Der oberste Makler der Schweiz packt im Interview aus
So viel verdienen meine Berufskollegen wirklich

Ruedi Tanner, Präsident der Schweizerischen Maklerkammer, spricht über die Preiskorrektur auf dem Häusermarkt und darüber, warum in seiner Branche eine willkommene Konsolidierung stattfindet. Zudem verrät er, wie viel seine Berufskollegen wirklich verdienen.
Publiziert: 29.05.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 29.05.2024 um 10:16 Uhr
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Ruedi Tanner ist der Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK.
Foto: Linda Käsbohrer

Es ist neun Uhr morgens, am Hauptbahnhof Zürich lösen Tagestouristen und Reisegruppen gerade die Pendlerströme ab. Auch Ruedi Tanner (60), Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK, ist auf der Durchreise. Blick trifft ihn in einer Lounge hoch über den Gleisen. Durch die Glasfront sieht man Züge ein- und ausfahren, während der oberste Makler der Schweiz darüber spricht, dass mit dem Verschwinden der Credit Suisse auf dem Hypothekarmarkt ein wichtiger Konkurrent verloren geht und welche Folgen das für Hauskäufer hat.

Blick: Ruedi Tanner, sinken die Eigenheimpreise nun eigentlich oder nicht?
Ruedi Tanner:
Das ist die grosse Frage. Eines muss man sehen: Während der Tiefzinsphase der letzten Jahre war die Hausfinanzierung sehr vorteilhaft. Das hatte die Folge, dass die Nachfrage stark zunahm und die Eigenheimpreise explodierten. Corona befeuerte die Nachfrage dann noch zusätzlich. Doch dieser Zustand war alles andere als normal. Inzwischen sind die Zinsen gestiegen und die Nachfrage ist zurückgegangen. Das hat zu einem Preisrückgang geführt – auch wenn das noch nicht in allen Köpfen angekommen ist. Wir leben wieder in der Normalität.

Wie meinen Sie das?
Wir stellen in der Praxis oft fest, dass Hausverkäufer – geblendet von den guten Jahren – eine unrealistische Preisvorstellung haben. Die Bereitschaft, diese überhöhten Preise zu bezahlen, ist allerdings gesunken.

Der oberste Makler der Schweiz

Ruedi Tanner (60) ist Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK, Mitglied im Verband der Immobilienwirtschaft Svit und Mitinhaber der Wirz Tanner Immobilien AG in Bern. Er ist verheiratet, hat drei Töchter und wohnt im Raum Bern. Er findet, Schweizerinnen und Schweizer sollten ihr Eigenheim nicht erst verkaufen, wenn der Umzug ins Altersheim ansteht. Wie es anders geht, zeigt er gleich selbst: Statt die Sprösslinge aus dem Nest zu werfen, zogen seine Frau und er vor vier Jahren aus dem Einfamilienhaus aus und überliessen es dem Nachwuchs.

Ruedi Tanner (60) ist Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK, Mitglied im Verband der Immobilienwirtschaft Svit und Mitinhaber der Wirz Tanner Immobilien AG in Bern. Er ist verheiratet, hat drei Töchter und wohnt im Raum Bern. Er findet, Schweizerinnen und Schweizer sollten ihr Eigenheim nicht erst verkaufen, wenn der Umzug ins Altersheim ansteht. Wie es anders geht, zeigt er gleich selbst: Statt die Sprösslinge aus dem Nest zu werfen, zogen seine Frau und er vor vier Jahren aus dem Einfamilienhaus aus und überliessen es dem Nachwuchs.

Wie stark sind die Häuserpreise denn gesunken?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. In Ballungszentren wie Zürich und Bern sind die Preise natürlich nach wie vor hoch und steigen zum Teil sogar. Doch in Gemeinden 20 bis 30 Bahnminuten von Städten entfernt sind die Immobilienpreise um 5 bis 10 Prozent gesunken.

Kann sich eine Familie mit einem Jahreseinkommen von 150'000 Franken noch ein Eigenheim leisten?
Ja. Wer bereit ist, 20 bis 30 Bahnminuten ausserhalb zu leben, findet mit diesem Einkommen ein Haus. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Käufer genug Eigenkapital einschiessen können.

Daran scheitert es ja meistens. Muss man in der Schweiz reiche Eltern haben, um sich ein Haus leisten zu können?
Wer ein Haus kaufen will, sollte 20 bis 30 Prozent Eigenkapital einschiessen können. Kostet ein Haus 1,5 Millionen Franken, sind das 300'000 bis 450'000 Franken. Viele Familien haben das trotz jahrelangem Sparen nicht auf der Seite. Die allermeisten brauchen deshalb einen Erbvorbezug oder eine Schenkung von ihren Eltern. Das war aber auch vor 20 Jahren schon so.

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«Seit der Übernahme der CS durch die UBS bekommen die Hauskäufer die fehlende Konkurrenz zu spüren»
Ruedi Tanner, Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK
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Sind Banken bei der Vergabe von Hypotheken strengen geworden?
Ja, wir erleben das so. Seit die Zinsen gestiegen sind, schauen Finanzhäuser genauer hin. Beispielsweise, was die Kaufpreise angeht. Ist die Bank der Meinung, dass die Immobilie überbewertet ist, finanziert sie nicht den vollen Kaufpreis. Für die Käufer heisst das dann, sie müssen die Differenz zwischen Kauf- und Marktwert selbst einschiessen – sie brauchen also noch mehr Erspartes. Und seit der Übernahme der CS durch die UBS bekommen die Hauskäufer auch die fehlende Konkurrenz zu spüren.

Wie das?
Die beiden Bankhäuser hatten sich natürlich bei den Hypothekarprodukten konkurriert – sie buhlten mit günstigen Finanzierungsangeboten um Neukunden. Jetzt ist einer der grossen Player weg. Und damit haben die anderen leichteres Spiel.

Die Nachfrage nach Eigenheimen hat abgenommen. Wie bekommt Ihre Branche das zu spüren?
Das merken wir Makler deutlich. Heute dauert der Verkauf eines Einfamilienhauses durchaus wieder sechs bis neun Monate. Das war während Corona anders. Damals wechselten die Häuser innert dreier Monate den Besitzer – das war verrückt. Die Anzahl Interessenten pro Haus ist um rund 20 Prozent zurückgegangen. Hier reden wir vom Land, nicht von den Städten.

Findet in der Branche eine Konsolidierung statt?
Ja, es findet eine willkommene Konsolidierung statt. Denn jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Viele dieser Gratis- und Discount-Makler, die in den letzten Jahren aufgekommen sind, verschwinden jetzt wieder. Diese Preismodelle konnten ja nicht funktionieren. Niemand arbeitet gratis. Solche Makler holten das Geld dann beispielsweise einfach beim Käufer statt beim Verkäufer. Ich sah Verträge, da stand: «Der Käufer zahlt die vom Verkäufer geschuldete Provision dem Makler.» Das kann man so machen – transparent ist es aber nicht. Wir von der Schweizerischen Maklerkammer kontrollieren und zertifizieren unsere Mitglieder deshalb alle vier Jahre. Nicht jeder wird aufgenommen. Unsere Mitglieder müssen unabhängig, transparent und professionell sein. Aktuell haben wir 125 Mitglieder, die rund 600 Makler beschäftigen, die das Qualitätslabel der Schweizerischen Maklerkammer tragen dürfen.

Wie viel verdient ein Makler an einem Hausverkauf?
Nicht so viel, wie in den Medien oft zu lesen ist. Bei Eigenheimen sind es in grossen Teilen der Schweiz zwischen 1,5 und 3 Prozent. Klar gibt es einzelne Regionen, wo die Provision höher ausfällt. Im Tessin beispielsweise, wo viele ausländische Käufer mitbieten, liegen die Provisionen zwischen 3 und 4 Prozent. In Gstaad, wo die Milliardärs-Dichte hoch ist, verdienen Makler sogar 5 Prozent.

Im letzten Jahr sanken die Hypothekarzinsen auf rund 2 Prozent. Werden sie noch tiefer fallen?
Ich denke, sie werden bis im Frühling 2025 nochmals leicht sinken und sich dann bei 1,5 bis 2 Prozent einpendeln – schade, dass die Konkurrenz fehlt! Sonst würden sie vielleicht sogar günstiger.

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sein Haus zu verkaufen?
Nicht unbedingt. Den besten Moment haben Eigenheimbesitzer bereits verpasst. Das war während Corona, da war der Ansturm auf Eigenheime einmalig gross. Jetzt müssen Hausverkäufer ihre Erwartungen wieder nach unten schrauben.

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