Einheitskassen-Idee der Spitalverband-Direktorin fällt bei Experten durch
«Das ist völliger Unsinn»

Im Interview mit dem SonntagsBlick denkt H+-Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer über eine Einheitskasse nach. Keine gute Idee, finden Gesundheitsexperten.
Publiziert: 24.09.2023 um 18:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2023 um 13:27 Uhr
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H+-Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer könnte sich vorstellen, ...
Foto: Siggi Bucher

Das ist ein Tabubruch: Die Direktorin des Spitalverbandes H+ sympathisiert mit der Idee einer Einheitskrankenkasse. Im Interview mit dem SonntagsBlick stellt Anne-Geneviève Bütikofer den Wettbewerb unter den Krankenkassen in der Grundversicherung infrage: «Hat dieser Wettbewerb sein Versprechen gehalten? Die Krankenkasse muss die Leistung für den Patienten bezahlen. Mehr nicht.»

Und fügt an: «Wenn 2,5 Millionen Menschen pro Jahr die Kasse wechseln, bei Kosten von 800 bis 1000 Franken pro Wechsel, dann haben wir unser Sparpotenzial in Milliardenhöhe bereits gefunden. Die Überlegungen rund um die Einheitskasse sind deshalb legitim.» 

Bei Gesundheitsexperten fällt dieser Vorschlag rundweg durch, wird ähnlich kopfschüttelnd aufgenommen wie der Vorschlag der Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (46) zur Abschaffung des Krankenkassen-Obligatoriums

Kein grosses Sparpotenzial

«Als völligen Unsinn» bezeichnet Krankenkassen-Experte Reto Dietschi (57) den Vorschlag der H+-Direktorin. Denn der gesamte Verwaltungsaufwand der Krankenkassen liege in der Grundversicherung bei rund 1,7 Milliarden Franken.

Da dürfte kaum eine ganze Milliarde auf die Kosten für einen Kassenwechsel fallen. Zumal die Wechselbereitschaft nur in Jahren mit einer aussergewöhnlich hohen Prämiensteigerung wirklich gross ist. Das Sparpotenzial fällt also nicht in jedem Jahr automatisch an. 

Dietschi sieht ein anderes Motiv hinter der Aussage: «Bütikofer lenkt damit vom Kostenproblem der Spitäler ab.» Die Spitäler alleine seien für 40 Prozent der Kosten in der Grundversicherung verantwortlich. Für Dietschi ist klar: «Die Einheitskasse ist nicht die Lösung.» 

Test in einzelnen Kantonen

Auch Felix Schneuwly (63), Krankenkassenexperte beim Vergleichsdienst Comparis, kann der Idee nichts abgewinnen, befürchtet gar eine Verschlechterung des Systems: «Die Leute könnten nicht mehr wechseln, wenn sie mit der Dienstleistung ihrer Krankenkasse nicht zufrieden sind.»

Viermal seien Vorlagen für eine Einheitskasse bereits an der Urne gescheitert, eine fünfte scheiterte bereits im Stadium der Unterschriften-Sammlung. Allerdings räumt Schneuwly ein: «Angesichts der bevorstehenden, massiven Prämienerhöhung hätte eine Einheitskasse an der Urne im Moment wohl Chancen.» 

Wenn überhaupt über eine Einheitskasse nachgedacht wird, dann sollte das in einem oder zwei Kantonen mal getestet werden, so Schneuwly. In den anderen Kantonen könnte derweil der Wettbewerb weiter laufen, während erste Erfahrungen mit der Einheitskasse in den Testkantonen gesammelt werden. 

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