Die Playmobil-Figuren hecheln den kleinen Lego-Männli hinterher. Die Playmobil-Gruppe gewährte am Mittwoch Einblick in die Geschäftszahlen. In den letzten zwei Jahren verloren sie zwei Drittel ihres Umsatzes. Das Unternehmen hadert mit der Konsumflaute: Im Oktober 2023 hatte es angekündigt, 700 Stellen abzubauen, gut 17 Prozent der Gesamtbelegschaft.
Ganz im Gegensatz zu Lego. Dessen Bausteine setzen sich derzeit ganz gut zusammen. Die Branchengrösse verzeichnet 2023 knapp 15 Mal mehr Umsatz als der frühere Konkurrent Playmobil. Was ist passiert im Spielwarengeschäft? Ein Branchenkenner klärt auf.
Flaute in Schweizer Filialen
«Was in den Umsatzzahlen zu sehen ist, spiegelt sich auch in unseren Läden wider», erklärt Marcel Amsler (55). Er ist Inhaber von Amsler Spielwaren, zu denen unter den neun Filialen in der Deutschschweiz mit den Zollibolli-Läden auch zwei der ältesten Spielwarengeschäfte gehören. Er sieht die Gründe für die grösser werdende Umsatzschere im Angebot der Hersteller.
«Lego hat sich in den letzten Jahren breiter aufgestellt. Sie sprechen heute eine breitere Zielgruppe an. Da gehören auch Erwachsene dazu.» Gemeint sind Sammel-Sets, beispielsweise von Star Wars. Solche Modelle kosten bis zu 900 Franken. Für ein Kinderweihnachtsgeschenk ist das wohl ein wenig zu teuer.
Diese Kooperationen sind der grosse Unterschied zwischen dem deutschen Playmobil- und dänischen Lego-Hersteller. Als in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren die Spielkonsolen in die Kinderzimmer kamen, standen die Spielwarengeschäfte in der Krise. Lego war kurz vor dem Aus. Lizenzen mit Star Wars und Harry Potter hievten die Firma dann aber aus den Schulden.
Der Patron mit der falschen Entscheidung?
Playmobil reagierte anders auf die veränderte Marktsituation. Die 7,5 cm grossen Figuren machen 90 Prozent des Umsatzes der Horst Brandstätter Group aus. Mit dem Lizenzgeschäft hatte der verstorbene Firmenpatron Horst Brandstätter (1933–2015) nie viel am Hut. Er sah wegen der vorgeformten Charaktere die kindliche Fantasie in Gefahr. Playmobil blieb seiner Linie treu.
Der starke Einbruch in den letzten drei Jahren hat gemäss Amsler aber auch mit der Corona-Pandemie zu tun. In dieser Zeit habe es Playmobil mit ihren amerikanisch angehauchten Sets nicht geschafft, die zwei- bis vierjährigen Kinder abzuholen. «Wenn du die Kinder im Einstiegsalter nicht hast, fehlen sie dir auch die drei bis vier Jahre danach», meint der Inhaber. Das bekommt Playmobil jetzt zu spüren.
Fussball-EM als Retter
Für den Reputationsexperten Bernhard Bauhofer (60) ist darum klar: «Playmobil ist in einer ähnlichen Lage wie Lego vor gut 20 Jahren. Damals schaffte Lego einen unglaublichen Turnaround.» Mit den erwähnten Lizenzen waren die Dänen innovativ. Eine Eigenschaft, von dem sich auch die Deutschen eine Scheibe abschneiden können. «Playmobil muss sich jetzt neu erfinden», so Bauhofer.
Immerhin – in Kooperation mit dem Lebensmitteleinzelhändler Edeka sollen anlässlich der kommenden Fussball-EM die deutschen Nationalspieler als kleine Playmobil-Figuren erscheinen. Das könnte der erste Schritt sein, um aus der Krise zu kommen.