Doris Russi Schurter – noch nie gehört?
Die heimliche Strippenzieherin der Schweizer Wirtschaft

Doris Russi Schurter, Verwaltungsrätin bei Swiss, ist eine der einflussreichsten Frauen in der Schweizer Wirtschaft. Sie engagiert sich für Start-ups und studentischen Wohnraum und ist sportlich hochaktiv.
Publiziert: 29.07.2024 um 01:00 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2024 um 06:47 Uhr
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Doris Russi Schurter gehört zum kleinen Kreis von nur drei Verwaltungsratsmitgliedern bei Swiss.
Foto: Jean-Claude Raemy
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Nein, sie sei nicht die Schwester von Bernhard Russi (75). Das stellt Doris Russi Schurter (68) gleich eingangs des Gesprächs klar – noch bevor Blick die erste Frage gestellt hat. Sie stammt aber wie die Skilegende aus Andermatt UR, sei jedoch nicht mit ihm verwandt.

Im Gegensatz zum ehemaligen Schweizer Skirennfahrer liegt ihr nicht viel am Rampenlicht. Obwohl man sie als eine der mächtigsten Wirtschaftsfrauen der Schweiz bezeichnen kann. Schon diese Einordnung scheint ihr unangenehm zu sein. «Woran misst sich das, wie mächtig jemand ist?», fragt sie zurück. Und schlägt gleich selbst die Grösse der Firmen, bei denen sie im Verwaltungsrat sitzt oder sass, als Messgrösse vor. 

Russi Schurter war Verwaltungsratspräsidentin der Helvetia Versicherungen, präsidierte vier Jahre lang die Luzerner Kantonalbank, war jahrzehntelang VR-Mitglied bei der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid oder bei der LZ Medien Holding AG, und ist heute eines von nur drei VR-Mitgliedern bei der Swiss. Dazu kommen Mandate in Stiftungen und das Präsidium der VSUD, der Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland. «Ein KMU-Chef, der in seinem Umfeld viel bewegt, kann auch Machtfülle haben», kontert Russi Schurter in breitem Urschner Dialekt.

Recht, Beratung, Verwaltung

Das ist pures Understatement. Die Frau hat mächtig was drauf. Russi Schurter besuchte in ihrer Jugend das private Theresianum Ingenbohl in Brunnen SZ, zu dessen Absolventinnen unter anderen alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (79) und ehemalige Bundesanwältin Carla del Ponte (77) zählen. Anschliessend folgte eine Ausbildung zur Juristin an renommierten Universitäten im In- und Ausland. Obwohl sie noch heute als Beraterin in rechtlichen Angelegenheiten aktiv ist, sei nicht ihre juristische Ausbildung entscheidend gewesen für ihre Verwaltungsratskarriere. Vielmehr holte sie sich viel Wissen und Erfahrung über Finanzen und Unternehmensführung beim Beratungsunternehmen KPMG. Über zehn Jahre war sie Standortleiterin der KPMG Luzern und eine von nur vier Partnerinnen im Unternehmen.

Da sie als Partnerin einer Beratungsfirma kein VR-Amt bekleiden durfte, wählte sie ab 2005 eine Karriere als Verwaltungsrätin. Mit ihrem Mann Hans-Rudolf Schurter (75), langjähriger CEO und VRP des Luzerner Elektronikkonzerns Schurter Holding und unter anderem früherer VRP der Schifffahrtsgesellschaft SGV Holding, bildet sie seit Jahren ein echtes Wirtschafts-Powerduo.

Die Hüterin der Swissness

Aktuell lenkt sie bei der Swiss ein nationales Unternehmen von grosser Bedeutung mit. Jüngst mit verstärktem Aufwand: Es galt, die Nachfolge von CEO Dieter Vranckx (51) zu regeln. «Es gab eine lange Liste mit Namen, auch solchen aus der Schweiz, aber eine relativ kleine Shortlist mit Personen, die zum Gespräch gebeten wurden», lässt sie sich entlocken. Der Abflug von Vranckx zur Konzernspitze nach Frankfurt sei «früher als erwartet» erfolgt. Trotzdem sollte es keinen Schnellschuss geben, weshalb die Suche etwas länger dauerte. 

Die Wahl fiel bekanntlich auf Jens Fehlinger (43). Der designierte Swiss-CEO bringe alles mit, was es braucht, inklusive «Kenntnisse der Schweiz». Russi Schurter hält fest, dass das letzte Wort aus rechtlichen Gründen natürlich bei der Muttergesellschaft Lufthansa liege, doch Fehlinger sei dem Swiss-VR überhaupt nicht aufgezwungen worden. Mehr noch: Die Schweizer Talente im Lufthansa-Konzern würden nun noch gezielter gefördert – um sie fit zu machen für künftige Führungspositionen bei Swiss oder anderen Lufthansa-Konzerngesellschaften. Das klingt, als ob dereinst doch wieder ein Schweizer CEO bei der Swiss fungieren könnte.

Russi Schurter ergänzt verschmitzt, dass sie sich bei der Swiss für den Erhalt der Swissness einsetze, während sie zuvor bei der Helvetia für eine Internationalisierung eingestanden sei. 

Generation Z als Herzensangelegenheit

Wichtig sind ihr aber nicht nur Grossunternehmen. Mit ihrem Mann ist sie als «Business Angel» bei erfolgversprechenden Start-ups engagiert. Und bei der Stiftung Student Mentor Foundation Lucerne setzt sie sich für günstigen Wohnraum für junge Studierende in Luzern ein.

Was folgt für sie als Nächstes? «Jedes Joghurt hat ein Ablaufdatum», scherzt sie. Das VR-Mandat bei der Swiss gilt jeweils nur für ein Jahr. Vorerst bleibt sie bei der Airline aber am Ruder, will diese mit auf Erfolgskurs halten.

Auch in ihrer Freizeit bleibt sie am Ruder: Mehrmals pro Woche, «auch heute Morgen», rudert Sportfan Russi Schurter auf dem Vierwaldstättersee. Im Winter fährt sie Ski in Andermatt. Weiteren Ausgleich zum Berufsalltag findet sie in der Kunst: «Da sind wir in Luzern mit dem KKL gesegnet», sagt sie. Und düst zum nächsten Termin.

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