Die Sanktionen wirken eben doch
Russland wird lange darben müssen

Der Krieg in der Ukraine dauert an. Trotz der scharfen Sanktionen, die der Westen gegen Russland verhängt hat. Doch bis Sanktionen wirklich wehtun, kann es dauern. Russland wird die Folgen noch lange spüren.
Publiziert: 13.07.2022 um 01:15 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2022 um 09:42 Uhr
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Europa geht im Ukraine-Krieg mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen Angreifer Russland und dessen Präsident Wladimir Putin vor.
Foto: keystone-sda.ch
Sophie Reinhardt und Christian Kolbe

Einige wenige Politiker halten die Sanktionen gegen Russland für überflüssig und vor allem für unnütz. SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Chef Roger Köppel (57) zum Beispiel. Am Wochenende hat er sich im Interview mit der «Sonntagszeitung» auch zu den Sanktionen geäussert: «Diese funktionieren nicht.» Auch alt Bundesrat Christoph Blocher (81) bezeichnete die Massnahmen gegen Russland als «kopflos».

Mit dieser Meinung sind die beiden SVP-Exponenten ziemlich alleine – und haben vielleicht eine zu hohe Erwartungshaltung. Denn kaum jemand ist davon ausgegangen, dass Wladimir Putin (69) wegen der Sanktionen seinen Feldzug in der Ukraine abbrechen würde.

Russische Wirtschaft schrumpft

«Sanktionen haben nur langfristig eine Wirkung, und sie müssen hart sein», sagt der Ökonom Klaus Wellershoff (58). «Die Sanktionen gegen Russland sind strategisch sehr sinnvoll. Denn es trifft die Russen schwer, wenn sich die Wirtschaft in den kommenden Jahren nicht weiterentwickelt.» Oder sogar schrumpft. Denn viele Ökonomen rechnen schon für dieses Jahr mit einem deutlichen Einbruch der russischen Wirtschaftsleistung.

Ingesamt wurden bis jetzt von der EU sechs Sanktionspakete gegen Russland verhängt, weitere Pakete werden derzeit geschnürt. Die Schweiz setzt die Hunderte Seiten langen Sanktionslisten mit um. So wurde Russland unter anderem vom internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Russland kann deshalb seine Auslandsschulden nicht mehr bedienen. Doch das Land ist deswegen nicht bankrott, denn es sitzt auf einem immer grösseren Berg Rubel aus dem Verkauf von Öl und Gas. Nur: Im Ausland ist keiner mehr an der russischen Währung interessiert – auch wenn sie gerade so stark ist wie lange nicht mehr.

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Oligarchen haben nichts zu sagen

«Wie es aussieht, wirkt die russische Kriegspropaganda zurzeit stärker als die Sanktionen der westlichen Länder», sagt der Ex-Botschafter Tim Guldimann (71) zu Blick. Es könne sein, dass die Mittelschicht in den Städten wie Moskau und St. Petersburg die Sanktionen spüre. «Aber gesamtpolitisch fällt das wohl nicht so ins Gewicht.»

War die Hoffnung, dass sanktionierte Oligarchen auf Putin Druck ausüben und ihn von innen destabilisieren, unrealistisch? «Ich glaube nicht an das Argument, weil die Oligarchen von Putin abhängiger sind als er von den Oligarchen.» In anderen Konflikten haben Sanktionen durchaus Wirkung gezeigt: «Im Iran haben sie dazu beigetragen, dass die Regierung das Nuklearabkommen abschloss», so Guldimann, der frühere Botschafter in Teheran. In Südafrika hätten sie geholfen, die lokale Produktion anzukurbeln, weil aufgrund der Wirtschaftssanktionen weniger importiert werden konnte.

Schweiz will keinen Reputationsverlust

Für Avenir Suisse sollte sich die Diskussion gar nicht um die Wirksamkeit drehen: «Die Sanktionen des Westens setzen nämlich vor allem auch ein internationales Signal gegen die rechtswidrige Aggression autokratischer Staaten.» Bei einem weniger umfassenden Mittragen der Sanktionen würde die Schweiz das Verhalten Russlands implizit tolerieren und so die Sanktion des Westens untergraben, so die liberale Denkfabrik. «Dadurch würde unser Land einen massiven Reputationsverlust bei seinen wichtigsten Handelspartnern, der EU und den USA, erfahren.»

An das westliche Sanktionsregime scheinen sich auch viele andere Länder zu halten. So zeigen Zahlen von Ende April, dass vor den grossen russischen Häfen fast keine Schiffsladungen darauf warten, gelöscht zu werden. Das Luftfrachtvolumen von China nach Russland ist um die Hälfte eingebrochen. Einzig was über den Landweg – also über Strasse und Schiene – nach Russland kommt, lässt sich nur schwer überwachen.

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