Kommt Sputnik V jemals in die Schweiz?
Zweifel an Studien von Putins Impfstoff

Mit dem Erfolg von Sputinik V steigt auch die Kritik am Russen-Impfstoff. Studienteilnehmer sollen nach einem Bericht unter Druck gesetzt worden sein. Das BAG dazu vielsagend: «Wir beschaffen Impfstoffe, die voraussichtlich auch zugelassen werden.»
Publiziert: 08.04.2021 um 16:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2021 um 12:57 Uhr
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Das russische Vakzin Sputnik V ist plötzlich heiss begehrt.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
Nicola Imfeld

Russland hat 2020 den Wettlauf um die erste Zulassung eines Corona-Impfstoffs für sich entschieden. Am 11. August trat Kreml-Chef Wladimir Putin stolz vor sein Volk, um die frohe Botschaft zu verkünden: Der Vektor-Impfstoff Sputnik V ist sicher und bereit für den Einsatz in der breiten Bevölkerung, sagte Putin.

Die Reaktionen folgten prompt. Der Westen und die Weltgesundheitsorganisation WHO reagierten mit viel Kritik und Häme. Sputnik V hatte zu diesem Zeitpunkt die Phase-III-Studien mit Zehntausenden Probanden gerade eben erst begonnen. Der Impfstoff sei unsicher, sogar von «Russischem Roulette» war die Rede.

Gute Studienergebnisse

Doch inzwischen hat der sich Wind etwas gedreht. Forscher haben kürzlich die Ergebnisse einer Zwischenanalyse im Fachblatt «The Lancet» veröffentlicht. Demnach hat das Vakzin eine Effektivität von 91,6 Prozent. Nur in wenigen Fällen habe es schwerwiegende Nebenwirkungen gegeben, welche die Forscher aber nicht auf den Impfstoff zurückgeführt hätten, hiess es.

Mittlerweile wurde Sputnik V in über 60 Ländern zugelassen. So hat Brasilien Millionen Dosen bestellt. Auch im Westen finden sich immer mehr Politiker, die den Einsatz des russischen Vakzins fordern.

Wurden Studienteilnehmer unter Druck gesetzt?

Doch die Fachwelt gibt sich mit dem einen Studienergebnis noch nicht zufrieden. Noch immer fehlen wichtige Daten, bemängeln Experten. Eine unabhängige Überprüfung der von russischen Forscher publizierten Studienergebnisse steht weiterhin aus.

Laut eines Berichts der «Financial Times» gibt es zudem Gerüchte, dass die ethischen Standards bei den Impfstoffstudien in Russland nicht eingehalten worden sind. Einige Studienteilnehmer sollen demnach für die Tests unter Druck gesetzt worden sein.

Auch in Russland scheinen die Bürger Putins Impfstoff noch nicht vollends zu trauen. Die Impfquoten im Land sind gering.

Bayern schliesst schon Vorvertrag ab

In der EU ist Sputnik V trotzdem ein heisses Thema. Die Europäische Arzneimittelagentur Ema prüft eine Zulassung. In Bayern will man aber nicht mehr länger warten. Ministerpräsident Markus Söder (54) preschte am Mittwoch vor. Er verkündete den Abschluss eines Vorvertrags für den Bezug des russischen Impfstoffs Sputnik.

«Sollte Sputnik zugelassen werden in Europa, dann wird der Freistaat Bayern über diese Firma zusätzliche Impfdosen – ich glaube, es sind 2,5 Millionen Impfdosen – wohl im Juli erhalten, um die Impf-Zusatzkapazitäten in Bayern zu erhöhen», so Söder.

Deutschland will mit Russen direkt verhandeln

Nicht nur in Bayern ist man heiss auf das Vakzin. Auch Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn (40) will laut der Nachrichtenagentur Reuters vorwärtsmachen. Weil die EU-Kommission zu Sputnik V keinen Vorvertrag abschliessen möchten, will Spahn mit dem Hersteller direkt einen bilateralen Vertrag aushandeln.

Zuerst müsse dabei aber geklärt werden, welche Mengen Russland überhaupt wann liefern könne, ist aus dem Umfeld von Spahn zu vernehmen. In jedem Fall setze Deutschland aber weiterhin auf eine europäische Zulassung. Russland müsse der europäischen Arzneimittelagentur Ema dafür nun die dafür notwendigen Daten liefern.

Swissmedic hat noch kein Gesuch

Und die Schweiz? Hierzulande wollte man von Sputnik V lange nichts wissen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat mit dem russischen Hersteller keinen Vertrag abgeschlossen. Mehreren Medienberichten zufolge ist das Vakzin der Schweiz aber angeboten worden.

BAG-Vizedirektorin Nora Kronig sagte darauf angesprochen an einer Medienkonferenz Anfang März: «Wirksamkeit und Sicherheit sind wichtige Kriterien. Wir beschaffen Impfstoffe, die voraussichtlich auch zugelassen werden.»

Und eine Zulassung in der Schweiz ist weiter nicht in Sicht. Bei Swissmedic ist noch kein Gesuch eingegangen, wie ein Sprecher der Heilmittelbehörde auf Blick-Anfrage bestätigt.

Das sagt das BAG zu Sputnik V

Ob Sputnik V für die Schweiz noch zum Thema werden könnte, will das BAG nicht verraten. Der Bund stehe mit Impfstoffherstellern sowie Regierungen in Kontakt. «Aus verhandlungstaktischen Gründen kommentieren wir aktuelle Gespräche mit Impfstoffherstellern nicht», schreibt das BAG auf Anfrage.

Die Behörde weist daraufhin, dass man «genug Impfstoff» bestellt habe, um «allen eine Impfung zu ermöglichen, die eine Impfung wünschen». Insgesamt hat die Schweiz bei Pfizer/Biontech 6 Millionen und bei Moderna 13,5 Millionen Impfdosen bestellt. Weitere 5,3 Millionen Impfdosen kommen von Astrazeneca hinzu, sofern Swissmedic das Vakzin zulässt.

Auch ohne Zulassung und Vertrag ist die Schweiz trotzdem ein kleinwenig an Sputnik V beteiligt. Das italienisch-schweizerische Pharma-Unternehmen Adienne mit Sitz in Lugano wird das Vakzin ab Juli in der Lombardei für Italien herstellen.


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