Droht 2024 das nächste Minus?
Das sind die Folgen des Milliarden-Verlusts der SNB

Die Schweizerische Nationalbank fährt 2023 einen Verlust von 3 Milliarden Franken ein. Was bedeutet das für die Gewinnausschüttungen und die Wirtschaft? Und könnte die SNB 2024 wieder hohe Gewinne erzielen? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 09.01.2024 um 13:43 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2024 um 16:52 Uhr
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SNB-Präsdient Thomas Jordan muss das zweite Jahr in Folge rote Zahlen ausweisen.
Foto: Keystone
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) schliesst das zweite Jahr infolge mit einem Milliarden-Verlust ab. Das Minus im Jahr 2023 beläuft sich auf 3 Milliarden Franken. Immerhin eine deutliche Verbesserung zum vorangegangen Jahr, als noch ein historischer Verlust von 132,5 Milliarden Franken resultierte.

Das neuerliche Minus bleibt nicht ohne Folgen. Doch wie geht es weiter? Kann SNB-Präsident Thomas Jordan (60) 2024 wieder einen Gewinn präsentieren? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie kommt der milliardenschwere SNB-Verlust zustande?

Das hat vor allem einen Grund: Die SNB fährt auf ihren Frankenpositionen einen Verlust von 8,5 Milliarden Franken ein. Die Nationalbank zahlt den Geschäftsbanken Zinsen in Milliardenhöhe auf deren Sichtguthaben, die diese bei der SNB parkieren. Auf diesem Weg entzieht sie dem Markt Geld. Ansonsten könnte sie ihren Leitzins nicht durchsetzen. Der starke Franken hatte im Gegensatz zum Vorjahr keine negativen Auswirkungen: Auf ihren Fremdwährungspositionen hat die SNB im Gegensatz zum Jahr 2022 mit rund 4 Milliarden wieder einen Gewinn erzielt.

Was bedeutet der Rekordverlust für Bund und Kantone?

Sie erhalten keine Ausschüttung. In guten Jahren schüttet die SNB bis zu sechs Milliarden Franken aus, ein Drittel davon an den Bund, zwei Drittel an die Kantone. Diese Milliarden fehlen nun erneut. Das hatte sich jedoch bereits in den letzten Monaten abgezeichnet. Es hätte im vierten Quartal anstelle des Verlustes von knapp 5 Milliarden nämlich einen Gewinn von deutlich über 50 Milliarden gebraucht, damit es für eine Ausschüttung fürs Jahr 2023 gereicht hätte. Viele Kantone hatten bereits damit gerechnet. Für die Bevölkerung in Bern hat die fehlende Ausschüttung trotzdem Folgen. Damit verschiebt sich die geplante Steuersenkung für die Einwohner auf das Jahr 2025.

Was sagen die Finanzdirektoren?

Die fehlenden Ausschüttungen kommen für viele Kantone zur Unzeit. So hat sich die finanzielle Lage der Kantone gemäss dem Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker (68, SVP) verschlechtert. «Die konkreten Ausgangslagen sind jedoch unterschiedlich», so Stocker. Es gebe Kantone, die in letzter Zeit Massnahmen zur Haushaltskonsolidierung umsetzen mussten – so zum Beispiel Jura. Andere planten solche Massnahmen – darunter Glarus, Solothurn, Uri.

Letztlich treffe ein Ausfall der Ausschüttung jedoch sämtliche Kantone. «Bleibt die Gewinnausschüttung der SNB mittelfristig aus, droht dem Kanton Bern eine Neuverschuldung. Dementsprechend bleibt der finanzpolitische Druck ohne Gewinnausschüttung hoch», sagt die Berner Finanzdirektorin Astrid Bärtschi (50, Mitte).

Können die Behörden 2024 wieder auf einen Geldsegen der SNB hoffen?

Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler (48) geht nicht davon aus, dass die SNB im aktuellen Jahr wieder Milliarden-Gewinne einfährt. «Ich rechne mit einem ausgeglichenen oder leicht positiven Ergebnis. In unseren Prognosen sehen wir für Aktien und Obligationen ein schwieriges Umfeld», sagt er. Die Ausschüttungsreserven liegen stark im Minus und müssten erst wieder aufgefüllt werden.

Ein Geldsegen für Kantone und Bund würde folglich einen hohen Gewinn der SNB voraussetzen. Das Börsenumfeld und der starke Franken bleiben für die Nationalbank jedoch herausfordernd. Die Kantone Bern und Luzern haben in ihren Budgets fürs Jahr 2024 bereits ohne SNB-Gelder kalkuliert. Der Kanton Zürich rechnete im Budget 2024 noch mit einer Gewinnausschüttung über 119,3 Millionen Franken. Bern oder Luzern verzichteten darauf.

Wie sieht es in den kommenden Jahren aus?

Bern oder Zürich planen die Ausschüttungen in ihren Budgets für die Jahre 2025 bis 2027 wieder ein. «Der Bilanzverlust der SNB hat sich von 2022 zu 2023 weiter erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gewinnausschüttung insbesondere auch für 2025 ausbleiben wird, hat damit zugenommen», so die Berner Finanzdirektorin Astrid Bärtschi. Der Regierungsrat werde die eingeplanten Erträge bei der Erarbeitung des Budgets 2025 und im Finanzplan für die Periode 2026 bis 2028 neu beurteilen müssen. Der Kanton Luzern entschied sich hingegen dafür, das Budget bis 2027 ohne SNB-Gelder zu planen. Damit ist der Kanton bei seinem Budget nicht von der SNB abhängig.

Was bedeutet der Verlust für die Arbeitgeber?

Kantone und Bund sind wegen der fehlenden Ausschüttungen dazu verdonnert, den Gürtel enger zu schnallen. Das trifft die Schweiz in Zeiten mit tiefen Wachstumsprognosen für die Wirtschaft zusätzlich. Denn Kantone und Bund können in solchen Zeiten auf antizyklische Projekte setzen. Das heisst: Die Wirtschaft wird in Schwächephasen stärker mit öffentlichen Investitionen angestossen. Die Arbeitgeber würden von lukrativen Aufträgen profitieren. Ein tiefes Wirtschaftswachstum hat schliesslich auch für die Bevölkerung Folgen. Denn die Arbeitgeber zeigen sich bei Lohnrunden knausriger.

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