an, nicht mehr vorbeizukommen. Sie besuchen aber weiterhin gerne das Outback.
Und was ist mit Gästen, die in der Abschaffung des Bargeldes eine Weltverschwörung wittern, bei der ein totaler Überwachungsstaat eingerichtet wird?
Haupt: Bisher hatten wir nur einen solchen Kunden. Aber wenn wir ehrlich sind, geben viele von uns in den sozialen Medien deutlich mehr preis als bei einer Kartenzahlung. Das grösste Risiko ist da wohl, wenn der Partner oder die Partnerin daheim auf den Kontoauszug schaut. Ein Abendessen mit der Affäre ist bei uns heikler geworden. (lacht)
Einige könnten Ihre Lokale aus Trotz meiden, ohne dass Sie das mitkriegen. Wie hat sich der Umsatz entwickelt?
Wiesner: Da sehen wir wegen des bargeldlosen Betriebs überhaupt keine negativen Auswirkungen. In der zweiten Jahreshälfte spürt man in der Gastronomie generell einen leichten Rückgang. Unsere Umsatzzahlen liegen derzeit aber nur geringfügig unter dem sehr guten Vorjahr.
Was machen Sie, wenn ein Gast bestellt, isst und dann keine Karte dabei hat?
Haupt: Das kam am Anfang ein paar Mal vor. In diesen Fällen habe ich mit meiner Karte bezahlt und das Bargeld entgegengenommen. Beim nächsten Mal hatten sie die Karte dann dabei. Wir haben auch überall, beispielsweise auf den Speisekarten, angeschrieben, dass wir kein Bargeld mehr annehmen.
In der Schweizer Bevölkerung sind viele der Überzeugung, dass Unternehmen Bargeld annehmen müssen. Doch das ist falsch. Im Bundesgesetz steht zwar, dass Schweizer Banknoten unbeschränkt als Zahlungsmittel akzeptiert werden müssen. Dabei handelt es sich jedoch um ein dispositives Recht. Das heisst: Privatfirmen können die Regelung anpassen, insofern sie ihren Kundinnen und Kunden im Voraus klar kommunizieren, dass sie nur elektronische Zahlungsmittel annehmen. Müssten Unternehmen Bargeld in jedem Fall akzeptieren, wäre dies ein Eingriff in die Vertrags- und Wirtschaftsfreiheit. Der Betrieb der Infrastruktur für die Annahme von Bargeld kann mit der Bereitstellung von Wechselgeld, Kassen, Sicherheitsdispositiv sowie der Bargeldversorgung und -Einzahlung erhebliche Kosten verursachen. Unternehmen dürfen folglich Kosten und Nutzen abwägen und sich für einen bargeldlosen Betrieb entscheiden. (smt)
In der Schweizer Bevölkerung sind viele der Überzeugung, dass Unternehmen Bargeld annehmen müssen. Doch das ist falsch. Im Bundesgesetz steht zwar, dass Schweizer Banknoten unbeschränkt als Zahlungsmittel akzeptiert werden müssen. Dabei handelt es sich jedoch um ein dispositives Recht. Das heisst: Privatfirmen können die Regelung anpassen, insofern sie ihren Kundinnen und Kunden im Voraus klar kommunizieren, dass sie nur elektronische Zahlungsmittel annehmen. Müssten Unternehmen Bargeld in jedem Fall akzeptieren, wäre dies ein Eingriff in die Vertrags- und Wirtschaftsfreiheit. Der Betrieb der Infrastruktur für die Annahme von Bargeld kann mit der Bereitstellung von Wechselgeld, Kassen, Sicherheitsdispositiv sowie der Bargeldversorgung und -Einzahlung erhebliche Kosten verursachen. Unternehmen dürfen folglich Kosten und Nutzen abwägen und sich für einen bargeldlosen Betrieb entscheiden. (smt)
Bei Bargeld rundet man rasch auf. Verlieren die Angestellten wegen der Kartenzahlungen Trinkgeld?
Haupt: Das Personal hat am Anfang befürchtet, dass es weniger Trinkgeld erhält. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen aber, dass die Gäste sogar leicht mehr Trinkgeld geben.
Wie erklären Sie sich das?
Wiesner: Die Angestellten haben mehr Zeit für den Service. Wir haben vor einiger Zeit auch den Bezahlprozess vereinfacht. Am mühsamsten beim Restaurantbesuch ist, wenn die Gäste kurz nach dem Mittagessen zurück zur Arbeit wollen und im vollen Restaurant länger auf die Rechnung warten müssen. Unsere Gäste können den QR-Code-Würfel auf dem Tisch scannen und mit dem Handy bezahlen. Das erspart dem Personal und den Gästen Zeit. Und auch hier sehen wir bisher keine negativen Folgen fürs Trinkgeld.
Wie viel Geld sparen Sie durch den bargeldlosen Betrieb ein?
Wiesner: Wir schätzen, dass wir pro Monat rund 50'000 Franken sparen. 2022 zahlten bei uns bereits über 95 Prozent der Gäste digital. Bei diesem Verhältnis stimmten Aufwand und Ertrag beim Bargeld nicht mehr überein. Beispielsweise müssen wir jetzt nicht mehr allen Serviceangestellten täglich einen Kassastock zur Verfügung stellen. Das spart Zeit und Geld. Die Einsparungen waren aber nie unsere Hauptmotivation.
Die Familie Wiesner Gastronomie (FWG) zählt mit 35 Restaurants und Take-Away sowie Delivery-Standorten zu den grössten Gastro-Ketten in der Schweiz. Zu FWG gehören unter anderem die Negishi Sushibar, das Miss Miu, das Nooch Asian Kitchen, das Outback Lodge und der Burgerladen The Butcher – verteilt in Zürich, Winterthur, Bern, Luzern, Zug und Basel. Die Kette beschäftigt knapp 1000 Mitarbeitende und will weiter wachsen. Die Zahl von 50 Standorten gilt als «realistisches» Ziel. So will FWG jährlich zwischen zwei und fünf Standorte neu eröffnen oder umbauen. Für die nächsten zwei Jahre sind bereits drei neue Verträge unterzeichnet, weitere könnten dazukommen. «In unserer Wachstumsstrategie sind wir nur an hochfrequentierten Standorten interessiert», sagt Co-Geschäftsleiter Manuel Wiesner (37). Eine Expansion in die Westschweiz oder ins Tessin sind kein Thema. (smt)
Die Familie Wiesner Gastronomie (FWG) zählt mit 35 Restaurants und Take-Away sowie Delivery-Standorten zu den grössten Gastro-Ketten in der Schweiz. Zu FWG gehören unter anderem die Negishi Sushibar, das Miss Miu, das Nooch Asian Kitchen, das Outback Lodge und der Burgerladen The Butcher – verteilt in Zürich, Winterthur, Bern, Luzern, Zug und Basel. Die Kette beschäftigt knapp 1000 Mitarbeitende und will weiter wachsen. Die Zahl von 50 Standorten gilt als «realistisches» Ziel. So will FWG jährlich zwischen zwei und fünf Standorte neu eröffnen oder umbauen. Für die nächsten zwei Jahre sind bereits drei neue Verträge unterzeichnet, weitere könnten dazukommen. «In unserer Wachstumsstrategie sind wir nur an hochfrequentierten Standorten interessiert», sagt Co-Geschäftsleiter Manuel Wiesner (37). Eine Expansion in die Westschweiz oder ins Tessin sind kein Thema. (smt)
Sondern?
Wiesner: In der gewonnenen Zeit wollen wir unser Personal weiterbilden und die Servicequalität weiter erhöhen. Zudem spart unser Servicepersonal jeden Abend 10 bis 15 Minuten für den Kassensturz. Das erledigt unser System alles automatisch. Die Angestellten müssen sich nicht mehr sorgen, am Abend zu wenig Geld im Portemonnaie zu haben. Und niemand muss nach der Schliessung am Abend das Geld bei der Bank einbezahlen. Das verbessert die Work-Life-Balance. Wir waren schon 2017 überzeugt, dass ein bargeldloses System viele Vorteile bringt. Damals zahlten noch 64 Prozent unserer Gäste mit Bargeld.
Und wie haben Sie die Gäste davon überzeugt?
Wiesner: Indem man für Gäste das Zahlen mit Karte oder App so einfach wie möglich macht. Früher musste das Personal eines von zwei Lesegeräten bei der Kasse holen. Ab 2017 trugen alle im Service ein Gerät auf sich. Und sicherlich hat auch die Pandemie das Zahlungsverhalten unsere Gäste hin zu digitalem Zahlen beeinflusst.