Angesichts der schweren Konfrontation mit Russland will die EU innerhalb von fünf Jahren unabhängig von russischen Energieimporten werden.
«Bis Mitte Mai werden wir einen Vorschlag vorlegen, um unsere Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und Kohle bis 2027 abzubauen», kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63) bei einem EU-Gipfel im französischen Versailles am Freitag an. Die Brüsseler Behörde werde Wege aufzeigen, um das Design des Strommarktes so zu verbessern, dass es die Energiewende unterstützt.
«Aber Verbraucher und Unternehmen brauchen jetzt Unterstützung», sagte von der Leyen. Die EU-Kommission habe bereits Leitlinien für eine ausnahmsweise Preisregulierung und staatliche Unterstützung für Unternehmen vorgelegt. Bis Ende März werde die EU-Kommission zusätzliche Massnahmen vorlegen, um «Ansteckungseffekte» zwischen den hohen Gaspreisen und den Strompreisen zu begrenzen. Am Donnerstag hatte die Deutsche bereits mitgeteilt, dass dazu auch vorübergehende Preislimits gehören könnten.
«Für nächsten Winter gerüstet sein»
«Wir müssen für den nächsten Winter gerüstet sein. Also werden wir eine Task Force gründen, die einen Nachfüllplan für den nächsten Winter entwirft», sagte von der Leyen zu Gasspeichern. Bis Ende des Monats werde die Kommission einen konkreten Gesetzesvorschlag für Mindestfüllstände für Gasspeicher machen, damit diese bis spätestens Oktober jedes Jahr zu 90 Prozent gefüllt werden. Diese und andere mögliche Massnahmen, um russische Gasimporte zu reduzieren und die stark angestiegenen Energiepreise zu senken, hatte die Kommission bereits am Dienstag vorgestellt.
Die EU importiert nach Angaben der EU-Kommission 90 Prozent des verbrauchten Gases, davon kommen mehr als 40 Prozent aus Russland. Ausserdem kommen demnach 27 Prozent der Ölimporte und 46 Prozent der in die EU importierten Kohle aus Russland. Russland ist somit der grösste Lieferant für fossile Brennstoffe der EU. Die EU-Kommission hat zugesichert, dass die Energieversorgung bis zum Ende dieses Winters auch bei einem russischen Energie-Lieferstopp gesichert wäre.
Schweiz weniger exponiert
Die Schweiz ist weniger stark von russischem Gas abhängig als etwa Deutschland oder Italien. Aber auch hierzulande spielen die russischen Rohstoffe eine entscheidende Rolle: 20 Prozent aller Haushalte heizen mit Gas, die Hälfte davon stammt aus Russland. Noch stärker exponiert ist die Schweizer Industrie, sie deckt 25 Prozent ihres Energiebedarfs mit Gas. Ein Handelsstopp würde sich bei ihnen sofort durch steigende Preise bemerkbar machen. «Wenn die Preise explodieren, gibt es Firmen, die ihre Maschinen gar nicht mehr anschmeissen, weil es sich schlicht nicht mehr lohnt», sagte die Credit-Suisse-Ökonomin Franziska Fischer (29) diese Woche zu Blick.
Der Bundesrat hat sich denn auch dafür ausgesprochen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu vermindern. Unter anderem sollen dazu die erneuerbaren Energien gestärkt werden. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. (SDA/sfa)